Rn. 31b

Stand: EL 157 – ET: 04/2022

Zu den zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten (Formen) einer Nießbrauchbestellung an Gesellschaftsanteilen von PersGes werden im Wesentlichen drei Varianten (mit Untervarianten) aufgezeigt:

(1) Nießbrauchtreuhandschaft: Zeitlich begrenzte Abtretung des Gesellschaftsanteils an den Nießbraucher (zB die Ehefrau) als Treuhänder (mit Eintragung im HR) als Simulation bzw in der Funktion einer Nießbrauchbestellung, wobei der Nießbraucher die entnahmefähigen Erträge für sich behalten darf. Stammt lt Wälzholz, DStR 2010, 1786 aus Zeiten vor Anerkennung der Zulässigkeit eines Nießbrauchs am PersGes-Anteil, wird heutzutage kaum noch praktiziert und daher nachfolgend nicht mehr betrachtet; nach früher hM konnte der Nießbrauch am Anteil an einer PersGes (s Übersichten bei Petzoldt, GmbH-Rdsch 1987, 381, 383 Fn 18 und bei Biergans, DStR 1985, 327, 331 Fn 49) nämlich nur begründet werden, wenn der Nießbraucher, über die gesetzliche Gestaltung des Nießbrauchs im BGB hinausgehend, für die Dauer seines Rechts die volle Gesellschafterstellung im Innen- und Außenverhältnis mit allen Konsequenzen einnimmt. Schmidt, Festschrift für von Wallis, 359, 364 bezeichnet den Nießbraucher kraft Vollrechtsübertragung als "Gesellschafter auf Zeit". Zutreffender ist mE die Bezeichnung "Als-ob-Gesellschafter". Balke, FR 1987, 129, 130 bezeichnet die Schmidt'sche Begriffsbildung des "Gesellschafters auf Zeit" als "Etiketten-Fehlgebrauch".
(2)

Dinglich abgespaltener (echter) Nießbrauch

Der dinglich abgespaltene Nießbrauch an Gesellschaftsanteilen ist nicht ausdrücklich geregelt; es gelten vielmehr die allg Vorschriften über den Nießbrauch an Rechten entsprechend (§§ 1068ff BGB): s Wachter, DStR 2013, 1929. Infrage kommen:

(a) Die Bestellung eines Zuwendungsnießbrauchs am Gesellschaftsanteil ohne Übertragung des Gesellschaftsanteils.
(b) Vorbehaltsnießbrauch: Hier überträgt der Schenker den Gesellschaftsanteil an den Beschenkten und behält sich den Nießbrauch daran vor. Bei der Übertragung von Gesellschaftsanteilen unter Nießbrauchsvorbehalt werden die allg Regeln des Zivil- und Steuerrechts durch die Vorschriften des Gesellschaftsrechts überlagert: s Wachter, DStR 2013, 1929. Der Vorbehaltsnießbrauch am Mitunternehmeranteil bewirkt eine Aufteilung des Substanz-, Ertrags- und Herrschaftsrechts zwischen dem Nießbraucher (übertragender Gesellschafter) und dem Nießbrauchbesteller (Neu-Gesellschafter), wobei zivil- und steuerrechtlich viele Rechtsfragen noch nicht abschließend geklärt sind (zum Steuerrecht s Rn 32).

Nach Wachter, aaO, sind, mit Bezug auf BFH v 16.05.2013, BStBl II 2013, 635 (bezogen auf § 13a ErbStG vor 2009, aber mE auch darüber hinaus geltend), folgende Untertypen denk- und gestaltbar:

Vollrechtsnießbrauch:

Dabei wird der gesamte Gesellschaftsanteil belastet; alle Nutzungen stehen dem Nießbraucher zu.

Quotennießbrauch:

Beim Quotennießbrauch wird der gesamte Gesellschaftsanteil, der Gegenstand der Schenkung ist, mit dem Nießbrauch belastet. Dem Nießbraucher stehen aber (anders als beim Vollrechtsnießbrauch) nicht alle Nutzungen aus dem Anteil zu, sondern die Nutzungen werden quotal beliebig zwischen Nießbraucher und Gesellschafter aufgeteilt, idR, weil der Schenker für seine Altersversorgung die Erträge nur noch teilweise benötigt. Der Quotennießbrauch ist gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, seine Zulässigkeit ist heute aber allg anerkannt (Wachter, aaO, verweist dazu auf BGH v 06.06.2003, V ZR 392/02, ZEV 2003, 417 und Bassenge in Palandt, BGB, § 1030 BGB Rz 5, 72. Aufl 2013).

Bruchteilsnießbrauch:

Dabei wird nicht der gesamte Anteil belastet, sondern lediglich ein ideeller Bruchteil, allerdings in vollem Umfang. Der andere Bruchteil bleibt unbelastet. Der Bruchteilsnießbrauch ist gleichfalls nicht ausdrücklich geregelt, aber allg anerkannt (Wachter, aaO, verweist dazu auf § 1066 BGB analog, der unmittelbar den Nießbrauch an einem Miteigentumsanteil regelt, und Pohlmann in Münchener Kommentar – BGB, § 1068 BGB Rz 23, 6. Aufl 2013). Da dem Nießbraucher aus dem belasteten Anteil die Nutzungen insgesamt zustehen, handelt es sich insoweit um einen partiellen Vollrechtsnießbrauch mit der Folge, dass gesellschaftsrechtlich keine einheitliche Beteiligung mehr vorliegt.

Quoten-Bruchteilsnießbrauch:

Quoten- und Bruchteilsnießbrauch lassen sich auch miteinander kombinieren (Wachter, aaO, verweist dazu auf OLG Schleswig v 06.011.2008, 2 W 174/08, RNotZ 2009, 401 und MittBayNot 2009, 376). Dabei wird nur ein ideeller Bruchteil des Anteils belastet (insoweit Bruchteilsnießbrauch). Bezogen auf diesen Bruchteil stehen dem Nießbraucher die Nutzungen dann nicht insgesamt, sondern nur anteilig zu (insoweit Quotennießbrauch).

(3)

Nießbrauchbestellung nur am Gewinnstammrecht

Selbstständige Belastung nur des entnahmefähigen Gewinnanspruchs des Gesellschafters (Ertragsnießbrauch) ohne (Mit-)Verwaltungsrechte. Die Konstruktion hat keine gesetzliche Grundlage, die beabsichtigte Wirkung kann durch einen echten dinglichen Nießb...

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