Rn. 32

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Aus einkommensteuerlicher Sicht ist das Gestaltungsziel idR darauf gerichtet, dass sowohl der (Vorbehalts-)Nießbraucher (übertragender Gesellschafter) als auch der Nießbrauchbesteller (beschenkter Neu-Gesellschafter) als Mitunternehmer zu qualifizieren sind, um zu erreichen, dass die aus dem Gesellschaftsanteil erzielten Einkünfte gemäß § 15 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG beiden je anteilig zugerechnet werden (Verdoppelung der Mitunternehmerstellung). Zudem soll bei unentgeltlichem Übertrag § 6 Abs 3 EStG anwendbar sein, für den Übertrag eines Mitunternehmeranteils anerkannt, s BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291 Rz 7 (Buchwertübertragung, anders als bei Einzelunternehmen – s Rn 6 –, weiter möglich trotz BFH v 25.01.2017, BStBl II 2019, 730). Schließlich wird die Inanspruchnahme erbschaft- und schenkungsteuerlicher Vergünstigungen

gemäß § 13a Abs 1 ErbStG iVm § 13b Abs 1 Nr 2 ErbStG zusätzlich angestrebt (dazu s Rn 32c).

Hinweis auf den koordinierten Ländererlass v 02.11.2012, BStBl 2012 I, 1101 zur erbschaftsteuerrechtlich irrelevanten Sonder-BV-II-Eigenschaft des Nießbrauchsrechts.

Sonderproblematik KöMoG

Für den Fall einer Option der PersGes, an deren Gesellschaftsanteil ein mitunternehmerischer Nießbrauch besteht, zur KSt-besteuerung nach § 1a KStG (KöMoG) entsteht die Frage, ob dieser Vorgang, bei dem der Nießbrauch am zivilrechtlich weiterbestehenden PersGes-Anteil unberührt bleibt, der mitunternehmerische Nießbrauch aber wegen des steuerlich mit der Option verbundenen fiktiven Formwechsels beendet wird (wegen fehlenden Übergangs der Verwaltungsrechte, insbesondere des Stimmrechts, auf den Nießbraucher: s BFH v 18.05.2005, BStBl II 2005, 857), für den Nießbraucher steuerneutral ist oder darin steuerlich eine Aufgabe des Mitunternehmeranteils iSv § 16 EStG zu sehen ist. Veräußerungserlös wäre dann der Wert des Nießbrauchs an dem Gesellschaftsanteil. Ablehnend mit guten Argumenten Schiffers, DStZ 2022, 52, der aber einräumt, dass insoweit für die Praxis Rechtsunsicherheit besteht, so dass die Einholung einer verbindlichen Auskunft zu prüfen ist.

bda) Keine Änderung der Rechtslage durch neue BFH-Rspr aus 2017/2018?

 

Rn. 32a

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Mit Urt BFH v 25.01.2017, BStBl II 2019, 730 hat der BFH für einen Einzelbetrieb (gleich ob aktiv oder verpachtet, s BFH, aaO, Rz 58) eine Übertragung zum Buchwert gemäß § 6 Abs 3 EStG nicht mehr zugelassen – Betriebsaufgabe. Mit Urt BFH v 19.07.2018, BFH/NV 2018, 1268 Rz 36 (mit Bezug auf BFH v 01.03.2018, BStBl II 2018, 539) hat der BFH zum Übertragungs-/Erwerbszeitpunkt einer zuvor bereits bestehenden Mitunternehmerstellung des Anteilserwerbers (auch s Rn 23d) – nicht der erstmaligen Begründung der Mitunternehmerstellung! – lapidar festgestellt, dass an einem Gesellschaftsanteil jeweils nur eine Mitunternehmerstellung begründet werden könne, was Zweifel an der weiteren Zulässigkeit der doppelten Mitunternehmerstellung von Gesellschafter und (Vorbehalts-)Nießbraucher auf Basis ständiger BFH-Rspr und bis dahin geltender Auffassung der FinVerw (koordinierter Ländererlass v 02.11.2012, BStBl I 2012, 1101; s Stein, DStR 2013, 567) weckte (zu den Zweifeln auch s Hermes, Ubg 2018, 566; Bodden, BeSt 2019, 15 mwN). Nach Bode in Brandis/Heuermann § 15 EStG

Rz 250a, EL 158, bedeutet das Urt v 19.07.2018, aaO, aber nicht, dass bei einer Mitunternehmerschaft ausschließlich nur der zivilrechtliche Gesellschafter oder der wirtschaftliche Eigentümer Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen können (glA Wacker in Schmidt, § 15 EStG Rz 306, 40. Aufl; mE zutreffend, weil lt GrS des BFH v 25.06.1984, BStBl II 1984, 751 (zu V.3.b, und bb. der Begründung) dem zivilrechtlichen Gesellschafter einer PersGes wirtschaftlich gleichgestellte Personen in § 15 Abs 1 Nr 2 EStG einbezogen sind: im Ergebnis eine Erweiterung der Mitunternehmerstellung. Die Unschädlichkeit des Nießbrauchsvorbehalts am Gesellschaftsanteil für die Buchwertfortführung nach § 6 Abs 3 EStG, wenn der Nießbraucher nach der Vertragsgestaltung Mitunternehmer wird (s Rn 32bff), und implizit auch die Zulässigkeit der doppelten Mitunternehmerstellung von Nießbrauchsbesteller und Nießbrauchsberechtigtem sind unbeeinträchtigt von der vorgenannten BFH-Rspr, s BMF v 20.11.2019, BStBl I 2019, 1291, Rz 7, allerdings ein möglicherweise nur trügerische Sicherheit vermittelnd, wenn auch zu empfehlende Anträge auf verbindliche Auskunft nun wohl bearbeitet werden: s Seiler, Entwarnung bei Anteilsübertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt?, GStB 2020, 90. Auch s Stein, DStR 2021, 1679 und Bossmann, DStR 2021, 2217. Nach Bossmann, aaO, ist, auch wenn die These einer diagonalen Spaltung von Mitunternehmeranteilen oder der Anteilserweiterung vor der ständigen Rspr standhielten, bei der Nachfolgeplanung wegen der gebotenen Rechtssicherheit der kautelarjuristisch sauberen Gestaltungsalternative einer Unterbeteiligung (bzw einer Innen-GbR) der Vorzug zu geben.

bdb) Weiter geltende Rechtslage

 

Rn. 32b

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Ob der Nießbraucher ertragsteuerlich Mitunternehmer ist, bestimmt sich weniger nach der bürgerlich-rec...

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