Rn. 355

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Von nachträglichen Schuldzinsen ist auszugehen bei Finanzierungskosten, die dem StPfl erst nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht oder -tätigkeit entstehen.

 

Rn. 356

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Bei rückständigen Schuldzinsen, also Aufwendungen, die während der Zeit der Einkünfteerzielung angefallen sind, aber erst nach Aufgabe der Einkünfteerzielung bezahlt werden, lässt der BFH (BFH v 23.01.1990, IX R 8/85, BStBl II 90, 464 und BFH v 10.11.1992, VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468) den Abzug als WK uneingeschränkt nach § 24 Nr 2 EStG zu.

 

Rn. 357

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Davon abzugrenzen ist der Fall, dass die Schuldzinsen erst nach Beendigung der Einkünfteerzielung entstehen, beispielsweise, wenn der StPfl die vermietete Immobilie veräußert. In derartigen Fallgestaltungen hatte der BFH in jahrzehntelanger st Rspr die Möglichkeit des WK-Abzugs verneint (zB BFH v 10.11.1992, VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468; BFH v 14.06.1994, VIII R 14/93, BFH/NV 1995, 377; BFH v 23.09.1998, VIII B 115/97, BFH/NV 1999, 310; BFH v 16.09.1999, IX R 42/97, BStBl II 2001, 528; BFH v 05.10.2004, VIII R 64/02, BFH/NV 2005,54; BFH v 28.07.2009, IX B 37/09), und zwar unabhängig davon, ob der Veräußerungserlös zur Tilgung der Verbindlichkeiten ausreichte und ob der StPfl seine auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit freiwillig beendete oder dazu gezwungen wurde, etwa durch eine Zwangsversteigerung des Vermietungsobjekts (BFH v 12.11.1991, IX R 15/90, BStBl II 1992, 289) oder Insolvenz bzw Liquidation der KapGes (BFH v 28.05.1997, VIII R 25/96, BStBl II 1997, 724).

 

Rn. 358

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Damit kam der BFH zu anderen Ergebnissen als im Bereich der Gewinneinkünfte, da er dort den Abzug von Zinsen auf einen verbleibenden Schuldenüberhang als nachträgliche BA schon immer anerkannt hatte (zB BFH v 22.01.2003, X R 60/99, BFH/NV 2003, 900; BFH v 28.03.2007, X R 15/04, BStBl II 2007, 642). Der BFH begründete seine in der Literatur teils kritisierte (Rössler, DStZ 1992, 493; Paus, DStZ 1992, 634; Flies, DB 1998, 2438; Intemann/Cöster, DB 2007, 2059) Rspr damit, dass das Verbleiben eines Schuldenüberhangs seinen Grund in der Erzielung eines niedrigen Veräußerungsgewinns habe, also eines Vorgangs auf der Vermögensebene, die bei den Überschusseinkünften im Gegensatz zu den Gewinneinkünften ohne steuerliche Relevanz sei. Bei Gewinneinkünften würden demgegenüber Werterhöhungen und Wertminderungen im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe bzw -einstellung steuerlich erfasst. Der ursprüngliche wirtschaftliche Zusammenhang der Darlehensaufnahme mit der Erzielung stpfl Einkünfte, der zunächst den Abzug der Schuldzinsen als WK ermöglicht und die Verbindung der Darlehensaufnahme zum Vermögensbereich überlagert habe, ende, sobald das kreditfinanzierte WG nicht mehr zur Einkünfteerzielung genutzt werde.

 

Rn. 359

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Ausnahmsweise erkannte der BFH nachträgliche Schuldzinsen dann als WK iSd § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG an, wenn der StPfl mit den Darlehensmitteln im Zeitpunkt der Verausgabung sofort abzugsfähige Aufwendungen (wie beispielsweise Erhaltungsaufwendungen) finanziert hatte. In diesem Falle hätten die Finanzierungskosten keinen Bezug zur Vermögensebene, sondern nur zur Erwerbssphäre (BFH v 16.09.1999, IX R 42/97, BStBl II 2001, 528).

 

Rn. 360

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Mit Urteil BFH v 16.03.2010, VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787 sowie den Parallelentscheidungen BFH v 16.03.2010, VIII R 36/07, BFH/NV 2010, 1795 und BFH v 08.09.2010, VIII R 1/10, BFH/NV 2011, 223 änderte der BFH seine bisherige Rspr zunächst für den Bereich des § 17 EStG im Hinblick auf die Absenkung der Wesentlichkeitsschwelle und der damit einhergehenden weitgehenden Erfassung von Wertzuwächsen im PV für die VZ ab 1999 grundlegend. Mit der Angleichung des Besteuerungstatbestands des § 17 EStG an die Gewinneinkünfte sei der bisherigen Rspr zur Nichtabziehbarkeit nachträglicher Finanzierungskosten der Boden entzogen worden. Deshalb bleibe der Veranlassungszusammenhang nachträglicher Schuldzinsen mit den Einkünften aus KapVerm bestehen, soweit sie der Finanzierung "nicht ablösbarer betrieblicher Verbindlichkeiten" dienten.

Der Veranlassungszusammenhang kann trotz der Verwendung des gesamten Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung und eines Schuldüberhangs gleichwohl entfallen, wenn ein Ereignis eintritt, welches den ursprünglich bestehenden Zusammenhang dergestalt überlagert, dass entweder die Veranlassung der Aufwendungen durch die Einkunftssphäre mit Zukunftswirkung entfällt oder eine neue Veranlassung durch die Erzielung anderer Einkünfte begründet wird, beispielsweise bei Anteilsrückübertragung und rückwirkendem Verzicht auf die Beteiligungserträge für die gesamte Haltedauer (BFH v 07.06.2016, VIII R 32/13, BStBl II 2016, 769).

Die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen für die Finanzierung nachträglicher AK einer aufgegebenen Beteiligung iSd § 17 EStG gilt auch dann, wenn der Zeitpunkt der Aufgabe vor dem VZ 1999 lag (BFH v 29.10.2013,...

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