Rn. 1016

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

§ 6 Abs 1 Nr 3a Buchst d S 1 EStG schreibt vor, dass Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln sind (sog Ansammlungsrückstellungen). Typische Bsp hierfür sind (ergänzt durch Ehmcke in Blümich, § 6 EStG Rz 978):

  • Verpflichtung zur Rekultivierung, Einplanierung und Hohlraumverfüllung (BFH BStBl II 1975, 480);
  • Abbruch- und Entfernungsverpflichtungen (BFH BStBl II 1975, 114; 1969, 247);
  • Jubiläumsgelder (BMF v 08.12.2008, BStBl I 2008, 1013 mit Einzelheiten zur Berechnung des Rückstellungswertes;
  • Entsorgung von Kernkraftwerken,
  • Stilllegungskosten,
  • Pachterneuerung (BFH BStBl II 1993, 89; 1998, 505);
  • Erneuerung von Betriebsanlagen (6.11 Abs 2 EStR 2012),
  • Herstellung eines Mindestzustands zum Ende des Konzessionszeitraums (BMF v 04.10.2005, BStBl I 2005, 916),
  • Verpflichtung des Leasinggebers zur Mietrückgewähr (BFH v 15.04.1993, IV R 75/91, BFHE 171, 434; BFH v 21.09.2011, I R 50/10, BStBl II 2012, 197),
  • Verpflichtung des Vermieters von Kfz, das Fahrzeug zum Ende der Mietzeit zu veräußern und den Veräußerungserlös insoweit an den Mieter auszuzahlen, als er einen vertraglich vereinbarten, unter dem Buchwert der Kfz zum Vertragsende liegenden Restwert übersteigt (BFH v 21.09.2011, I R 50/10, BStBl II 2012, 197),
  • zur laufenden Lohnzahlung in der Freistellungsphase bei Altersteilzeit (s Rn 1034),
  • Rücknahme und Verwertung von Erzeugnissen (zB Altautos).

Nach der zitierten BFH-Rspr ist in solchen Fällen (auf der Preisbasis des Bilanzstichtages s Rn 995) ein Rückstellungsbetrag anzusammeln, um im Zeitpunkt der Verpflichtung den mutmaßlich dafür aufzuwendenden Betrag verfügbar zu haben. Rechnungstechnisch unterscheidet man dabei zwei Arten der Ansammlung:

  • zeitanteilig (ratierlich = Verteilungsrückstellung),
  • nach Schlüsselgrößen (tatsächliche Inanspruchnahme).

Der erstgenannte Fall betrifft die oben genannten Abbruch- und Entfernungs- sowie die Pachterneuerungsverpflichtung. Die Verteilung nach Schlüsselgrößen ist dagegen der typische Anwendungsbereich der Vorsorge für Rekultivierungsaufwand etc. Im Urt des BFH v 05.05.2011, IV R 32/07, BStBl II 2012, 98 sind beide Ansammlungsarten behandelt worden. Die hiesige Kommentierung hat der BFH bestätigt.

Der Gesetzeswortlaut scheint den letztgenannten Fall nunmehr (ab 1999) anders regeln zu wollen, nämlich hierfür ebenfalls eine lineare Ansammlung vorzuschreiben. Nach der Gesetzesbegründung und nach der Auffassung der FinVerw (R 6.11 Abs 2 S 3, 4 EStR 2012) ist der Gesetzeswortlaut jedoch nicht so zu verstehen, vielmehr ist gegenüber der genannten BFH-Rspr (unverändert) nach der tatsächlichen Ausbeute (also nach den genannten Schlüsselgrößen) die Rückstellung anzusammeln. Regelmäßig ist dabei die am Bilanzstichtag erfolgte Ausbeute mit dem gesamten mutmaßlichen Kiesvorkommen etc ins Verhältnis zu setzen.

Als Mustersachverhalte für die og Verteilungsrückstellungen gelten die Rückbauverpflichtungen für Kraftwerke, Antennenmasten oder Mietereinbauten. Im Gegensatz zu der Vorsorge für Rekultivierungsaufwand entsteht die Verpflichtung in vollem Umfang, spätestens mit Beginn der Nutzung, bei Kraftwerken uE mit der Erteilung der Konzession. Nach wohl absolut herrschender Auffassung sind diese Aufwendungen nicht sofort bei Entstehen der Verpflichtung zu passivieren, sondern nur im Zeitverlauf nach Maßgabe der Nutzungsabgabe aufzubauen. Begründet wird dies mit dem sog Alimentationsprinzip, demzufolge Aufwand über Rückstellungen nur insoweit in den Abschluss eingestellt werden darf, als diesem bis zum Bilanzstichtag entstandene Erträge zuzuordnen sind (vgl Moxter, Bilanzrechtsprechung, 6. Aufl Tübingen 2007, 118f).

Diese handelsrechtliche Bilanzierungsvorgabe wurde im StEntlG 1999/2000/2002 in § 6 Abs 1 Nr 3a EStG in das StB-Bilanzrecht spezialgesetzlich transformiert. Die Bewertung im Rahmen dieser Aufwandsverteilung muss nach Maßgabe des Nutzungszeitraums erfolgen, beim Mietvertrag entsprechend der vereinbarten Laufzeit. Die periodische Zuführung muss gemäß § 6 Abs 1 Nr 3a Buchst d EStG in linearer Form erfolgen.

Typisch für Mietverhältnisse ist deren Verlängerung gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung. Das kann "spontan" erfolgen oder aber aufgrund einer von vornherein vereinbarten Option. Die Frage bezüglich der Bewertung der Rückstellung ist dann, inwieweit die bisher vorgenommene Zuführung zur Rückstellung für die Entsorgungsverpflichtung buchmäßig anzupassen ist. Das kann in zweierlei Datenkonstellationen der Fall sein:

  • Die Rückstellung ist noch nicht volldotiert
  • oder aber umgekehrt bereits voll angesetzt.

Aufgrund der am Bilanzstichtag nunmehr (unterstellt) neu vereinbarten Laufzeit ist in beiden Fällen die Rückstellung zu hoch. Nach Auffassung des BFH (BFH v 02.07.2014, I R 46/12, DB 2014, 2381) ist die Rückstellung auf der Grundlage der neu vereinbarten Laufzeit neu zu bewerten, dh teilweise aufzulösen. Der BFH stützt sich dabei au...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge