Rn. 56

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Der Haftungsbescheid ist nach § 191 Abs 1 S 2 AO schriftlich zu erteilen. Außer der Haftungsschuld und dem Haftungsgrund müssen die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gründe angegeben werden (BFH BStBl II 1972, 181; 1978, 402; 1981, 801). Dies muss spätestens in der Einspruchsentscheidung geschehen sein; andernfalls ist der Bescheid auf Rüge aufzuheben (FG BdW EFG 1983, 519 rkr). Eine Ausnahme von der Darlegungspflicht gilt, wenn der ArbG seine Zahlungspflicht schriftlich anerkennt (§ 42d Abs 4 EStG; BFH BStBl II 1982, 710; ferner auch § 121 Abs 2 Nr 2 AO, wenn dem ArbG die Auffassung des FA bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung ohne weiteres erkennbar ist, von Bornhaupt, BB 1981, 2128, 2130). Die irrige Bezeichnung als Steuer- oder Nachforderungsbescheid ist nach BFH BStBl II 1977, 255 nicht maßgeblich.

Es ist zwischen Haftungsbescheid und Nachforderungsbescheid zu unterscheiden, BFH BStBl II 1983, 472; 1983, 517. Ist unklar, ob das FA eine LSt-Haftungsschuld oder eine pauschale LSt-Schuld festsetzen wollte, so ist der Bescheid unwirksam, BFH BStBl II 1984, 362.

Die Trennung der Steuerschuld von der Haftungsschuld kann im Entscheidungssatz, in der Begründung des zusammengefassten Steuer- und Haftungsbescheides oder durch Bezugnahme auf den Bericht über die LSt-Außenprüfung erfolgen (BFH BStBl II 1985, 664). Die Steuerschuld und die Haftungsschuld können äußerlich in einer Verfügung verbunden werden (BFH BStBl II 1985, 266). Ein rechtswidriger Steuerbescheid kann aber nicht in einen Haftungsbescheid umgedeutet werden (s § 128 Abs 3 AO; BFH BStBl II 1991, 781; 1992, 163; FG SAnh EFG 2008, 1752).

Ebenso kann auch ein Haftungsbescheid nicht in einen Steuerbescheid umgedeutet werden (BFH BStBl II 1983, 517; 1990, 594; BFH/NV 1985, 9). Die Voraussetzungen nach § 128 AO liegen nicht vor. Beide Bescheide verfolgen eine unterschiedliche Zielrichtung.

  • Der Steuerbescheid beinhaltet eine Inanspruchnahme für eine eigene Steuerschuld.
  • Der Haftungsbescheid beinhaltet eine Inanspruchnahme für eine Steuerschuld eines anderen (Ratschow in Klein, AO, 12. Aufl 2014, § 128 Rz 3).
 

Rn. 57

Stand: EL 158 – ET: 06/2022

Der Haftungsbescheid muss dem Gebot der Bestimmtheit genügen. Unbestimmte Haftungsbescheide sind nichtig (BFH BStBl II 1997, 306). Er muss zu erkennen geben, dass der Betroffene nicht als Steuerschuldner, sondern als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden soll (BFH BFH/NV 1991, 197). Der Haftungsbescheid muss die Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und muss ebenfalls die Person des Haftenden benennen (BFH BFH/NV 1986, 583). Für die LSt gilt dabei, dass auch grundsätzlich eine Aufteilung der LSt auf die einzelnen Zeiträume erfolgen muss. Ist dies nicht im Haftungsbescheid erfolgt, so kann dem Gebot der Bestimmtheit auch dadurch Rechnung getragen werden, dass durch die Hinzuziehung des Prüfungsberichtes oder der Begründung des FA eine Bestimmung erfolgen kann (BFH BStBl II 2006, 530; BFH/NV 1986, 303; 1989, 343; 1991, 600; 1992, 785; 1993, 146; 2009, 1964). Nach Ansicht des BFH ist es für die inhaltliche Bestimmtheit eines Haftungsbescheides iSd § 119 Abs 1 AO nicht erforderlich, dass aus ihm hervorgeht, in welcher Höhe die nachgeforderte LSt jeweils einem konkreten ArbN zuzuordnen ist. Diese Frage sei vielmehr der materiell-rechtlichen Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides zuzuordnen (BFH BStBl II 1994, 536). Bei monatlich angemeldeter LSt sei eine Aufgliederung der jeweils auf die einzelnen Monate entfallenden LSt-Haftungsbeträge nicht erforderlich (BFH BStBl II 1986, 152; 1989, 220). Es sei keine Aufgliederung notwendig, da die monatlich aufzuführenden LSt-Beträge letztlich nur eine Art Vorauszahlung auf die vom ArbG geschuldete Jahres-LSt darstellen.

Eine andere Frage ist die Zuordnung zu den einzelnen ArbN. Da der LSt-Haftungsbescheid akzessorisch ist, ist er von dem Bestehen der LSt der einzelnen ArbN abhängig. Ähnlich wie bei der Ermittlung der Haftungsschuld stellt sich auch hier die Frage, ob die einzelnen LSt-Forderungen gegen die ArbN gesondert im Haftungsbescheid aufgenommen werden müssen. Der BFH vertritt die Ansicht, dass grundsätzlich wegen der Akzessorietät der ArbG-Haftung im Haftungsbescheid die auf die einzelnen ArbN entfallenden Steuerschulden, für die der ArbG in Haftung genommen wird, nach Jahren getrennt ausgewiesen werden müssen (BFH BStBl II 1980, 669; 1986, 274; 1994, 536). In folgenden Fällen kann nach Auffassung des BFH davon abgewichen werden:

  • Eine Aufschlüsselung der Steuerschulden ist dem FA nicht möglich. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der ArbG die Namen der ArbN dem FA vorenthält (BFH BStBl II 1986, 274). Liegen die Voraussetzungen des § 162 AO für eine Schätzung der LSt vor, so ist ebenfalls eine Aufschlüsselung nicht ausführbar. Im Schätzungsfall ist auch eine Berechnung der Haftungsschuld nach durchschnittlichen Steuersätzen möglich.
  • Der ArbG hat viele ArbN beschäftigt, und die Nachforderungen sind meistens klein, weil...

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