Rn. 28

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

Die Pauschalierung nach § 40 Abs 1 EStG setzt einen Antrag des ArbG voraus. Sie kann dem ArbG also nicht aufgedrängt werden oder von Amtswegen erfolgen, vgl BFH v 28.02.1975, VI R 28/73, BStBl II 1976, 134, und FG Berlin v 28.05.1990, EFG 1990, 598 rkr. Ohne Antrag ist die LSt vom ArbN (Steuerschuldner) nachzufordern, oder das FA muss einen Haftungsbescheid gegen den ArbG erlassen.

Für den Antrag ist keine bestimmte Form vorgeschrieben. Es ist jedoch eine klare Aussage dahingehend nötig, dass der ArbG das Pauschalierungsverfahren wünscht, also ein Verfahren mit für die ArbN abgeltender Wirkung, in dem nur der ArbG Steuerschuldner ist. In der Bekundung, gegen die Inanspruchnahme für bestimmte Sachverhalte keine Einwendungen zu erheben, liegt ein derartiger Antrag noch nicht, BFH v 03.06.1982, VI R 48/79, BStBl II 1982, 710 unter 1.b. Umgekehrt schließt ein Pauschalierungsantrag spätere sachliche Einwendungen nicht aus, da er sich nur auf das Verfahren der Inanspruchnahme und nicht auf die materielle Berechtigung hierfür bezieht.

Anträge können auch mündlich gestellt werden, eine Mitteilung des ArbG mit ermittelten Nettosteuersätzen und der Bitte um Nachversteuerung ist ausreichend, BFH v 10.10.2002, BStBl II 2003, 156.

Die Rücknahme des Antrags auf Pauschalierung ist unzulässig, sobald der Pauschalierungsbescheid wirksam wird (BFH v 06.03.1993, BStBl II 1993, 692 und BFH v 21.09.1990, BStBl II 1991, 262); ebenso Krüger in Schmidt, § 40 EStG Rz 4 (41. Aufl). Der Ansicht des BFH ist zuzustimmen. Gründe der Rechtssicherheit sprechen dafür, dass der Antrag nach Ergehen des Pauschalierungsbescheids nicht mehr zurückgenommen (widerrufen, § 130 BGB), sondern nur noch angefochten (§§ 119ff BGB) werden kann. Allerdings sind im Einspruchsverfahrens im Rahmen der Ermessensentscheidung, ob der Pauschalierungsbescheid aufzuheben ist, die Gründe für die Rücknahme des Antrags auf Pauschalierung zu berücksichtigen (BFH v 06.03.1993, BStBl II 1993, 692).

Nach BFH v 10.10.2002, VI R 80/00, BStBl II 2002, 438 ist ein nach § 40 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG ergangener LSt-Pauschalierungsbescheid nicht deshalb nichtig, weil der ArbG keinen Pauschalierungsantrag gestellt hat. Ein derartiger Bescheid ist lediglich fehlerhaft, so auch Gosch, FR 1991, 6. In dem vom BFH entschiedenen Fall konnte das FA von einer Anscheinsvollmacht ausgehen, wenn im Rahmen einer LSt-Außenprüfung Mitarbeiter des Unternehmens einen Antrag auf Pauschalierung stellen.

Hat der ArbG den Arbeitslohn bisher individuell versteuert, kann nach § 41c Abs 3 EStG eine Änderung des LSt-Abzugs und dementsprechend eine pauschale Versteuerung nur bis zur Übermittlung der elektronischen LSt-Bescheinigung erfolgen (vgl FG NbG v 16.10.2014, EFG 2015, 732); aA Krüger in Schmidt, § 40 EStG Rz 4 (41. Aufl).

Nach § 40 Abs 1 EStG kann "das Betriebsstätten-FA" die Pauschalierung "zulassen". Der Begriff "zulassen" deutet darauf hin, dass nach § 40 Abs 1 EStG zum rechtswirksamen Verhalten eines Dritten eine Einwilligung (vgl § 183 BGB) oder Genehmigung (vgl § 184 BGB) erteilt werden soll. Die Ablehnung eines Antrags auf Pauschalierung ist ein VA iSv 118 AO. Gegen die Ablehnung ist der Einspruch möglich, s Rn 59.

 

Rn. 29

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

In Nachforderungsfällen ist seitens des ArbG zwischen dem Pauschalierungs- und dem Haftungsverfahren abzuwägen, wobei die Nachteile eines Antrages überwiegen können (vgl auch Offerhaus, StbJb 1983/84, 291; Hahn, Erfolgreiche Anfechtung von Haftungs- und Beitragsbescheiden, Stollfuß Leitfäden 1988, Rz 47ff). Nachteilig ist bspw, dass sich der ArbG nicht mehr auf fehlerhaftes Auswahlermessen – Inanspruchnahme der ArbN statt des ArbG – berufen kann. Das spielt aber keine Rolle, wenn wegen der großen Zahl der Fälle und der Tatsache, dass der ArbG einen Regress de facto unmöglich gemacht hat, die Haftung des ArbG jedenfalls ermessensgerecht ist (vgl BFH v 29.01.1985, BFHE 143, 187 zur Ermessensauswahl betreffend Zollverfahren).

Ob die Pauschalierung einen Regress des ArbG beim ArbN ausschließt und deshalb nachteilig ist, ist zweifelhaft, dazu s Rn 37. Die mit der Pauschalierung verbundenen Vorteile der Arbeitsersparnis betreffen eher die laufende Pauschalierung sonstiger Bezüge sowie die Anwendung fester Pauschsteuersätze, da bei Nacherhebungen aus Anlass einer LSt-Außenprüfung regelmäßig ohnehin eine Schätzung erfolgen muss. Gleiches gilt für den Vorteil der Abgeltungswirkung des § 40 Abs 3 S 3 EStG, da nach Ergehen eines Haftungsbescheides in der Praxis die erfassten Sachverhalte beim einzelnen ArbN oftmals keine Berücksichtigung finden.

 

Rn. 30–31

Stand: EL 161 – ET: 11/2022

vorläufig frei

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