Rn. 56

Stand: EL 172 – ET: 04/2024

Im Falle der Erbeinsetzung liegt in vollem Umfang ein unentgeltlicher Erwerb unmittelbar vom Erblasser vor. Die Erben sind an die Buch- und Steuerwerte gemäß § 6 Abs 3 EStG gebunden. Nach § 1922 BGB geht mit dem Tod einer Person (Erbfall) deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über (Gesamtrechtsnachfolge, Gesamthandsvermögen Durchgangserwerb): § 1922 Abs 1, § 2032 Abs 1 BGB; GrS BFH vom 05.07.1990, BStBl II 1990, 837.

Anders als PersGes, die idR auf Dauer ausgelegt sind, ist die Erbengemeinschaft von vornherein auf ihre Beendigung durch Erbauseinandersetzung angelegt: BFH vom 19.01.2023, BStBl II 2023, 649 Rz 38 mwN. Ihr Zweck ist kein werbender, sondern das erhaltene Vermögen zur Befriedigung der Nachlassgläubiger und zum besten Nutzen der Miterben zu verwenden.

Die Erbengemeinschaft ist nach dem Erbfall Träger des zum Nachlass gehörenden Unternehmens als Gesamthandsgemeinschaft außerhalb des Gesellschaftsrechts (Zufallsgemeinschaft; § 2033 BGB). Die Erben werden mit dem Erbfall "geborene" Mitunternehmer iSv § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG (auch s BMF vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 Tz 3), unabhängig von der Länge des Zeitraums, über den die Erbengemeinschaft das Unternehmen weiterführt. Auch wenn die Erben das Unternehmen alsbald nach dem Erbfall abwickeln und einstellen oder es auf einen anderen übertragen, haben sie kraft Durchgangserwerbs zunächst die Eigenschaft von Mitunternehmern erlangt. Das gilt auch, falls das Unternehmen einem Miterben kraft Teilungsanordnung des Erblassers zufällt. Die Teilungsanordnung des Erblassers verpflichtet die Miterben, dem begünstigten Miterben bei der Erbauseinandersetzung das zugewiesene Unternehmen zu übertragen (§ 2048 S 1 BGB). Der begünstigte Miterbe kann nicht bereits ab dem Zeitpunkt des Erbfalls die Übertragung des zugewiesenen Unternehmens verlangen, ihm stehen vielmehr Nutzung und Lasten des zugedachten Unternehmens erst mit der Auseinandersetzung zu. Dies hat zur Folge, dass bis dahin das zugedachte Unternehmen zunächst für Rechnung und Gefahr der Erbengemeinschaft als solcher betrieben wird.

Die Erbauseinandersetzung selbst bildet, in Übereinstimmung mit dem Zivilrecht, einkommensteuerlich keine rechtliche Einheit mit dem Erbfall, sondern folgt diesem nach und ist gesondert zu betrachten (GrS BFH vom 05.07.1990, BStBl II 1990, 837). Dazu s auslegend BMF vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253.

Der Qualifizierung der Miterben als "geborene" Mitunternehmer iSd § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG von Beginn des Erbfalls an ist trotz fehlenden Abschlusses eines Gesellschaftsvertrags gemäß § 705 BGB zuzustimmen. Es liegt ein "gesellschaftsähnliches" Gemeinschaftsverhältnis vor (s Rn 23c). Beide Kriterien der Mitunternehmereigenschaft (s Rn 23b) liegen bei den Miterben vor, nämlich:

  • Mitunternehmerinitiative der Miterben ist insbesondere unter Berücksichtigung des § 2038 Abs 1 BGB zu bejahen, wonach grundsätzlich die Geschäftsführung und die Vertretung den Erben gemeinschaftlich zustehen,
  • Mitunternehmerrisiko, bestehend aus den Komponenten

    • Verlustrisiko,
    • Beteiligung an den stillen Reserven des AV einschließlich eines Geschäftswerts, zumindest im Falle der Liquidation,
    • Haftungsrisiko,

ist ebenfalls zu bejahen.

Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge wird der Betrieb im Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben (§§ 1922, 2032 BGB), die somit die objektive Möglichkeit zur Teilhabe an einer BV-Mehrung haben. Den Erben stehen als Mitinhabern des Betriebs die darin laufend (§ 2041 BGB) oder bei einer Liquidation bzw Auseinandersetzung (§§ 2042ff BGB) oder bei einer Veräußerung (§§ 2040, 2033ff BGB) anfallenden Gewinne und Verluste nach Erbquoten zu (§ 2038 Abs 2, § 743 Abs 1 BGB). Die Miterben haften auch nach außen gesamtschuldnerisch für sämtliche im Betrieb vor dem Erbfall und während der anschließenden Firmenfortführung begründeten Verbindlichkeiten (§§ 1967ff, 2058ff BGB). Allenfalls für eine Übergangsfrist von drei Monaten gibt es die erbrechtlichen Möglichkeiten der Haftungsbeschränkung auf das Nachlassvermögen gemäß § 27 HGB. Unabhängig davon reicht eine derart beschränkte Verlustbeteiligung zur Entfaltung von Mitunternehmerinitiative aus (BFH BStBl II 1987, 54/56; BFH BStBl II 1982, 59/60 mwN). Allerdings reicht es lt BMF vom 14.03.2006, BStBl I 2006, 253 Tz 9 nicht aus, wenn die Miterben innerhalb der Frist lediglich den Entschluss fassen, sich auseinanderzusetzen. Vielmehr muss innerhalb der Frist eine klare und rechtlich bindende Vereinbarung über die Auseinandersetzung und ihre Modalitäten vorliegen (Übergang von Nutzungen und Lasten für die betroffenen WG auf den Zeitpunkt des Erbfalls), und sie muss auch tatsächlich durchgeführt werden. Soweit noch eine Wertfindung erforderlich ist, kann diese jedoch auch außerhalb der Frist erfolgen. Diese Grundsätze gelten auch im Fall der Änderung der Nachlassverwaltung (BFH BStBl II 1992, 781)

Nachträgliche Einkünfte des Erblassers gemäß § 24 Nr 2 EStG fließen der Erbe...

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