ca) Gefahr

caa) Substanzbezogene Risiken: Zufälliger Untergang/zufällige Verschlechterung

 

Rn. 170g

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Mit dem Gefahrenkriterium der Rspr-Formel ist das Wertminderungsrisiko als typisches mit dem Eigentum verbundenes Risiko adressiert. Dieses umfasst die Gefahr des zufälligen Untergangs (zB BFH v 27.09.2001, X R 67/00, BFH/NV 2002, 327; BFH v 04.06.2003, X R 49/01, BStBl II 2003, 751) respektive der zufälligen Verschlechterung des unbeweglichen WG, dh substanzbezogene Risiken.

Hier kommt es maßgeblich darauf an, wann nach dem Vertrag oder mangels vertraglicher Regelung nach den zivilrechtlichen Regelungen die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung (dh die Substanz des WG) auf den Erwerber übergeht. Die Nutzungen (Fruchtziehung) treten grds dahinter zurück (BFH v 22.09.2016, IV R 1/14, BStBl II 2017, 171 zu Windkraftanlagen; vgl auch BFH v 09.03.2017, VI R 86/14, BStBl 2017, 981 zu Waldgrundstück). Ist die Gefahr der zufälligen Verschlechterung übergegangen, kann wirtschaftliches Eigentum vorliegen, auch wenn die Nutzungen noch nicht in vollem Umfang übergegangen sind (BFH v 09.03.2017, VI R 86/14, BStBl 2017, 981: fehlendes Recht zum Holzeinschlag).

cab) Ertragsbezogene (laufende) Risiken

 

Rn. 170h

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Das Gefahrenkriterium umfasst auch Risiken der laufenden Nutzung, wie insb die Gefahr sinkender/ausfallender Mieterträge infolge negativer Entwicklung des Immobilienmarkts. In der Praxis sind insb zwischen Bauträgern/Immobilienhändlern und Investoren zur – temporären – Minderung dieser Risikokomponente Grundstücksveräußerungen mit Mietpreisgarantien vorzufinden, die bedingt durch die übliche Kaufpreisfindung nach Ertragswertgesichtspunkten zu einem um die kapitalisierte Differenz zwischen garantiertem und am Markt tatsächlich erzielbarem Mietzins erhöhten Kaufpreis führen (Hofer, DB 2003, 1069). Eine Mietpreisgarantie, durch die temporär, ggf auch längerfristig mit dem Grundstück verbundene Teilrisiken beim Veräußerer verbleiben, hindert für sich gesehen den Übergang wirtschaftlichen Eigentums am Grundstück nicht (vgl im Ergebnis auch BFH v 06.03.2007, IX R 51/04, BFH/NV 2007, 1456). Bei Übergang von Besitz, Nutzungen, Lasten und der Risiken im Übrigen ist der bereits über eine auf Erwerb gerichtete, unentziehbare Rechtsposition verfügende (Noch-)Nichteigentümer durch Mietpreisgarantien in keiner Weise gehindert, den Veräußerer von der Einwirkung auf das WG tatsächlich auszuschließen.

cb) Lasten

 

Rn. 170i

Stand: EL 142 – ET: 04/2020

Dem zivilrechtlichen Eigentümer stehen nicht nur die Rechte am Grundbesitz originär zu, ihm obliegt auch die Pflicht, mit dem Grundbesitz verbundene Lasten zu tragen. Lasten eines Grundstücks können öffentlich-rechtlicher oder privater Natur sein. Öffentliche Grundstückslasten, dh Leistungen, die kraft öffentlichen Rechts auf dem Grundstück ruhen oder aus dem Grundstück zu entrichten sind, sind etwa die GrSt, Erschließungskosten oder Straßenanliegerbeiträge und -baukosten. Private Lasten sind zB Versicherungspflichten. Soll der Grundbesitz einem Nichteigentümer zugerechnet werden, ist es legitim, von diesem grds auch die Lastentragung zu fordern, wie der BFH dies mit der Formelforderung des Übergangs von Besitz, Nutzung, Gefahr und Lasten in st Rspr handhabt (s Rn 170).

Der Eigentümer kann laufende Grundbesitzlasten zT auf einen Mieter als Nichteigentümer abwälzen, soweit sie als Betriebskosten iS § 2 BetrKV umlagefähig sind (Bsp GrSt, Sach- und Haftpflichtversicherungen), ohne dass dies seine wirtschaftliche Eigentumsposition tangiert. Dem Lastenkriterium wird vor diesem Hintergrund teilweise der Status als Voraussetzung wirtschaftlichen Eigentums abgesprochen und lediglich Indizfunktion für dessen Vorliegen beigemessen (Hannack, Das wirtschaftliche Eigentum iSd § 11 StAnpG, 1962, 38). In Bezug auf die GrSt ist das Lastenkriterium insoweit zirkulär, dass für die Bestimmung des Schuldners der GrSt iSd § 10 Abs 1 GrStG auf die Zurechnung des Grundbesitzes zum Zeitpunkt der Feststellung des Einheitswerts auf die Zurechnung nach § 39 AO abgestellt wird, diese ihrerseits aber wiederum auf die Lastenverteilung, dh ua darauf abstellt, wer die GrSt zu tragen hat.

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