Rn. 30

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Mit BFH vom 03.07.1997, BStBl II 1998, 86 (bestätigt durch BFH vom 25.08.1999, VIII R 76/95 nv) hat der BFH erstmals Grundsätze über den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung (§ 10 AO) bei PersGes aufgestellt. Er gelangte zu dem Ergebnis, dass bei PersGes der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung sich dort befindet, wo – ggf überwiegend – die zur laufenden Geschäftsführung gehörenden tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen Handlungen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt, und solche organisatorischen Maßnahmen, die zur gewöhnlichen Verwaltung der Gesellschaft gehören (Tagesgeschäft), vollzogen werden. Erfolgen diese Tätigkeiten an verschiedenen Orten, begründen ca 60 % hiervon den Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung.

Zu den typischen Geschäftsleitungstätigkeiten bei einem Schifffahrtsunternehmen rechnen (auch s BMF vom 10.07.2023, BStBl I 2023, 1486 Rz 1)

  • Abwicklung von Charterparteien oder anderer Verträge, die die Beschäftigung des Schiffes betreffen,
  • Einstellung (Begründung eines inländischen Arbeitsverhältnisses) und Bereitstellung von Besatzungen sowie die Sorge um alle Aspekte, die Disziplin, Arbeitsbeziehungen und Wohlergehen der Besatzung und Arbeitsklima betreffen,
  • Verproviantierung und Ausrüstung,
  • Abschluss von Bunker- und Schmierölverträgen,
  • Ernennung von Schiffsagenten,
  • Abwicklung des Ladens und Löschens sowie anderer durch den Handel des Schiffes erforderlichen Dienste,
  • Abschließen sämtlicher Schiffsversicherungen in Abstimmung mit den Weisungen der Eigner,
  • Aufnahme des Schiffs in "Protecting and Indemnity-Defense-Clubs" (Schutzgemeinschaften) in Abstimmung mit den Weisungen der Eigner,
  • Bearbeitung aller Versicherungen, Havarien und Bergungen,
  • Inkasso aller Frachteinnahmen und anderer mit dem Schiff zusammenhängenden Erträge im Namen des Eigners und
  • Zahlung aller Aufwendungen, die durch die Bereitstellung der obigen Dienste und der vernünftigen und effizienten Schiffsbereederung entstehen.

Derartige Tätigkeiten dürfen von der PersGes auch vertraglich auf außenstehende Personen übertragen werden.

 

Rn. 31

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Die Verfahren betrafen Fälle der Seeschifffahrt und wurden seitens der Klägerinnen geführt, um feststellen zu lassen, dass die ausgeübten stehenden Gewerbebetriebe nicht im Inland iSd § 2 Abs 1 GewStG betrieben werden. Dass der BFH für die Geschäftsleitung nicht auf die grundlegenden strategischen und für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens wirtschaftlich bedeutsamen Entscheidungen, wie die abschließenden Entscheidungen der Mitunternehmer beim Abschluss längerfristiger Frachtverträge, die Vornahme außergewöhnlicher Reparaturen und größere Um- oder Einbauten, die Aufnahme von Darlehen oder die Eingehung von Bürgschaften, den Abschluss von Kaskoversicherungen und den Verkauf des Schiffes, abgestellt hat, sondern die operative Tätigkeit als Schwerpunkt für die Entscheidung über den Ort der Geschäftsleitung für maßgeblich erachtet, verlässt die bisher zu § 10 AO vertretene Verwaltungsauffassung und eröffnet Gestaltungsspielräume (Kreutziger, DStR 1998, 1122 und Kreutziger, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 2. Aufl, 6. C.II.1., 987–990).

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