Rn. 2

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Übergeordnetes Ziel der Einführung des § 15a EStG war als systembasierte Strukturnorm die Durchsetzung des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (BT-Drucks 8/3648, 16 linke Spalte) durch die Einschränkung von Verlustausgleich, -vortrag oder -rücktrag bei beschränkt haftenden Kommanditisten oder durch vergleichbaren Haftungsverhältnissen (zB betroffen insbesondere sog Verlustzuweisungsgesellschaften, also zugleich Missbrauchsabwehr) ohne entsprechenden Kapitaleinsatz (betrifft inhaltlich auch "normale" mittelständische KG und nicht nur Steuerspargesellschaften), vorbehaltlich einer erweiterten Außenhaftung nach § 15a Abs 1 S 2 EStG.

Wegen der Abgrenzung zu § 15b EStG – Steuersparmodelle – s Rn 5b.

Die Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs 4 S 6–8 EStG ist subsidiär zu § 15a EStG: BMF vom 19.11.2008, FR 2009, 45 (anders als § 15b EStG: s Rn 5a).

Obwohl, wie nachfolgend dargestellt (s Rn 6 und 6b), das negative Kapitalkonto des Kommanditisten nach HGB nur anzeigt, inwieweit der Kommanditist mit anteiligen stillen Reserven haftet bzw ab wann der Kommanditist im Innenverhältnis am Gewinn in Zukunft wieder in Form eines Gewinnauszahlungsanspruchs teilzunehmen berechtigt ist, war die steuerrechtliche Anerkennung des negativen Kapitalkontos und des darauf basierenden Verlustausgleichs- und -abzugspotentials, unabhängig vom Vorhandensein zusätzlich "haftender" stiller Reserven oder der konkreten Aussicht auf künftige tätigkeitsbezogene Gewinne, in der Zeit vor Anwendung des § 15a EStG nicht strittig (s BFH BStBl II 1981, 164; BStBl III 1964, 359). Da Kommanditisten auf diese Weise Verluste aus gewerblichen Tätigkeiten auch über ihren EK-Einsatz hinaus mit Einkünften aus anderen Einkunftsquellen ausgleichen bzw iRd Verlustabzugs gemäß § 10d EStG geltend machen konnten (negative Kapitalkonten wurden nur bei typischen stillen Gesellschaftern und bei Kommanditisten vermögensverwaltender PersGes nicht anerkannt), in Höhe des negativen Kapitalkontos beim Ausscheiden aus der Gesellschaft aber nur einen nach den §§ 16, 34 EStG tariflich begünstigten Veräußerungsgewinn zu versteuern hatten (inzwischen antragsgebunden beschränkt auf vollendetes 55. Lebensjahr: § 34 Abs 3 EStG), kreierte die Steuersparbranche sog "Verlustzuweisungsgesellschaften" iF der Publikums-PersGes (zur Publikumsgesellschaft s § 15 Rn 41b (Bitz)).

Ein Definitionsversuch des Bundesrates, BR-Drucks 303/83, zum Begriff der Verlustzuweisungsgesellschaft lautete wie folgt:

Zitat

„1.2. Verlustzuweisungsgesellschaften

1.2.1 Es handelt sich hierbei um Personenzusammenschlüsse in gesellschafts- oder gemeinschaftsrechtlicher Form, deren Gegenstand insbesondere die Herstellung oder die Anschaffung eines Anlageobjekts und dessen Nutzungsüberlassung ist und an der eine Beteiligung in der Absicht erworben wird, Verluste aus den Einkunftsarten des § 2 Abs 1 Nr 1–3 EStG oder negative Einkünfte iSd § 20 Abs 1 Nr 4 oder des § 21 EStG zu erzielen. Die Kapitalanleger werden dadurch zum Beitritt zur Verlustzuweisungsgesellschaft bewogen, dass sie auf der Basis eines im Voraus gefertigten Konzepts zwecks Erzielung steuerlicher Vorteile – zumindest für eine gewisse Zeit – an den von der Gesellschaft erzielten negativen Einkünften beteiligt werden sollen. Verlustzuweisungsgesellschaften in diesem Sinne sind daher insbesondere sog gewerbliche Abschreibungsgesellschaften sowie vermögensverwaltende Gesellschaften, wenn von den Initiatoren mit negativen Einkünften geworben wird.”

In einem Beschluss vom 02.08.2007 definierte der BFH BFH/NV 2007, 2270 eine Verlustzuweisungsgesellschaft als eine Gesellschaft, deren Initiatoren selbst oder durch Dritte – meist durch Prospekt – interessierte Kapitalanleger mit dem Versprechen von ESt-Minderungen durch Verlustzuweisungen werben und nach deren Ergebnisvorschau die Kapitalanlagen regelmäßig ganz oder teilweise durch Steuerersparnisse finanziert werden, so dass das Streben nach einem Totalüberschuss von persönlichen Gründen, nämlich der Absicht der Erzielung von ESt-Ersparnissen, verdrängt wird (s BFH vom 05.07.2002, BFH/NV 2002, 1447; BFH vom 21.11.2000, BStBl II 2001, 789).

Liegt eine Verlustzuweisungsgesellschaft vor, spricht eine widerlegliche Vermutung dafür, dass für ihre Gründung und Fortführung nicht die Absicht, Gewinne zu erzielen, sondern einkommensteuerrechtlich nicht relevante persönliche Gründe bestimmend waren.

 

Rn. 3

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Gesetzgeber und FinVerw versuchten schon früh, punktuell Verlustzuweisungen zu begrenzen und durch verfahrensrechtliche Maßnahmen zu erschweren, ohne allerdings, wie erforderlich, entweder grundsätzlich

(1) die Anerkennung der gewerblichen Betätigung einer bloßen Verlustzuweisungsgesellschaft überhaupt in Frage zu stellen (erst geschehen durch § 15 Abs 2 S 2 EStG im Zuge des StEntlG 1984: s § 15 Rn 124–126 (Bitz)) bzw
(2) bei von vornherein ausgeschlossenem unternehmerischem Risiko für den Anleger durch entsprechende zeitliche Befristung der Gesellsch...

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