Rn. 5

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Der StPfl muss das Risiko aus einem sinkenden Wert der Anteile oder Genussscheine in einem vom Gesetzgeber definierten Umfang allein tragen.

Der Gesetzentwurf der BReg hatte ursprünglich für das Wertänderungsrisiko nur eine Grenze von 30 % vorgesehen (Begründung zu § 36 Abs 2a EStG-E, BR-Drucks 119/16 v 11.03.2016, 155). Der Bundesrat vertrat die Auffassung, dass der verfolgte Normzweck der Vorschrift nur erreicht werden könnte, wenn das volle Wertänderungsrisiko vom StPfl getragen werde. Außerdem hatte der Bundesrat angeregt, das Tatbestandsmerkmal des Wertänderungsrisikos im Gesetz noch näher zu definieren. Der Finanzausschuss des BT ist dem zumindest teilweise gefolgt. Durch die Neuformulierung des § 36a EStG wird aus dem Zusammenspiel von dessen Abs 1 S 1 Nr 2 und des Abs 3 zum einen unmissverständlich klar, dass der StPfl das Wertänderungsrisiko den gesamten Zeitraum der Mindesthaltedauer ununterbrochen tragen muss und nicht etwa während des VZ einzelne Haltezeiten addieren kann, bis er den Wert von 45 Tagen um den Dividendenstichtag erreicht hat. Jede Unterbrechung schließt die Anrechnungsmöglichkeit aus. Härtefallregelungen oder Ermessensspielräume bestehen nicht. Der Forderung des Bundesrats nach einer vollständigen Tragung des Wertänderungsrisikos hat sich der BT nicht angeschlossen. Als Kompromiss steht im Gesetz nun ein Umfang von mindestens 70 %.

 

Rn. 6

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Dafür ist aber auch der Bitte des Bundesrates gefolgt worden, das Tatbestandsmerkmal des Wertänderungsrisikos im Gesetz näher zu spezifizieren. Zum Risiko des StPfl gegenläufige Ansprüche oder Ansprüche nahestehender Personen dürfen nicht dazu führen, dass sein Risiko unter den Wert von 70 % des gemeinen Wertes bei Anschaffung der Wertpapiere absinkt. Kurssicherungsgeschäfte sind also nur bis zu einem Wert von 30 % der Wertpapiere möglich.

Als gegenläufige Ansprüche kommen nach Auffassung des BMF in seinem Anwendungserlass Ansprüche aus Rechtsgeschäften insb mit Optionen und Optionsscheinen, Futures, Forwards, Aktien-Swaps oder Investmentanteile, Zertifikate oder andere Derivate in Betracht, die die Wertentwicklung einer Aktie oder mehrerer Aktien umgekehrt proportional abbilden, so dass deren Anleger bei fallenden Kursen profitieren. Da § 36a Abs 3 EStG auf das Wertänderungsrisiko von Anteilen und/oder Genussscheinen abstellt und nicht auf ein Gesamt-Depot, wird das Risiko je Einzelposition zu betrachten sein (so auch Niederwetter/Dringhausen/Kraus, FR 2020, 74 [76]). Bei einem umfangreichen und vielfältig angelegten Gesamtportfolio ergibt sich daraus eine Fülle von Einzelberechnungen, um die Auswirkungen von Kurssicherungsgeschäften (sog Hedging) beurteilen zu können. Dies wird noch einmal deutlich in den Ausführungen des BMF, wonach bei Fehlen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen den gegenläufigen Ansprüchen und den von dem StPfl gehaltenen Anteilen oder Genussscheinen die absichernde Wirkung aller gegenläufigen Ansprüche in Bezug auf den gesamten Bestand einer Anteils- oder Genussscheingattung maßgebend ist. Besteht bei Teilen des Bestandes an Anteilen oder Genussscheinen ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu bestimmten gegenläufigen Ansprüchen (zB aufgrund einer Wertpapierleihe oder eines Mikro-Hedges), so sollen diese Teile jeweils gesondert zu betrachten sein. Nur der verbleibende nicht zuordenbare Teil der Anteile oder Genussscheine und der gegenläufigen Ansprüche wäre insgesamt zu betrachten (BMF v 03.04.2017, BStBl I, 726 Rz 63). Die Umsetzung dieser Regelungen dürfte in der Praxis Einiges an Schwierigkeiten nach sich ziehen; so Kretzschmann/Schwarz. FR 2017, 223 [235].

 

Rn. 7

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Außerdem gilt diese Einschränkung nicht nur für Kurssicherungsgeschäfte des StPfl, sondern auch für Ansprüche ihm nahestehender Personen. Wer eine "nahestehende Person" ist, ergibt sich nicht aus § 36a EStG. Das BMF bezieht sich dafür auf die Definition in § 1 Abs 2 AStG. Danach ist eine wesentliche unmittelbare oder auch mittelbare Beteiligung oder ein beherrschender Einfluss im Verhältnis zwischen StPfl und nahestehender Person erforderlich. Dies gilt auch dann, wenn ein Dritter auf den StPfl und die "nahestehende Person" gleichermaßen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder an beiden wesentlich beteiligt ist. Auch für dieses Kriterium gilt wieder, dass während der gesamten Mindesthaltedauer das Mindestwertänderungsrisiko allein beim StPfl liegt. Umgehungsgestaltungen mit Hilfe verbundener Unternehmen oder im Konzern sind damit nicht möglich.

Insgesamt ist damit die ursprüngliche Regelung des Gesetzesentwurfes der BReg erheblich verschärft worden. Welche Schwierigkeiten in der praktischen Anwendung der Neuregelung entstehen werden, wird durch die 32 Seiten langen Ausführungen des BMF-Schreibens verdeutlicht.

 

Rn. 8

Stand: EL 150 – ET: 04/2021

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass nach der Rspr des BFH für den gesonderten Steuertarif auf Kapitaleinkünfte eine analoge Anw...

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