Rn. 108

Stand: EL 156 – ET: 02/2022

Der Begriff schriftstellerische Tätigkeit wird seit jeher entsprechend dem allg Sprachgebrauch weit ausgelegt (BFH BStBl III 1958, 316; BStBl II 1976, 192): Schriftstellerisch tätig ist, wer eigene Gedanken mit den Mitteln der Sprache schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegt (BFH BStBl II 2003, 27; 2015, 128). Insofern muss ein eigenschöpferisches Element gegeben sein. Zu nennen sind insb die Verfassung von Texten für Bücher, schöngeistige Literatur wie Romane, Biographien, Reisebeschreibungen und auch Fachliteratur (vgl BFH BStBl II 1980, 152, bejahend für eine Reisejournalistin; BFH BStBl II 1977, 459 zur Abgrenzung von einer künstlerischen Tätigkeit).

Nicht erforderlich ist, dass das Geschriebene besonderen Qualitätsanforderungen genügen, insb wissenschaftlichen oder künstlerischen Gehalt aufweisen müsste (Gestaltungshöhe, Ausdruck von Erfahrungen usw, BFH BStBl III 1962, 131; BStBl II 1971, 703 aE; 1982, 22; 1999, 215; 2002, 475; kritisch, auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten, Heuer, Die Besteuerung der Kunst, S 156f; Kempermann, FR 1992, 250, 251 mwN in Fn 21).

 

Rn. 108a

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Es gilt also nicht die Unterscheidung zwischen einem Gebrauchs- und einem Kunstzweck (BFH BStBl III 1962, 131). Weder muss der StPfl Dichter, Künstler oder Gelehrter sein, noch braucht das Geschriebene sprachlich und stilistisch gehaltvoll sein. Die Ausführungen können sich auch auf rein tatsächliche 1:1 abgebildete Vorgänge beziehen. Deshalb wird auch das Verfassen von Funkwerbetexten als freiberuflich anerkannt (BFH BStBl III 1958, 316); ebenso für Werbetexter, der ua Firmenzeitschriften und Informationsbroschüren textlich gestaltet (FG Nbg EFG 1980, 559 rkr); desgleichen bei Aufstellung eines Vorschriftenregisters (BFH BStBl III 1962, 131); Besprechung von Gerichtsurteilen (BFH BStBl II 1976, 641); ja sogar für die Herstellung von Rätseln für Zeitschriften (FG D'dorf EFG 1971, 229 rkr).

Das Verfassen und Niederschreiben von Reden kann ebenso eine schriftstellerische Tätigkeit sein (BFH BStBl II 1982, 22) wie die Aktualisierung eines Kommentars (BFH BStBl II 1993, 655), das Verfassen eines für die Öffentlichkeit bestimmten Software-Lernprogramms (BFH BStBl II 1999, 215), das Verfassen von Internet-Börsenbriefen (FG SchlH EFG 2007, 524) und Lehrbriefen (FG Thüringen EFG 2014, 1662) sowie einer Anleitung zum Umgang mit technischen Geräten (BFH BStBl II 2002, 475; FG Bre EFG 2003, 1384) und Niederlegungen eines analytischen Parlamentsstenografen (FG Nds EFG 2004, 567).

Auch der Plagiator ist schriftstellerisch tätig (FG D'dorf EFG 1983, 27 rkr), nicht jedoch der Verfasser von grafischen Darstellungen (BFH HFR 1965, 372).

Da die Qualität der Arbeit keine Rolle spielt, kann die Schriftstellerei im Bereich schriftlicher Gedankenäußerung zum Auffangtatbestand qualitativ minderer künstlerischer Tätigkeit werden (Heuer, DStR 1983, 638, 640), ebenso für nicht den Anforderungen an eine wissenschaftliche Tätigkeit entsprechende Beiträge.

 

Rn. 109

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Schriftlich für die Öffentlichkeit niederlegen bedeutet jedoch nur, dass die Gedanken des Autors in dieser – schriftlichen – Form niedergelegt sind, nicht auch, dass sie in schriftlicher Form der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Daher ist auch derjenige Schriftsteller, der in Auftragsarbeit Beiträge für die Nutzung durch Dritte verfasst.

Das gilt ebenso für einen "Ghostwriter", der für einen anderen "Schriftsteller" tätig wird (FG Ha EFG 2001, 907), wie für denjenigen, der Beiträge für Dritte (zB Rundfunk; öffentliche Vorträge) verfasst (vgl BFH BStBl III 1958, 316; BStBl II 1992, 176), aber auch für einen Werbetexter (FG Nbg EFG 1980, 599).

Auch die Nutzung elektronischer Medien genügt dem Erfordernis der Schriftlichkeit, wenn nur der Autor seine Gedanken vor der Einspeisung in das elektronische Informationssystem (zB auf seinem PC) schriftlich niedergelegt hat (vgl zur Abfassung eines elektronischen Lernprogramms BFH BStBl II 1999, 215; Wendt FR 1999, 128).

 

Rn. 110

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Für die Übersetzungstätigkeit fordert der BFH im Gegensatz zur in s Rn 108 dargestellten Regel ein besonderes eigenschöpferisches Element: Während die Übersetzung von Textbüchern für Werbefilme nicht genügen soll (BFH BStBl II 1971, 703), ist die Übersetzung von (insb lyrischen) Texten der Weltliteratur schriftstellerisch; entscheidend sei das eigenschöpferische Element, das in der Umsetzung von Form und Inhalt des Werkes darin besteht, Aussage und Atmosphäre des Werkes auch in einer anderen Sprache zum Ausdruck zu bringen (BFH BStBl II 1976, 192; FG D'dorf EFG 1983, 27 rkr).

Diese Entscheidungen harmonieren vor dem Hintergrund der in s Rn 108 wiedergegebenen Definition insofern nicht miteinander, als doch ein qualitatives Element ins Spiel kommt und unterschiedliche Entscheidungen trägt; ganz davon abgesehen, dass ein Übersetzer von Werbetexten über ein differenziertes Sprachgefühl und Sprachwitz verfüge...

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