Rn. 1

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen Ehegatten und zwischen Eltern und Kindern wird von der Rspr mit Zurückhaltung vorgenommen. Grund hierfür ist die missbräuchliche Gestaltung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen, die aufgrund des häufig fehlenden Interessengegensatzes möglich ist (BFH BStBl II 2007, 294; 2009, 299). Insb geht es dabei darum, dass der eine Angehörige als ArbG die Aufwendungen als BA/WK geltend machen kann (so ausführlich R 4.8 EStR 2012 und H 4.8 EStH 2019 mit ausführlichen Hinweisen auf die einschlägige Rspr).

Die Übertragung der Grundsätze auf nahestehende Personen ist nur begrenzt möglich. Ein bestehendes familiäres Näheverhältnis kann nicht ohne weiteres als Rechtsgrund für die Ablehnung der Aufwendungen als BA herangezogen werden. Hier dürfte es auf die Umstände des Einzelfalls ankommen, ob die Grundsätze bei Angehörigenverträgen auch auf Vertragsverhältnisse zwischen nahestehenden Personen angewandt werden können. So sind sie nicht ohne weiteres

  • auf Verlobte (BFH BFH/NV 1999, 24),
  • auf Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft (BFH BStBl II 1988, 670)

übertragbar. Die Situation ist jedoch dann anders, wenn es sich um eine eingetragene Lebenspartnerschaft handelt (§ 2 Abs 8 EStG; vgl BVerfG BFH/NV 2010, 1404).

I. Vertrag zwischen Ehegatten (bzw Lebenspartnern)

 

Rn. 2

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

Dienstverhältnisse und andere Verträge zwischen Ehegatten werden von der Rspr anerkannt, wenn bestimmte Anforderungen an den Nachweis erfüllt worden sind. Auf den inneren Wille wird durch äußerlich erkennbare Indizien geschlossen. Danach sind solche Verträge steuerlich anzuerkennen, wenn sie ernstlich gewollt, vor Beginn des Leistungsaustausches klar und eindeutig mit bürgerlich-rechtlicher Wirksamkeit vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden sind und dem unter Fremden Üblichen entsprechen. Diese Anforderungen sind sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich (BFH BStBl II 1990, 160; BFH v 19.04.2005, III B 19/04; BVerfG BStBl II 1996, 34 mwN).

Die sich zunächst an klaren Anforderungen orientierende Rspr wurde jedoch seit Mitte der 90er Jahre aufgeweicht, indem in dem Fehlen bestimmter Indizien kein allein ausschlaggebender Grund mehr für die Ablehnung der steuerrechtlichen Anerkennung des Vertrags gesehen wurde. Entscheidend sei allein die Gesamtwürdigung aller objektiven Einzelkriterien und Indizien unabhängig von geringfügigen Abweichungen einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen (BFH BStBl II 1997, 196; 1997, 655; 2000, 386; 2009, 299; 2013, 1015; BFH/NV 2001, 152; 2009, 1427; 2014, 533). Die erforderliche Gesamtbetrachtung der Indizien gilt auch für die Fälle, in denen die Beteiligten zivilrechtliche Formerfordernisse nicht beachtet haben. Auch insoweit handelt es sich um ein Indiz, das nicht zu einem Tatbestandsmerkmal verselbständigt werden darf. Eine Nichtbeachtung der Formvorschriften kann gleichwohl zur steuerrechtlichen Anerkennung des Vertragsverhältnisses führen. Die Indizwirkung wird aber verstärkt, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften insb bei klarer Zivilrechtslage angelastet werden kann (BFH BStBl II 2011, 20; 2011, 24; BFH/NV 2007, 1400; 2009, 1427).

Überdies ist zu beachten, dass die Intensität der Prüfung der Fremdüblichkeit der Vertragsbedingungen auch vom Anlass des Vertragsschlusses abhängig ist (BFH BStBl II 2013, 1015; Bode in Kirchhof, § 4 EStG Rz 257 "Angehörige"; vgl auch Kanzler, FR 2014, 128 und Kulosa, DB 2014, 972). So ist zB der Fremdvergleich weniger strikt durchzuführen, wenn im Fall der Nichtbeschäftigung eines Angehörigen ein fremder Dritter eingestellt werden müsste (vgl BFH BStBl II 2013, 1015; 1988, 632).

 

Rn. 3

Stand: EL 149 – ET: 02/2021

In folgenden Fällen wurden ua Angehörigenverträge anerkannt:

  • fehlende Schriftform der Vereinbarung (BFH BStBl II 1983, 663; BFH/NV 1990, 759; 1999, 919; 1999, 1457);
  • allg fehlende Beachtung einer Formvorschrift, wenn für die Vertragspartner nicht erkennbar war, dass bestimmte zivilrechtliche Erfordernisse zu beachten waren. Außerdem muss hinzukommen, dass die Angehörigen zeitnah nach dem Erkennen der Unwirksamkeit oder dem Auftauchen von Zweifeln an der Wirksamkeit des Vertrages die erforderlichen Maßnahmen eingeleitet haben, um die Wirksamkeit herbeizuführen oder klarzustellen (BFH BStBl II 2000; 386; 2007, 294);
  • unüblich niedriger Lohn (BFH BStBl II 1984, 60; uE kann dies nicht bei krassem Missverhältnis gelten; zur Kritik s auch Bode in Kirchhof, § 4 EStG Rz 257 "Angehörige – (1)" und s § 19 Rn 60 (Barein); s auch BFH BStBl II 1990, 776); unangemessen hoher Arbeitslohn (FG Nds EFG 2014, 822 mit Anm Kreft, GStB 2014, 114).
  • Überweisung des Gehalts auf ein Konto der Ehegatten oder des ArbG-Ehegatten, über das aber der ArbN-Ehegatte verfügungsberechtigt ist – "Oder-Konto" (BVerfG BStBl II 1996, 34; BFH BFH/NV 1997, 347);
  • Teile des Gehalts werden dem ArbG-Ehegatten wieder als Darlehen zur Verfügung gestellt (BFH BStBl II 1986, 48; BFH/NV 1990, 759. Die Anerkennung ist jedoch...

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