1. Einbehaltung, Abführung und Anmeldung der Steuer (1. Stufe)

 

Rn. 26

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

§ 50d Abs 1 S 1 EStG regelt, dass bei Einkünften, die dem Steuerabzug vom KapErtr (§§ 43ff EStG) oder dem Steuerabzug nach § 50a EStG iVm § 73e EStDV unterliegen, der Steuereinbehalt nach innerstaatlichem Recht vorzunehmen ist, ohne Rücksicht darauf, dass aufgrund abkommensrechtlicher Vereinbarungen oder aufgrund EU-rechtlicher Vorschriften nach den §§ 43b, 50g EStG eine Steuerbefreiung gegeben ist. Der Steuerabzug ist vom Vergütungsschuldner grundsätzlich unabhängig von der Person des Vergütungsgläubigers vorzunehmen. Grundlage für die Steuererhebung bildet die vom Vergütungsschuldner nach § 45a bzw § 73e EStDV abzugebende Steueranmeldung. S Erläut zu § 43 (Hasselmann).

2. Erstattung der einbehaltenen Steuer (2. Stufe)

a) Anspruchsgrundlage und materielle Voraussetzungen

 

Rn. 27

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

§ 50d Abs 1 S 2 EStG bestimmt, dass der Anspruch des Vergütungsgläubigers auf völlige oder teilweise Erstattung der abgeführten Steuer nicht durch fortbestehende Abzugsverpflichtung des Vergütungsschuldners berührt wird. Damit wird klargestellt, dass die Einbehaltung der Steuer aus Sicht des Vergütungsgläubigers ohne rechtlichen Grund erfolgt und nur durch das nachfolgende Erstattungsverfahren gerechtfertigt ist (zur Qualität als allg Rechtsgedanke und zur entsprechenden Anwendbarkeit BFH v 21.10.2009, BStBl II 2012, 493 mwN bei abkommenswidrigem LSt-Einbehalt; ebenso BFH v 11.01.2012, BFH/NV 2012, 1105; FG Nbg EFG 2019, 1095 (Rev I R 31/18) bei KapSt-Einbehalt entgegen EU-rechtlicher Grundfreiheiten; zu weiteren Einzelfällen s Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 9, 19. Aufl; Loschelder in Schmidt § 50d EStG Rz 35, 39. Aufl). Materiell ergibt sich der Erstattungsanspruch des Vergütungsgläubigers aus § 37 Abs 2 AO iVm § 43b EStG, § 50g EStG oder der Regelung in einem DBA, die das deutsche Besteuerungsrecht einschränkt oder ausschließt.

Gemäß § 50d Abs 1 S 3 EStG ist Grundlage der Erstattung ein Freistellungsbescheid des BZSt.

 

Rn. 28

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Materielle Voraussetzungen einer Erstattung sind gemäß § 50d Abs 1 S 2 EStG

(1) das Vorliegen eines Entlastungsanspruchs nach § 43b EStG, § 50g EStG oder nach DBA, der
(2) nicht durch § 50d Abs 3 EStG (s Rn 90ff) oder § 50j EStG eingeschränkt ist, sowie
(3) die Einbehaltung und Abführung der Steuer, ggf deren Entrichtung aufgrund eines Haftungs- oder Nachforderungsbescheids.

Erforderlich ist nach dem Gesetzeswortlaut die tatsächliche Abführung bzw Entrichtung der Steuer an die zuständige FinBeh. Ist die Steuer zwar einbehalten, aber nicht abgeführt worden, kommt eine Erstattung nicht in Frage (BFH v 24.08.2011, BFH/NV 2012, 559 mwN; aA Klein/Hagena in H/H/R, § 50d EStG Rz 17, Dezember 2020; Grams, BB 1997, 70).

Materiell anspruchsberechtigt ist grundsätzlich der Vergütungsgläubiger als Schuldner der Steuer, dem die Einkünfte im Zeitpunkt des Zuflusses nach deutschem Steuerrecht zuzurechnen sind (zum Sonderfall des Auseinanderfallens von zivilrechtlichem Vergütungsgläubiger und der Person des StPfl s Rn 77ff). Kann im Bereich der KapErtr das Recht auf die Vergütung vom Stammrecht abgetrennt werden, ist durch die Verweisung in § 50d Abs 1 S 12 EStG auf § 45 EStG gewährleistet, dass nur der Inhaber des Stammrechts erstattungsberechtigt ist. Dem Inhaber der vom Stammrecht getrennten Dividenden- oder Zinsscheine steht keine Erstattungsberechtigung zu.

b) Verfahrensrechtliche Regelungen (§ 50d Abs 1 S 3–5, 7–10 EStG)

 

Rn. 29

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Die Erstattung ist antragsgebunden. Antragsberechtigt ist nur der Vergütungsgläubiger; er kann den Vergütungsschuldner jedoch bevollmächtigen. Der Antrag ist auf amtlich vorgeschriebenen Vordruck an das BZSt zu stellen (§ 50d Abs 1 S 3 EStG; Merkblätter des BfF v 09.10.2002, BStBl I 2002, 904; 2002, 916), bei nur entsprechender Anwendung des § 50d Abs 1 S 2 EStG Antragstellung beim örtlich zuständigen FA (s zu verschiedenen Anspruchsgrundlagen im Einzelnen Gosch in Kirchhof, § 50d EStG Rz 11a, 19. Aufl). Dem Antrag ist eine Wohnsitzbescheinigung ebenfalls auf amtlich vorgeschriebenen Vordruck nach Maßgabe des § 50d Abs 4 EStG beizufügen. Nach § 50d Abs 1 S 7 EStG kann das BZSt zulassen, dass Anträge auf maschinell verwertbaren Datenträgern gestellt werden; Hinweise und Anmeldung zum sog Datenträgerverfahren s die Internetseite des BZSt (www.bzst.de).

 

Rn. 30

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Für nach dem 31.12.2011 zufließende KapErtr muss dem Antragsvordruck gemäß § 50d Abs 1 S 4 EStG in Fällen des § 43a Abs 1 S 1 Nr 1a EStG (Girosammel- und Streifbandverwahrung von Aktien oder Tafelgeschäfte durch Auszahlung der Erträge gegen Aushändigung der Dividendenscheine) zusätzlich eine Bescheinigung der auszahlenden Stelle nach § 45a Abs 2 EStG beigefügt werden (KapSt-Bescheinigung, s BMF v 11.11.2020, BStBl I 2020, 1134). Ist dies nicht möglich, weil der Antrag auf maschinell verwertbarem Datenträger gestellt wird, hat der Antragsteller nach § 50d Abs 1 S 8 EStG zu versichern, dass ihm diese vorliegt, oder, soweit er selbst die KapErtr als auszahlende Stelle dem Steuerabzug unterworfen hat, dass diese nicht ausgestellt wurde. Zusätzlich wird im 2. Hs des § 50d Abs 1 S 8 ...

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