Rn. 57

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB steht einem Handelsvertreter iSv § 84 HGB zu. Danach ist Handelsvertreter, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 84 Abs 1 S 1 HGB).

Der Handelsvertreter tritt damit als ständiger Absatzmittler eines anderen Unternehmers auf. Das Erscheinungsbild ist in der Praxis sehr vielfältig. Es reicht vom großen Vertriebsunternehmer mit Marktmacht bis zum Einfirmenunternehmer mit arbeitnehmerähnlicher Stellung und Schutzbedürftigkeit. Versicherungsvertretern und Bausparkassenvertretern (§ 92 HGB) steht der Anspruch gemäß § 89b Abs 5 HGB unter gewissen Modifikationen ebenfalls zu.

 

Rn. 58

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Der Ausgleichsanspruch besteht gemäß § 89b Abs 1 S 1 HGB, wenn und soweit

  • der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
  • die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus den Geschäften mit diesem Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, dass dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht (§ 89b Abs 1 S 2 HGB).

 

Rn. 59

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Der Handelsvertreter hat einen Anspruch auf einen angemessenen Ausgleich. Dabei sind alle erheblichen Umstände zu berücksichtigen. In § 89b Abs 2 HGB ist eine Kappungsgrenze festgelegt. Danach beträgt der Ausgleich höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

 

Rn. 60

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Schuldner des Anspruchs ist der Unternehmer. Deshalb fallen Zahlungen Dritter nicht unter § 24 Nr 1 Buchst c EStG. Anderes gilt jedoch dann, wenn der Dritte die Verbindlichkeit aus § 89b HGB für den Unternehmer übernommen und somit auf Rechnung des zur Abfindung verpflichteten Geschäftsherrn geleistet hat (BFH vom 09.10.1996, XI R 71/95, BStBl II 1997, 236).

Der Anspruch entsteht nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. Auf welcher Grundlage diese Beendigung erfolgt, zB durch Zeitablauf, Kündigung oder Vertragsaufhebung, ist unerheblich. Als Vertragsbeendigung kommt auch die einvernehmliche Auswechselung des Bezirks eines Bezirkshändlers in Betracht (BFH vom 09.10.1996, XI R 71/95, BStBl II 1997, 236).

 

Rn. 61

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Unter den Voraussetzungen des § 89b Abs 3 HGB besteht der Anspruch aber nicht. Dies ist dann der Fall, wenn

  • der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
  • der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
  • aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.
 

Rn. 62

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Zahlungen des Unternehmers bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses können auf mehreren Rechtsgrundlagen beruhen. Neben Ausgleichszahlungen nach § 89b HGB können etwa Entschädigungen gemäß § 87 Abs 2 HGB für entgangene Bezirksprovisionen geleistet werden, die unter § 24 Nr 1 Buchst a EStG fallen können. Die Tatbestände des § 24 Nr 1 Buchst a und c EStG schließen sich rechtlich und wirtschaftlich aus und dürfen nicht vermischt werden (BFH vom 27.10.2015, X R 12/13, BFH/NV 2016, 898).

Auch Entschädigungen für Wettbewerbsverbote sind bei Handelsvertretern üblich (s § 90a HGB); insoweit kommt eine Steuerermäßigung nach § 24 Nr 1 Buchst b EStG iVm § 34 EStG in Betracht. Im Unterschied zu dem im Rahmen einer Betriebsveräußerung vereinbarten Wettbewerbsverbot kommt der Wettbewerbsabrede bei Beendigung eines Handelsvertretervertragsverhältnisses im Regelfall eine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung bei. Nur sie schützt den Unternehmer vor der Konkurrenz seines früheren Handelsvertreters.

Ein gesondertes Entgelt für ein iRd Beendigung des Handelsvertretervertragsverhältnisses vereinbartes Wettbewerbsverbot kann auch verdeckt vereinbart werden, wenn dessen Wert in der Ausgleichszahlung gemäß § 89b HGB seinen Niederschlag findet (BFH 02.04.2008, X R 61/06, BFH/NV 2008, 1491).

 

Rn. 63

Stand: EL 171 – ET: 02/2024

Gesamtzahlungen sind aufzuteilen. Dabei ist die Aufteilung, auf die sich die Beteiligten geeinigt hab...

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