Rn. 213

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Die gesetzlich vorgeschriebene Beachtung der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik (s Rn 203) schließt die Anwendung von Näherungsverfahren nicht aus. Mit diesen Verfahren soll ua die Rechenarbeit in vertretbaren Grenzen gehalten werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Näherungsverfahren mathematisch-statistisch begründet sind und Ergebnisse liefern, deren Abweichung von den genauen Werten sowohl absolut als auch relativ gering ist.

Bekannt ist das Näherungsverfahren zur Ermittlung einer anzurechnenden Anwartschaft aus der gesetzlichen Rentenversicherung (s Rn 224ff). Ab in s Rn 214 ff geht es um sonstige Näherungsverfahren, die besondere Bedeutung für die Praxis haben.

 

Rn. 214

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Bei Leistungsplänen, die Grundrenten und dienstzeitabhängige Steigerungsrenten beinhalten, werden bei der Bewertung von Pensionsanwartschaften manchmal vereinfachend gleich bleibende Rentenbeträge in Höhe desjenigen Endanspruchs angesetzt, der im rechnungsmäßigen Pensionsalter erreicht werden kann. Dieses sog "Endrentenverfahren" kann dadurch verfeinert werden, dass anstelle der Endrente ein gewichteter Mittelwert zwischen dieser und der jeweils am Bilanzstichtag leistungsplanmäßig erreichten Anwartschaft zugrunde gelegt wird. Aufgrund der mittlerweile technisch leichter durchzuführenden exakten Bewertung erkennt die FinVerw das "Endrentenverfahren" in den letzten Jahren kaum noch an.

 

Rn. 215

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Anwartschaften auf Witwen- bzw Witwerleistungen können im Allgemeinen nach der kollektiven Methode bewertet werden. Dabei werden typische Altersunterschiede der Ehegatten und die Wahrscheinlichkeit, beim Tode verheiratet zu sein, zugrunde gelegt (Nies, BetrAV 1966, 149). Die kollektive Methode ist zulässig, wenn die Hinterbliebenenleistung generell dem beim Tode des Pensionsberechtigten vorhandenen Ehegatten zusteht. Wenn nur ein bestimmter, zB der im Zusagezeitpunkt vorhandene Ehegatte, leistungsberechtigt ist, gilt die Näherung nur bei einer Vielzahl von Pensionsberechtigten. Bei kleineren Beständen wird in solchen Fällen eher individuell gerechnet. Zur Vereinfachung der individuellen Methode durch ein Streckungsverfahren vgl Nies, BetrAV 1975, 201; Heubeck, § 6a EStG Rz 455ff.

Das FG Nds hat bei einem unverheirateten Gesellschafter-Geschäftsführer einer KapGes die Rückstellung für die Witwenversorgung, die nach der kollektiven Methode berechnet worden ist, nicht anerkannt (FG Nds vom 28.07.1998, EFG 1998, 1633).

 

Rn. 216

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Anwartschaften auf Waisenleistungen konnten früher vor Eintritt des Versorgungsfalles näherungsweise durch einen Zuschlag von höchstens 5 % auf die anwartschaftliche Witwenleistung berücksichtigt werden (BMF vom 09.03.1967, DB 1967, 529; Nies, BetrAV 1966, 149). Die FinVerw hält dieses Näherungsverfahren nicht mehr für zulässig (BMF vom 09.04.1984, BStBl I 1984, 260).

Bei Eintritt des Versorgungsfalles (Todesfalles) kann in jedem Fall der volle Barwert der laufenden Waisenleistungen passiviert werden.

 

Rn. 217

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In seltenen Fällen sehen Pensionszusagen keine Invaliditätsleistung vor und knüpfen Altersleistungen an die Bedingung, dass der Pensionsberechtigte die Altersgrenze im verpflichteten Unternehmen als "Aktiver" erreicht (sog Aktiven-Altersleistung). Bis zur Einführung der gesetzlichen Unverfallbarkeit durch das BetrAVG war in diesen Fällen auch die Invalidisierungswahrscheinlichkeit als leistungsausschließende Ausscheideursache zu berücksichtigen. Denn nur die bis zum Pensionsalter "Aktiven" sollten eine Leistung erhalten. Das BAG (BAG vom 18.03.1986, DB 1986, 1930) erkennt derartige Leistungseinschränkungen jedoch nicht an und gesteht dem Invaliden ab dem Erreichen der Altersgrenze eine zeitanteilig bemessene Altersleistung zu. Daher kann näherungsweise die Ausscheideursache Invalidität eliminiert und anstelle der Aktiven-Ausscheideordnung eine Gesamtausscheideordnung (Rechnungsgrundlage "Gesamtbestand") herangezogen werden (Nies, BetrAV 1975, 201; Heubeck, § 6a EStG Rz 468).

Das Gleiche gilt, wenn als Invaliditätsleistung die Auszahlung oder die Verrentung des Teilwertes vorgesehen ist (vgl Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Rz 559f (Januar 2023)).

 

Rn. 218

Stand: EL 170 – ET: 01/2024

Meistens definieren die Versorgungszusagen den Invaliditätsbegriff iSd gesetzlichen Rentenversicherung. Sie stellen also auf den Begriff der teilweisen oder vollen Erwerbsminderung iSv § 43 SGB VI ab bzw für vor dem 02.01.1961 auf die früher maßgeblichen Begriffe der Erwerbs- bzw Berufsunfähigkeit (Höfer/de Groot/Küpper, BetrAVG Bd I Arbeitsrecht, Kap 7 Rz 86ff (März 2023)). Die Invalidisierungswahrscheinlichkeiten waren evtl zu modifizieren, wenn nur Erwerbsunfähigkeitsrenten zugesagt waren (Höfer/Veit/Verhuven, BetrAVG Bd II Kap 2 Rz 563f (Januar 2023)). Die Richttafeln 2005 G berücksichtigen die Neufassung des Invaliditätsbegriffes.

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