Rn. 603

Stand: EL 121 – ET: 04/2017

Von den WG sind sog Bilanzierungshilfen zu unterscheiden. Die "normalen" handelsrechtlichen Bilanzierungshilfen (§ 269 HGB aF: Ingangsetzungskosten, § 274 Abs 2 HGB aF) sind steuerlich nicht aktivierbar. Anders die Sonderfälle in der DM-EB zum 01.07.1990: Sonderverlustkonto gemäß § 17 Abs 4 iVm § 50 DM-BilG sowie das Beteiligungsentwertungskonto gem § 24 Abs 1, 5 iVm § 50 DM-BilG; hierzu BMF BStBl I 1991, 559 Nr 2c.

WG iSd StB-Rechts stellen nicht dar u erlauben deshalb auch keine Teilwertabschreibung (s Rn 425ff):

- der Berichtigungsbetrag nach § 1 Abs 1 AStG (BFH BStBl II 1990, 875).
- Ausgleichsposten bei Organschaft gem R 14.8 KStR 2015.
- Leistungen an einen Pensionsfonds gem § 4e EStG.
- RAP (s Rn 826).
- latente Steuern gem § 274 Abs 2 HGB aF bzw § 274 Abs 1 S 2 HGB nF.
 

Rn. 603a

Stand: EL 121 – ET: 04/2017

Einen besonderen Typ der Bilanzierungshilfe stellt das von der BFH-Rspr erfundene Quasi-WG für Aufwendungen auf WG in fremdem Eigentum (vornehmlich des Ehegatten) dar. Gemeint sind HK, die von einem StPfl für die Gebäudeherstellung getragen werden, ohne in das eigene rechtliche Eigentum überzugehen, typisch bei Baumaßnahmen eines Ehegatten auf dem Grundstück des anderen, bei dem es sich regelmäßig um PV handelt. Dieser Posten ist aus der Not geboren, um der Konfrontation mit einem BGH-Urt (BGH v 06.11.1995, II ZR 164/94, BB 1996, 155) aus dem Weg zu gehen, das in solchen Fällen eine wirtschaftliche Betrachtungsweise einschränkt. In der Konsequenz müssten nach dieser Vorgabe des BGH entsprechend die Bauaufwendungen als sofort abziehbarer Aufwand behandelt werden, was entsprechend unerwünschte Steuergestaltungen hervorgerufen hätte. Mangels Vorliegen des wirtschaftlichen Eigentums – wenigstens aus der Sicht des BFH – bedurfte es einer Ersatzlösung in Form des Quasi-WG: "Bilanztechnisch wie ein materielles WG" (Beschluss BFH v 30.01.1995, GrS 4/92, BStBl II 1995, 281; Beschluss BFH v 23.08.1999, GrS 1/97, BStBl II 1999, 778). Man spricht auch

- von bilanztechnischem Rechnungsposten (vgl Fischer, FR 1999, 1171) oder
- von "steuerrechtlichem Merkposten für gespeicherten Aufwand" (Küffner/Haberstock, DStR 2000, 1677).

Das "Quasi" setzt auch Schranken gegenüber sonst üblichen Bilanzierungsregeln; so kann es einen Realisationstatbestand mit Aufdeckung stiller Reserven nicht geben (BFH v 29.04.2008, VIII R 98/04, BStBl II 2008, 749). Zur Erfüllung des objektiven Nettoprinzips wird der vom Bauherrn getätigte Aufwand aktiviert und nach Gebäude-AfA-Regeln abgeschrieben.

- Andererseits sind stille Reserven bei Eintritt eines Realisationstatbestands nicht aufzudecken;
- eine Übertragung nach § 6b EStG kommt nicht in Betracht.
- Nach Ende der betrieblichen Nutzung ist der Sonderposten steuerneutral aufzulösen, der verbleibende Ertrag steht dann dem Eigentümer als HK zur Verfügung (BFH v 19.12.2012, IV R 29/09, BStBl II 2013, 387).

UE ließe sich die den üblichen Bilanzierungsrahmen des EStG sprengende Verlegenheitslösung durch Heranziehung der aktiven RAP vermeiden. Auch das Tatbestandsmerkmal der "bestimmten Zeit" ist durch die vereinbarte Nutzungsdauer oder die Gebäudeabschreibungsdauer bestimmt. Diese Lösung entspricht der Anweisung der FinVerw zur Bilanzierung der HK für Autobahnen, Tunnel etc im Bereich öff-privater Partnerschaften. Auch ein immaterielles WG "Nutzungsrecht" käme als Bilanzierungsgrundlage in Betracht.

Das BMF (BMF v 16.12.2016, IV C 6–2134/15/10.003) schließt sich an das jüngste BFH-Urt (BFH v 09.03.2016, X R 46/4, DStR 2016, 1014) an; danach sind AK o HK, die der Unternehmer-Ehegatte auf dem Grundstücksteil des Nichtunternehmer-Ehegatten getragen hat, als Aufwandsverteilungsposten zu aktivieren, im Wesentlichen mit den vorstehend dargestellten bilanziellen Besonderheiten.

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