Rn. 429

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Eine Widerlegung der Teilwertvermutung für den Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung eines WG bzw den darauf folgenden Bilanzstichtag gelingt in erster Linie für den Fall einer Fehlmaßnahme. Im grundlegenden Beschluss GrS 6/71 (BFH BStBl II 1973, 79) wird die "Fehlmaßnahme" begrifflich noch um die "Fehlkalkulation" erweitert. Danach soll die Teilwertvermutung "auf einen Zeitpunkt, der unmittelbar nach Leistung der Aufwendungen … liegt" nur unter diesen Voraussetzungen möglich sein. Diese Fehlmaßnahmen beschreibt der BFH: mit "Irrtum unterlaufen" und "von unrichtigen Voraussetzungen ausgegangen". Anderen Gründen für eine Widerlegung der Teilwertvermutung zu Zeitpunkten unmittelbar nach dem Anschaffungs- oder Herstellungsvorgang gibt die Rspr keinen Raum. Zu Fehlmaßnahmen bei Unternehmenserwerb s Rn 626.

 

Rn. 430

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Aber auch Investitionen (zB), die zunächst die Erwartungen erfüllt haben, können aufgrund veränderter technischer oder ökonomischer Umweltbedingungen sich später als Fehlmaßnahme herausstellen. Die durch die BFH-Rspr weiter ausdifferenzierte Begrifflichkeit hinsichtlich der Fehlmaßnahme umfasst jedenfalls auch eine sich erst im Nachhinein herausstellende Fehlmaßnahme. In den Urt BFH BStBl II 1991, 595; BFH/NV 1998, 1086 ist die Rede von der Anschaffung oder Herstellung eines WG des AV (Firmenwert, s Rn 626), dessen wirtschaftlicher Nutzen hinter dem getätigten Aufwand zurückbleibt und dessen Aufwand ein gedachter Erwerber im Kaufpreis nicht vergüten würde. Dies kann man dann iSd zitierten BFH-Rspr als Irrtum oder als Kalkulationsfehler ansehen. Oder mit dem Zitat von Offerhaus (StBp 1967, 25):

Zitat

"die bei objektiver Betrachtung unwirtschaftlich waren".

S hierzu BFH BStBl II 1988, 488; 1989, 269. Eine Fehlmaßnahme idS liegt nach älterer BFH-Rspr auch dann vor, wenn sich die wirtschaftlichen Erwartungen des StPfl iVm der Anschaffung oder Herstellung eines WG nicht erfüllen (BFH BStBl II 1973, 79; 1979, 108).

 

Rn. 431

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Nach diesen Umschreibungen einer Fehlmaßnahme (im Interesse der Widerlegung der Teilwertvermutung) kann eine bewusste Verlustkalkulation nicht zu einer Teilwertabschreibung berechtigen. Begrifflich setzt der "Fehler" ein unbewusstes Handeln voraus. "Absichtliche Fehler" sind eigentlich nicht denkbar. In aller Regel tätigt ein StPfl solche "Verlustgeschäfte" nur, weil er sich daraus resultierende Vorteile an einer anderen Stelle verspricht. Die Verlustkalkulation hat er also nur im Interesse der anderweitig erwarteten Vorteile realisiert. Jedenfalls hat der BFH dies für den Fall des Einzelhandels mit nicht kostendeckend kalkulierten Verkaufspreisen so ähnlich dargestellt und entschieden (s BFH BStBl II 1999, 681 mit BMF BStBl I 2000, 372).

 

Rn. 432

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

vorläufig frei

 

Rn. 433

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Einzelfälle aus der Rspr

Der BFH hat das Vorliegen einer Fehlmaßnahme bestätigt (zum Geschäftswert oder Firmenwert s Rn 620):

 
Baukostenindex BFH BStBl III 1956, 102 Gebäudeherstellung mit überhöhten Kosten, weil der Baukostenindex nachhaltig und erheblich gesunken ist.
Beteiligung an KapGes BFH BStBl II 1979, 108 Errichtung einer KapGes, für die sich später herausstellt, dass sie nicht nachhaltig mit Gewinn arbeiten kann. Hintergrund dieser Fehleinschätzung war die Tatsache, dass bestimmte Großhändler aus Konkurrenzgründen bei der neu ins Leben gerufenen GmbH nicht eingekauft haben.
  BFH BStBl II 1977, 515 Die Teilwertvermutung "gilt nicht ohne weiteres für zusätzliche AK in Gestalt verdeckter Einlagen". Hintergrund dieser Entscheidung (zitiert ist aus dem Leitsatz) war das Bestreben der Konkursabwendung für die Beteiligungsgesellschaft durch Verzicht auf Pachtzinsen.
  BFH BFH/NV 1987, 298 Ähnliche Problematik wie vorstehend.
Fundamentierungskosten BFH HFR 1965, 425 Unerwartet hohe Fundamentierungskosten, wenn die Möglichkeit zum Bau an anderer Stelle nicht mehr wahrgenommen werden konnte.
Kostenüberschreitung RFH RStBl 1939, 195 Bei nicht vorhersehbaren Umständen ohne Erhöhung des Wertes eines Umbaus.
Maschinenanlage, Überdimensionierung BFH BStBl II 1988, 488 Überdimensionierung einer Maschinenanlage (hier Turmdrehkran eines Bauunternehmers) wegen Branchenrezession.
Ölkrise BFH BStBl II 1988, 430 Bestellung eines Tankers kurz vor der Ölkrise.
Tanker BFH BStBl II 1988, 430 s Ölkrise
Verlustübernahme BFH BStBl II 1990, 797 Verlustübernahmen bei missglückter Organschaft sind auf die Beteiligung zu aktivieren und "können Gegenstand einer Teilwertabschreibung … sein".
Versteckte Mängel RFH RStBl 1939, 630 Erwerb eines Gebäudes mit versteckten Mängeln.

Keine Fehlmaßnahme liegt nach BFH-Rspr vor:

 
Arrondierungskäufe RFH RStBl 1934, 1138 Überhöhter Preis
Baumängel BFH BStBl II 1987, 694; 1992, 805; 1995, 306 Baumängel vor Fertigstellung eines Gebäudes, auch wenn deswegen in der Bauzeit Gebäudeteile wieder abgebrochen werden.
     
Beteiligungen an KapGes BFH BStBl III 1965, 503; 1970, 87 Anlaufv...

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