Rn. 1005

Stand: EL 146 – ET: 10/2020

Angesprochen sind die typischen Fälle der Garantie- und Kulanzleistungen in der Wirtschaft allg, das Wechselobligo sowie Schadensregulierungen bei Versicherungsgesellschaften. Systematisch wird bei dieser Bewertungsvorgabe von Gesetzes wegen die Möglichkeit oder gar der Zwang einer Sammelbewertung im Rahmen von Bewertungseinheiten (s Rn 73) bzw das Erfordernis einer pauschalen Ermittlung von solchen latenten Verpflichtungen (aus Garantie- und Kulanzfällen) etwa im industriellen Massenproduktionsgeschäft anerkannt (BFH BStBl II 1984, 263; 2001, 612; 1998, 249). Diese Bewertungsmethode hat auch der EuGH v 14.09.1999, Rs C-275/97, DB 1999, 2035 bestätigt. Hier kann im Übrigen auch idR mit dem G der großen Zahl aus der Statistik gerechnet werden (s Rn 994), und deshalb ist die Berücksichtigung von Vergangenheitserfahrungen nach der Gesetzesvorgabe sinnvoll (BFH BStBl II 2001, 612). Vgl hierzu Kolb, StuB 2001, 889 sowie Kemper/Konold, DStR 2003, 1686. Praxisbeispiele zur Bemessung pauschaler Gewährleistungsrückstellungen bringen Kessler/Ranker, StuB 2001, 425. Eine zu weitgehende Pauschalierung ist unzulässig; zu Recht lehnt das BMF v 20.08.2003, IV A 6 – S 2175–2/03, DB 2003, 2188 einen festen Prozentsatz (bezogen auf den Umsatz) einheitlich für alle Unternehmen der Baubranche ab.

Die fiskalische Zielrichtung des Gesetzgebers des StEntlG 1999/2000/2002 war eher auf die Schadensrückstellungen bei Versicherungsgesellschaften nach Maßgabe des § 341g HGB gerichtet, was sich von der Zusatznorm in § 20 Abs 2 KStG ablesen lässt. Offensichtlich soll durch die Gesetzesfassung einer als extrem empfundenen Auslegung des Vorsichtsprinzips in der Versicherungswirtschaft entgegengetreten werden. Das dazu ergangene Schreiben des BMF v 05.05.2000, BStBl I 2000, 487 wird kritisiert von Kemper/Konold, DStR 2003, 1686, 1690.

Die Berücksichtigung nur des "Teiles der Summe der Verpflichtungen" kann durch die in der Praxis üblichen Prozentsätze auf den (zB) Umsatz erfolgen. So hat der BFH BStBl II 1983, 104 zu langfristigen Garantierückstellungen festgestellt: Ein Worstcase-Szenario kommt als Bewertungsgrundlage nicht in Betracht.

Der StPfl hat seine Vergangenheitserfahrung zu dokumentieren und buchmäßig nachzuhalten, zB durch Einrichtung eines Kostenträgers "Gewährleistung". Die Kostenartenrechnung der Finanzbuchführung reicht hierzu nicht aus. Bei Fehlen entsprechender Vergangenheitserfahrung – Neugründung, Installation eines neuen Produktes – muss auf Branchenerfahrung (wenn vorhanden) zurückgegriffen werden (BFH BStBl III 1963, 237).

Die Vergangenheitserfahrung ist nicht unbesehen auf die zukünftige Entwicklung zu projizieren; sie ist lediglich als "Grundlage" zu verwenden. Anpassungen an die möglicherweise geänderten tatbestandlichen Voraussetzungen sind beachtlich (Bsp: geänderte Montageverfahren, Verlängerung der Garantiefrist).

 

Rn. 1006

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IRd Pfandleergutrückgabeverpflichtung im Getränkehandel kann der Händler vom Herstellerunternehmer wegen Nichteinhaltung der Rückgabeverpflichtung im Wege des Schadensersatzes in Anspruch genommen werden. Insofern liegt eine auch steuerlich ansetzbare Rückstellung vor, bei deren Bewertung die Erfahrungen aus der Vergangenheit zu beachten sind (BMF v 23.04.2001, IV A 6 – S 2133–1/01, DB 2001, 1224; OFD Hannover, FR 2001, 1246). Zur Bemessung der Rückstellungen bei Deponien vgl BMF v 25.07.2005, BStBl I 2005, 826. Zur Bewertung der Rückstellung für die ungewisse Verpflichtung zur Zahlung von Abwasserabgaben s OFD Frankfurt v 17.11.2011, S 2137 A – 65 – St 210, BB 2012, 314.

 

Rn. 1007

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vorläufig frei

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