Rn. 43

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses stimmt nicht notwendig mit dem überein, was als Dienst- oder Arbeitsverhältnis iSd Bürgerlichen Rechts, des Arbeits- oder Sozialrechts gilt, s BFH BStBl II 1979, 188; 1980, 303, s Lang, DStJG Bd 9 (1986), 15, 22ff. § 19 EStG enthält eine eigenständige Begriffsbestimmung. Zwar weisen die Bsp Gehälter, Löhne, Gratifikationen und Tantiemen auf den Hauptanwendungsfall des bürgerlichen Arbeitsverhältnisses hin. Die ebenfalls aufgeführten anderen Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zeigen aber, dass das Dienstverhältnis nicht auf den Hauptanwendungsfall beschränkt ist. Zur Eigenständigkeit des LSt-Rechts s auch BFH BStBl II 1975, 520 betreffend Schadensersatzleistung wegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung mit Anmerkung Tipke, StuW 1975, 328. Zwar wird in BSGE 20, 6, 9 festgestellt, dass die Beurteilung als selbstständige oder nichtselbstständige Arbeit "in beiden Rechtsgebieten bei richtiger Rechtsanwendung in aller Regel zu dem gleichen Ergebnis führen" würde. Tatsächlich gibt es in Einzelfällen jedoch abweichende höchstrichterliche Würdigungen durch BFH, BSG und BAG, s Schneider-Danwitz, Das Beschäftigungsverhältnis in der sozialgerichtlichen Rspr, in: Entwicklung des Sozialrechts, Aufgabe der Rspr, Festgabe aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der sozialgerichtlichen Rspr, 1984, 541. Mindestens kann die Behandlung ähnlicher Fragen im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht wertvolle Hinweise geben (BGH NJW 1987, 2751).

Entscheidungen der Sozialversicherungsträger zur ArbN-Eigenschaft kommt im Besteuerungsverfahren allenfalls in Bezug auf sozialversicherungsrechtliche Fragen Bindungswirkung zu, s BFH BFH/NV 2012, 1968. Die Tatbestandswirkung von Entscheidungen der Sozialversicherungsträger (Statusfeststellung nach § 7a SGB IV) beschränkt sich auf die sozialversicherungsrechtliche Fragestellung. Sie sind im Besteuerungsverfahren zu beachten, soweit sie nicht offensichtlich rechtswidrig sind, s BFH BStBl II 2010,703.

Liegt dem Vertragsverhältnis ein Tarifvertrag zugrunde, spricht dies für Nichtselbstständigkeit (s BFH BStBl II 1972, 617; 1972, 618 hinsichtlich nebenberuflicher Unterrichtserteilung). Gleiche Schlüsse sind aus dem Abführen von Sozialversicherungsbeiträgen möglich, s BFH BStBl II 1984, 60.

a) Zivilrechtliche Wirksamkeit

 

Rn. 44

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Ob das Dienstverhältnis bürgerlich-rechtlich wirksam begründet wurde, hat – abgesehen von Vereinbarungen unter Angehörigen, s Rn 56ff – keine wesentliche Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr die tatsächliche Gestaltung des Verhältnisses, die Verkehrsauffassung und ggf die Auffassung der beteiligten Kreise. Wie die Beteiligten das Verhältnis, in dem sie zueinander stehen, vertraglich bezeichnen, kann in Grenzfällen als Indiz ausschlaggebend sein, BFH BStBl II 1979, 414.

 

Rn. 45

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Da die bürgerlich-rechtliche Wirksamkeit nicht Voraussetzung eines Dienstverhältnisses ist, kommt es auf die Volljährigkeit des ArbN nicht an; zum Ausbildungsverhältnis mit einem minderjährigen Angehörigen s BFH BStBl II 1987, 121.

 

Rn. 46

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Auch unerlaubte Tätigkeiten – vgl §§ 40, 41 AO – können im Rahmen eines Dienstverhältnisses ausgeübt werden; für "Masseusen" FG D'dorf EFG 1979, 31; 1979, 239. Zwar sind Einnahmen einer Prostituierten regelmäßig bei den sonstigen Einkünften zu erfassen, GrS BFH BStBl III 1964, 500; BStBl II 1970, 185; BFHE 108, 103; zur USt BFH BStBl II 1987, 653. Das schließt jedoch die Annahme einer organisatorischen Eingliederung mit Weisungsgebundenheit bei Beschäftigung in einer Bar, einem Massagesalon, einer Peep-Show usw nicht aus. Ob Animierdamen, die in einer Bar auf Provisionsbasis arbeiten, ArbN sind, hält FG RP EFG 1983, 505 für ernstlich zweifelhaft; s auch FG RP EFG 1986, 299. Gegen die Annahme des BGH in NJW 1980, 2591 und NJW 1981, 2071, wonach Prostituierte in Bars regelmäßig keine ArbN seien, zu Recht FG Köln EFG 1985, 524; Bilsdorfer, DStR 1982, 78; Schöck, FR 1983, 449 und StRK Anmerkung AO 1977 § 370 R 24, 37; Brezing, NJW 1984, 1598.

 

Rn. 47

Stand: EL 167 – ET: 09/2023

Ob nebenberuflich ausgeübte Schwarzarbeit selbstständig oder nichtselbstständig ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab: BFH BStBl II 1975, 513 unter Bestätigung des FG SchlH EFG 1973, 290, der bei Bauhandwerkern insbesondere wegen freier Arbeitsgestaltung und erfolgsbestimmter Tätigkeit Selbstständigkeit angenommen hatte; anders BFH vom 11.01.1980, VI R 130/79 nv, wo ein Schreiner für sich Häuser errichtet hatte und Schwarzarbeiter unter seiner fachlichen Leitung gegen festen Lohn beschäftigt und auch bei der Bauberufsgenossenschaft angemeldet worden waren. IdR werden Schwarzarbeiter keine ArbN sein; FG D'dorf EFG 1974, 316; FG Nds EFG 1975, 477 rkr. Ausnahmen sind aber gegeben, zB wenn ein ungelernter Arbeiter dem ArbG nach dessen Weisungen zu bestimmten Zeiten im Stundenlohn hilft. Nach FG D'dorf EFG 19...

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