Rn. 1513

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Unabhängig von diesen gesetzlichen Regelungen gelten jedoch allgemein für den StPfl bestimmte "Aufzeichnungspflichten", die durch die unter s Rn 1512 genannten gesetzlichen Aufzeichnungsregeln nur ergänzt werden. Diese Aufzeichnungspflichten resultieren nicht aus einer rechtlichen Verpflichtung – eine Verpflichtung zur Aufzeichnung von BE und BA gibt es bei der Einnahme-Überschussrechnung nicht (BFH BStBl II 1999, 481 mwN) –, sondern stellen Obliegenheiten dar. So hat der StPfl in seiner ESt-Erklärung nicht nur den Gewinn/Verlust aus seiner gewerblichen, freiberuflichen oder luf Tätigkeit aufzunehmen. Er ist praktisch auch verpflichtet, die BE und BA gesondert aufzuzeichnen und der Erklärung beizufügen. Auf Verlangen des FA muss er sie erläutern und glaubhaft machen können. Dieses ist erforderlich, damit das FA die Vollständigkeit im Hinblick auf die BE und die Richtigkeit im Hinblick auf die BA überprüfen kann (vgl §§ 90 Abs 1 S 2 und 146 Abs 1 AO).

Um diese Prüfung vornehmen zu können, reicht daher nicht nur ein Verzeichnis der BE und BA aus. Es ist vielmehr auch erforderlich, bei Bedarf die entsprechenden Belege vorzulegen (BFH BStBl II 1999, 481; 1990, 287; BFH/NV 2023, 113; FG Ha vom 11.11.2014, 6 K 206/11). Dazu können auch Kassenstreifen, Kassenzettel, Bons und die sog Tagesendsummenbons (Z-Bons) bei einem Betrieb gehören, der Bargeschäfte tätigt (FG He vom 24.02.2014, 4 V 84/13; FG BBg vom 20.10.2017, 4 K 4206/14; FG Ha vom 08.01.2018, 2 V 144/17). Für den Nachweis der sog Tagesendsummenbons ist ferner erforderlich, dass die Z-Bons eine hinreichende Gewissheit über die Vollständigkeit der darin enthaltenen Einnahmen zulassen. Dies ist nur der Fall, wenn die Organisationsunterlagen aufbewahrt werden, um etwaige Manipulationen bei der Berechnung der ausgedruckten Beträge nachvollziehen zu können (FG Mchn EFG 2011,10; FG BBg vom 20.10.2017, 4 K 4206/14).

Dokumentiert der StPfl seine BE in Kassenberichten, ist das FA zur Schätzung befugt, wenn diese wiederholt korrigiert und in sich widersprüchlich sind (BFH BFH/NV 2013, 902).

Diese Anforderungen ergeben sich aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des StPfl (§ 90 Abs 1 AO). Somit hat der StPfl auch zu der Einnahme-Überschussrechnung die dazugehörige Belegsammlung zu führen. Diese Belegsammlung ist die maßgebliche Grundlage für die Anerkennung der Besteuerungsgrundlagen durch das FA (BFH BStBl II 1999, 481). Hierzu kann zB erforderlich sein, die vorhandenen Kassenendsummenbons aufzubewahren (BFH vom 07.02.2008, X B 189/07).

Nicht dazu gehört eine Nummerierung der Belege (FG Köln EFG 2018, 375). Lücken in der Rechnungsnummernabfolge im konkreten – vom FG als Tatsacheninstanz zu beurteilenden – Einzelfall können aber eine Hinzuschätzung in Form eines (Un-)Sicherheitszuschlags rechtfertigen (BFH BFH/NV 2017, 774).

Verletzt der StPfl diese Obliegenheit zur geordneten Belegsammlung, so ist das FA zur Schätzung des Gewinns nach § 162 Abs 1 AO berechtigt. Denn die Aufbewahrung aller Belege ist im Regelfall auch notwendige Voraussetzung für den Schluss, dass die BE vollständig erfasst und die geltend gemachten BA als durch den Betrieb veranlasst angesehen werden können (BFH BStBl II 1999, 481; BFH vom 10.03.1983, IV R 236/81; FG D'dorf vom 23.08.2010, 17 V 972/10 A). Oder anders ausgedrückt: Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdient eine Überschussrechnung nach § 4 Abs 3 EStG Vertrauen und kann für sich die Vermutung der Richtigkeit in Anspruch nehmen (zB BFH BStBl II 1999, 481; 2004, 599 mwN; FG Sa EFG 2012, 1816).

Nur im Einzelfall ist es dem FA möglich, allein durch Zuschätzungen den Gewinn zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass die bestehenden Unsicherheiten gering sind (BFH BStBl II 1999, 481; BFH vom 10.03.1983, IV R 236/81). Dabei ist zu beachten, dass die objektive Feststellungslast (Beweislast) bzgl der BA beim StPfl liegt, sodass ohne Glaubhaftmachung der Aufwendungen diese idR durch das FA nicht berücksichtigt werden. Sind jedoch die Aufwendungen dem Grunde nach glaubhaft gemacht, so kann das FA die Höhe der BA schätzen (BFH BStBl II 1992, 854). Der StPfl kann sich grds nicht auf allgemeine Erfahrungssätze berufen (BFH BStBl II 1992, 854 zu ADAC-Tabellensätzen).

 

Rn. 1514

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Hinsichtlich der BE und BA kann sich die Aufzeichnungspflicht schon aus § 22 UStG ergeben. Zwar gilt die Vorschrift zunächst nur für die USt; jedoch wirkt die Aufzeichnungsverpflichtung aus einem Steuergesetz, sofern dieses G keine Beschränkung auf seinen Geltungsbereich enthält oder sich eine solche Beschränkung aus der Natur der Sache ergibt, unmittelbar für alle Besteuerungszwecke (BFH BStBl II 1984, 804; 2004, 599; 2009, 659; 2010, 452; BFH/NV 2006, 940; vgl auch BFH BStBl II 1999, 481, der diese Verknüpfung über § 140 AO herleitet; FG Ha vom 18.12.2012 1 K 172/10; FG Ha vom 18.12.2015, 2 K 281/14).

 

Rn. 1515

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

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