Rn. 125

Stand: EL 169 – ET: 12/2023

Bei negativer Gewinnprognose lt Prüfungsschritt (1) ist stets zu prüfen, ob dennoch eine steuerlich relevante verlustbehaftete Tätigkeit vorliegt, weil

  • der Betrieb aus objektiven Gründen zur Erzielung von Gewinnen geeignet erscheint (Ausschluss von Verlustzuweisungsgesellschaften: BFH BStBl II 1991, 564; wegen der Definition s § 15a Rn 2 (Bitz)) und die Gewinnerzielung nur durch das subjektive Merkmal einer schlechten Betriebsführung beeinträchtigt ist (kommt als Erklärung für einen Verlust, zB aus Automatenaufstellung, eine fehlerhafte Totalgewinnprognose infrage (Indiz: Automatenaufbrüche und Gelddiebstähle ohne Strafanzeigen oder Reparaturrechnungen), so sind die Voraussetzungen für eine Gewinnschätzung nach § 96 Abs 1 S 2 FGO iVm § 162 AO erfüllt: BFH vom 19.03.2009, BFH/NV 2009, 1115, und
  • für die Verlusthinnahme keine persönlichen, dh steuerlich unbeachtlichen, Motive maßgebend sind (sog "subjektiver Liebhabereibegriff" seit GrS BFH BStBl II 1984, 751 unter C.IV.3.c.bb. (1); BFH BStBl II 2003, 602; BVerfG vom 18.11.1986, 1 BvR 330/86. Ein Hinweis, dass der StPfl in eine verlustbringende Tätigkeit aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt hat, sind nicht nur langjährige Verluste (im Urteilsfall von 2007–2018), sondern zusätzlich fehlende Reaktionen auf diese Verluste sowie unplausible und fehlerhafte Totalgewinnprognosen (BE zu hoch, BA zu niedrig, AfA nicht angesetzt), auch wenn der Betrieb einer Reithalle von einem gewissen Umfang nicht von vornherein in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln ist: FG Münster vom 16.02.2022, EFG 2022, 746 (zum vergleichbaren Fall einer Pferdezucht s BFH vom 27.11.2008, IV R 17/06, HFR 2009, 771 zu II.3.b. und c. der Begründung). Hinweis auf positive Einzelfälle einer Verlustanerkennung aus der Rspr unter s Rn 125b.

Schädliche persönliche Motive kommen insbesondere bei persönlichen Gründen und Neigungen (Interessen/Hobby) bzw persönlichen Beziehungen infrage, im Einzelnen:

  • Bei einer Rechtsanwaltskanzlei (Freiberuf), die entsprechend dem Wesen des Unternehmens typischerweise mit Gewinnabsicht betrieben wird (gilt analog für ebensolche Gewerbebetriebe) mit dauernden Verlusten (über 11 Jahre) infolge dauerhaft geringer Einnahmen (pa unter TEUR 10) fehlt Gewinnerzielungsabsicht wegen persönlicher Gründe (Sozialprestige, im Beruf auf dem Laufenden bleiben und eine sinnvolle Beschäftigung haben), wenn die Einnahmen ohne plausible Gründe auf niedrigem Niveau stagnieren und der StPfl seinen Lebensunterhalt aus erheblichen anderweitigen Einkünften bestreitet: BFH BStBl II 1998, 663 in Abgrenzung zu BFH BStBl II 2005, 392.
  • So auch bei einem Einzelhandel mit Seidenblumen und Gewürzkränzen, wenn für die anhaltenden Verluste vor allem familiäre Gründe und steuerliche Vorteile (zB Verlegung an den Familienwohnsitz, Beschäftigung ausschließlich eines Familienangehörigen, Nebenerwerbsbetrieb) ausschlaggebend sind: BFH BFH/NV 2000, 23, wegen weiterer Sachverhaltsaufklärung an das FG zurückverwiesen.
  • Resultiert ein andauernder Verlust aus dem nebenberuflichen Handel mit in Handarbeit hergestellten Geschenkartikeln – diese Tätigkeit ist lt BFH (BFH vom 16.07.2008, BFH/NV 2008, 1673) zudem in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln – nur aus Kosten von auch zur privaten Lebensführung genutzten WG, zB der Abschreibung des Pkw des StPfl (bzw dessen Betriebskosten), so steht das persönliche Interesse des StPfl an der Steuerersparnis und dem Hobby im Vordergrund, weil der StPfl durch die Verluste tatsächlich wirtschaftlich nicht belastet wird. Der Fall scheint klar zu sein. BFH vom 16.07.2008, BFH/NV 2008, 1673 weist ergänzend auf Kosten der Wohnung, der Kommunikationsmittel oder des Computers hin.
  • Einem nebenberuflichen (hauptberuflich Lagerist) Reiki-Lebensberater, der schon privat vorhandene WG in den Betrieb einlegt und ohne Werbung und schlüssiges Betriebskonzept tätig wird, fehlt – wegen persönlicher Neigungen als Motiv – die Gewinnabsicht: FG BdW EFG 2011, 231 rkr.
  • Übt ein pensionierter Beamter angesichts seiner erheblichen Ruhegehaltsbezüge die in seiner Wohnung betriebene Tätigkeit (hier als RA) erkennbar nur nebenberuflich aus, erzielt er angesichts seines schlechten Gesundheitszustandes und seines Alters im Verlauf von sechs Jahren nur Honorareinnahmen von gut 5 000 DM, bei BA von 72 000 DM, und hat er außer den als Aushilfskräften beschäftigten Kindern kein eigenes Personal sowie zu keinem Zeitpunkt mit betriebswirtschaftlichen Maßnahmen (zB Akquise neuer Kunden, Senkung der betrieblichen Kosten) auf die permanente Verlusterzielung reagiert, so hat er seine Rechtsanwaltstätigkeit von Anfang an ohne Gewinnerzielungsabsicht (wohl aus Statusgründen, wäre substantiiert vom FA zu untersuchen) ausgeübt: FG Mchn vom 02.08.2004, EFG 2005, 23. Im Fall eines nebenberuflichen StB s BFH BStBl II 2002, 276 und s FG Köln EFG 2010, 1411 rkr sowie dazu s Wüllenkemper, EFG 2010, 1414.
  • Ähnlich sprach der BFH einem Archite...

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