Rn. 87

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Für Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger gegen die Familienkasse erklärt § 74 Abs 2 EStG die §§ 102109 111113 SGB X für entsprechend anwendbar.

 

Rn. 88

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Für die Erstattungsansprüche nach § 74 Abs 2 EStG iVm §§ 102ff SGB X ist der Rechtsweg zu den Finanzgerichten gegeben, BFH v 14.05.2002, VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156; Weber-Grellet in Schmidt, § 74 EStG Rz 13 (40. Aufl). § 74 Abs 2 EStG verweist für die Erstattungsansprüche auf die §§ 102109 111113 SGB X, nicht aber auf die Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte in § 114 SGB X.

Richtige Klageart für den Erstattungsanspruch ist die allg Leistungsklage, BFH v 14.05.2002, VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156; BFH v 07.04.2011, III R 88/09, BStBl II 2014, 32. Zum Verfahren bei Rückgängigmachung einer Erstattung nach § 74 Abs 2 EStGRn 98. Hat die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld bestandskräftig abgelehnt, kann sie diesen Umstand gegenüber dem Träger der Sozialhilfe, der die Erstattung erbrachter Sozialleistungen begehrt, einwenden. Eine Bindung an die bestandskräftige ablehnende Entscheidung besteht im Erstattungsverfahren jedenfalls dann, wenn die Entscheidung nicht offensichtlich fehlerhaft ist, BFH v 14.05.2002, VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156.

 

Rn. 89

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Hinsichtlich der Erstattung ist zwischen der nach § 74 Abs 2 EStG iVm § 104 Abs 1 S 1 SGB X (V 34.2 DA-KG 2020) und der nach § 74 Abs 2 EStG iVm § 104 Abs 1 S 4 SGB X (V 34.3 DA-KG 2020) zu unterscheiden. Eine Erstattung nach § 74 Abs 2 EStG iVm § 104 Abs 1 S 1 SGB X setzt voraus, dass ein Kindergeldanspruch für einen Zeitraum in der Vergangenheit besteht, für den ein Sozialleistungsträger – trotz nachrangiger Leistungsverpflichtung – Leistungen an den Berechtigten für seine Kinder oder an die Kinder erbracht hat. Ein Leistungsträger ist dann nachrangig verpflichtet, soweit er bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistung durch einen anderen Leistungsträger selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. Hat die Familienkasse das Kindergeld bereits an den Berechtigten oder einen Dritten ausgezahlt, besteht kein Erstattungsanspruch mehr (§ 104 Abs 1 S 1§ 104 Abs 1 S 4 iVm Abs 1 S 1 SGB X; V 34.1 Abs 3 DA-KG 2020).

 

Rn. 90

Stand: EL 154 – ET: 11/2021

Der Erstattungsanspruch nach § 74 Abs 2 EStG iVm § 104 Abs 1 S 1 SGB X setzt neben weiteren Voraussetzungen (ausführlich dazu s Rn 93) die Gleichartigkeit der Leistungen und die Nachrangigkeit der gewährten Sozialleistungen gegenüber dem von der Familienkasse gewährten Kindergeld voraus, BFH v 19.04.2012, III R 85/09, BStBl II 2013, 19; BFH v 22.11.2012, III R 24/11, BStBl II 2014, 32. Die Gleichartigkeit ist grds nur dann gegeben, wenn der Kindergeldanspruch und der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt für die gleichen Zeiträume bestimmt sind und in einer Person zusammenfallen, vgl BFH v 17.04.2008, III R 33/05, BStBl II 2009, 919. Ferner muss die Sozialleistung demselben Zweck dienen wie das Kindergeld (BFH v 07.12.2004, VIII R 59/04, BFH/NV 2005, 864; BFH v 22.11, 2012, III R 24/11, BStBl II 2014, 32; V 34.2 Abs 1 S 6ff DA-KG 2020. Das ist dann der Fall, wenn die Sozialleistung dazu bestimmt ist, den allg Lebensbedarf des Kindergeldberechtigten oder des Kindes zu decken, Wendl in/H/R, § 74 EStG Rz 17 (Juni 2020).

Dem Kindergeld gleichartige und nachrangige Leistungen sind neben der Sozialhilfe als Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 8 Nr 1, §§ 2 7ff SGB XII (BFH v 14.05.2002, VIII R 88/01, BFH/NV 2002, 1156), dem ALG II nach §§ 19 SGB II (BFH v 26.07.2012, III R 28/10, BStBl II 2013, 26; BFH v 05.06.2014, VI R 15/12, BStBl II 2015, 145), dem Sozialgeld nach § 28 SGB II auch die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 2 AsylbLG iVm § 28 SGB XII), bei denen es sich um bedarfsabhängige Leistungen für den notwendigen Lebensunterhalt von Asylbewerbern sowie ihnen gleichgestellten ausländischen Staatsangehörigen handelt, BFH v 05.06.2014, VI R 15/12, BStBl II 2015, 145, sowie der Kinderzuschlag nach § 33b BundesversorgungsG, V 34.2 Abs 2 DA-KG 2020.

Die Gleichartigkeit der Leistungen ist zB nicht gegeben bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach § 8 Nr 4, §§ 53 SGB XII (V 34.2 Abs 1 S 11 u 12 DA-KG 2020), BFH v 07.12.2004, VIII R 57/04, BFH/NV 2005, 862 sowie bei den Leistungen der Jugendhilfe nach §§ 11ff SGB VIII (BFH v 25.05.2004, VIII R 21/03, BFH/NV 2005, 171. Sie fehlt auch bei Sachleistungen im Rahmen einer Heimerziehung einerseits und dem Kindergeld als Geldleistung andererseits, BFH v 07.12.2004, VIII R 59/04, BFH/NV 2005, 864.

Nach § 104 Abs 1 S 2 SGB X ist ein Leistungsträger nachrangig verpflichtet, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungspflicht eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre, wie dies beim Kinderzuschlag nach § 33b BVG der Fall ist (§ 33b Abs 1 S 2 BVG). Eine Nachrangigkeit der anderen Leistung ist auch dann gegeben. wenn das Kindergeld zu einer Minderung des...

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