Rn. 1508

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Auch bei der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs 3 EStG gibt es BV. Zwar wird im Unterschied zu § 4 Abs 3 EStG beim Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs 1 EStG das BV zu Beginn des Wj mit dem BV zum Ende des Wj verglichen; aber auch bei der Überschussrechnung werden Wertänderungen des BV erfasst. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass die Wertänderungen bei der Überschussrechnung nicht zeitgleich bei der Ermittlung des Gewinns berücksichtigt werden. Nach dem Vereinfachungsmodell des § 4 Abs 3 EStG sind Wertänderungen erst zu erfassen, wenn sie sich kassenmäßig in Form von BE im Zeitpunkt des Zuflusses oder als BA im Abflusszeitpunkt niederschlagen. Dies führt hinsichtlich der einzelnen Wj zu unterschiedlichen Gewinnbeträgen.

 

Rn. 1509

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Das BV ist aber auch bei der Überschussrechnung stets steuerverstrickt. Selbst wenn es den Gewinn wegen fehlenden Zuflusses oder Abflusses zunächst nicht berührt, werden realisierte Wertsteigerungen des BV besteuert. Auch Schulden und Forderungen entstehen als BV, sie haben zunächst nur keinen Einfluss auf den Gewinn.

Beim notwendigen BV handelt es sich um WG, die dem Betrieb in dem Sinne unmittelbar dienen, dass sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb des StPfl selbst bestimmt sind (BFH BStBl II 1997, 399). Es bedarf bei WG des notwendigen BV nicht einer Einlagehandlung, so dass die Zugehörigkeit zum notwendigen BV bei der Einnahme-Überschussrechnung dementsprechend nicht davon abhängig ist, ob sie in ein Anlagenverzeichnis (§ 4 Abs 3 S 5 EStG) aufgenommen wurden (BFH BFH/NV 2014, 1364).

 

Rn. 1510

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Wurde früher das gewillkürte BV beim Bestandsvergleich und bei der Einnahme-Überschussrechnung unterschiedlich behandelt, so ist seit der Entscheidung des BFH vom 02.10.2003, BStBl II 2004, 985 eine einheitliche Behandlung bei beiden Gewinnermittlungsarten gewährleistet. Hatte früher der BFH die Ansicht vertreten, nur notwendiges BV könne bei der Gewinnermittlungsart gemäß § 4 Abs 3 EStG anerkannt werden (BFH BStBl III 1964, 455; BStBl II 1976, 663; 1990, 17; offen gelassen BFH BStBl II 1994, 172; 2000, 297; 2001, 828), ist der BFH und das BMF nunmehr seit zwei Jahrzehnten allgemein der Ansicht, dass auch gewillkürtes BV bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG gebildet werden kann (BFH BStBl II 2004, 985; 2005, 334; BFH/NV 2005, 173; 2008, 42; 2011, 1311; BMF BStBl I 2004, 1064).

Auch im Fall der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG kann gewillkürtes BV gebildet werden, wenn das WG zu mindestens 10 % betrieblich genutzt wird und dessen Zuordnung unmissverständlich, zeitnah und unumkehrbar dokumentiert wird (insbesondere durch Aufnahme in ein Anlageverzeichnis, s BFH BStBl II 2004, 985; 2013, 117; 2019, 203; 2020, 845; BFH/NV 2005, 173; 2008, 1662; 2011, 1311).

Vermindert sich der Umfang der betrieblichen Nutzung des WG, das dem gewillkürten BV eines Unternehmens in einem früheren VZ wegen einer mehr als 10 %igen betrieblichen Nutzung zugeordnet wurde, in einem Folgejahr auf unter 10 %, so ändert dies an der Zuordnung zum gewillkürten BV nichts, weil eine solche Nutzungsänderung allein keine Entnahme darstellt (BFH BStBl II 2013, 117). Problematisch kann aber der Nachweis der mehr als 10 %igen betrieblichen Nutzung sein. Hier sollte der StPfl die nötige Beweisvorsorge treffen (s BFH vom 21.08.2012, VIII R 12/11: durch zeitnah gefertigte Aufzeichnungen; FG RP vom 13.03.2014, 6 K 2646/12).

Zu beachten ist jedoch die Rechtsänderung ab VZ 2006. Die Anwendung der 1 %-Regelung auf gewillkürtes BV ist durch G zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28.04.2006 (BGBl I 2006, 1095) abgeschafft worden (s § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG nF; s auch Cöster/Nacke, NWB vom 27.02.2006, 645).

Für den Akt der erstmaligen Zuordnung eines WG zum gewillkürten BV ist jedoch zu fordern, dass dieser unmissverständlich in einer solchen Weise dokumentiert wird, dass ein sachverständiger Dritter ohne weitere Erklärung des StPfl die Zugehörigkeit des erworbenen oder eingelegten WG zum BV erkennen kann (BFH BStBl II 2004, 985; BFH/NV 2008, 42).

 

Rn. 1511

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Vom gewillkürten BV ist der Begriff des geduldeten BV zu unterscheiden. Hiervon spricht man, wenn in den Fällen des Wechsels der Gewinnermittlungsart und der Nutzungsänderung gewillkürtes BV bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 vorliegt (s § 4 Abs 1 S 3 und 4 EStG; auch s Rn 178).

So können auch Wertpapiere unter Umständen dem gewillkürten BV eines Freiberuflers zugerechnet werden, wenn ausschließlich betriebliche Gründe für ihren Erwerb maßgeblich waren (s im Einzelnen BFH BFH/NV 2011, 1847 mwN).

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