Rn. 68

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Abfindungszahlung bei Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft

Wird der Erblasser von mehreren Personen beerbt, fällt das Vermögen des Erblassers gem § 2032 Abs 1 BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das (gesamthänderisch gebundene) Vermögen der Miterben; diese bilden in ihrer Gesamtheit zunächst eine Erbengemeinschaft (im Einzelnen Bitz, s § 15 Rn 56–57). Die Übertragung des Eigentums iRd Erbfolge selbst stellt keinen entgeltlichen Vorgang dar, da keine Gegenleistung an den Erblasser gewährt werden kann; die Miterben haben das geerbte Vermögen gemeinschaftlich gem § 6 Abs 3 EStG mit den Buchwerten fortzuführen. Besteht das geerbte Vermögen aus BV, ist die Erbengemeinschaft ein der GbR bzw der OHG (sofern ein Handelsgewerbe übernommen wird) wirtschaftlich vergleichbares Rechtsgebilde (BFH v 25.06.1984, GrS 4/82, BStBl II 1984, 751, 768). Die Miterben werden zu Mitunternehmern iSv § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG (BFH v 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 873).

 

Rn. 69

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft als Personenhandelsgesellschaft durch Aufteilung des BV stellt zivilrechtlich eine sog Naturalteilung dar. Steuerrechtlich wird sie als Realteilung bezeichnet. Die Realteilung an sich stellt, soweit die Gesellschafter untereinander keine Zahlungen leisten, dh eine Aufteilung entsprechend der Erbquoten erfolgt, keinen entgeltlichen Vorgang dar (BMF v 28.02.2006, BStBl I 2006, 228). Sie fällt daher nicht unter § 16 Abs 1 EStG (grds zur ertragsteuerlichen Beurteilung einer Erbengemeinschaft BMF v 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 mit ausführlicher Darstellung der möglichen Fallgruppen). Die Realteilung kann aber eine Betriebsaufgabe sein, für die § 16 Abs 3 EStG gilt (BFH v 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1989, 837). Die Realteilung stellt einen stpfl Vorgang dar, soweit BV durch sie zu PV wird, dh eine Entnahme fingiert wird. Alternativ wird die Realteilung – entgegen der grds einkommensteuerlichen Prinzipien – stpfl, wenn die Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung der Buchwertneutralität der Realteilung im Übrigen gem § 16 Abs 2 S 3ff nicht erfüllt sind. Letzteres erklärt sich aus der Gesetzeshistorie (gesetzliche Abschaffung der steuerneutralen Realteilung ab 1999 u teilweise Wiedereinführung ab 2001). Zu Einzelheiten s die Kommentierung zu § 16 Abs 3 EStG (s § 16 Rn 63ff (Rapp)).

Wird jedoch über die Teilung des Vermögens der Erbengemeinschaft entsprechend der Erbquote hinaus eine Ausgleichszahlung geleistet, handelt es sich im Hinblick auf diese Zahlung um einen entgeltlichen Vorgang (BMF v 14.03.2006, BStBl II 2006, 253 Tz 14ff.). Ein solcher Fall ist gegeben, wenn der Wert der erlangten Gegenstände den Wert des Erbanteils übersteigt u der begünstigte Erbe dafür einen Ausgleich an die Miterben leistet (sog Spitzenausgleich). Im Übrigen liegt (weiterhin) ein unentgeltlicher Erbvorgang vor (BFH v 05.07.1990, GrS 2/89, BStBl II 1990, 873; BFH v 28.11.1991, BStBl II 1992, 81). Der entgeltliche Teil und damit der erzielte Veräußerungsgewinn entspricht der Differenz aus dem gezahlten Ausgleich und dem anteilig darauf entfallenden Buchwert. Gleiches gilt, wenn ein Miterbe aus der Erbengemeinschaft gegen Abfindung (zB eine Barabfindungszahlung) ausscheidet u der Betrieb unter den verbleibenden Miterben bzw von einem Erben fortgeführt wird.

Auf die konkrete Art u Weise der Vereinbarung über die Gegenleistung kommt es jeweils nicht an. Diese kann rechtsgeschäftlich vereinbart sein o aufgrund testamentarischer Vfg erfolgen (BMF v 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 Tz 83). Die Gegenleistung kann auch aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs zwischen den Miterben gezahlt werden (BFH v 14.03.1996, BStBl II 1996, 310). Die Aufteilung in entgeltliche u unentgeltliche Vfg ist auch bei einem Erwerb von WG durch einen Miterben von der Erbengemeinschaft vorzunehmen (s Wacker in Schmidt, § 16 EStG Rz 609 (38. Aufl)) o wenn WG im Wege der Teilungsversteigerung erworben werden (BFH v 29.04.1992, BStBl II 1992, 727; BMF v 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 Tz 15).

Veräußernder ist jeweils dasjenige Mitglied der Erbengemeinschaft, das die Gegenleistung erhält. Die Erbengemeinschaft selbst kann nicht Veräußernder sein, da ansonsten – soweit der leistende Miterbe betroffen ist – eine Veräußerung an sich selbst gegeben wäre.

 

Rn. 70

Stand: EL 138 – ET: 09/2019

Die Erbauseinandersetzung ist ggf in mehrere Teilakte aufzuteilen: steuerneutrale Realteilung, stpfl Realteilung (Betriebsaufgabe), Veräußerung. Aufgrund der anzuwendenden Einheitstheorie ist jedoch für alle genannten Vorgänge einheitlich ein Gewinn iSd § 16 Abs 2 EStG zu ermitteln.

Die vorgenannten Grundsätze gelten entsprechend bei Mischnachlässen (Nachlass setzt sich aus BV u PV zusammen; BMF v 14.03.2006, BStBl II 2006, 80 Tz 36). Werden WG aus der Erbmasse den Miterben disproportional, also über den Wert der Erbquote hinausgehend, zugeordnet u wird hierfür keine Gegenleistung gewährt, liegt eine ausschließlich unen...

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