Rn. 131a

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Das StEntlG 1999/2000/2002führte durch Änderung des § 23 EStG – als Gegenfinanzierungsmaßnahme – eine Ausdehnung der steuerlichen Erfassung privater Veräußerungsgewinne im Bereich privater Grundstücksverkäufe ein (auch s vor § 1 Rn 129 (Bitz)): zum einen durch eine Verlängerung der steuerschädlichen (Spekulations-)Frist auf 10 Jahre, zum anderen durch eine Ausdehnung des Tatbestands auch auf errichtete – nicht nur angeschaffte – Gebäude.

Die 10-Jahres-Frist wurde auch für die Zeit nach 2008 für Immobilien beibehalten; s vor § 1 Rn 177 (Bitz).

Andererseits wurde die Besteuerung privater Veräußerungen begrenzt, indem in § 23 Abs 2 S 2 EStG ein Ausnahmetatbestand eingefügt wurde, wonach die Veräußerung von Grundbesitz nicht stpfl ist, wenn

  • ein Grundstück im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken verwendet wurde oder
  • ein Grundstück im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist.

Diese gesetzlichen Ausnahmetatbestände bei Selbstnutzung (wenn nicht nur sehr kurzfristig mehrfach wechselnd) verhindert mE auch die Annahme gewerblichen Grundstückshandels bei vorhergehender wesentlicher (> 50 %: s Rn 131) Selbstnutzung aufgrund von – bloßer – Rspr.

Gemäß § 23 Abs 2 S 1 EStG ist § 23 Abs 1 Nr 1 EStG grundsätzlich subsidiär gegenüber Einkünften aus gewerblichem Grundstückshandel gemäß § 15 Abs 2 EStG, "soweit" Veräußerungsgewinne zu gewerblichen Einkünften gehören. Durch die Subsidiaritätsregelung stellt sich die Frage, wie die Besteuerung iRd § 23 Abs 1 Nr 1 EStG vom vorrangigen Tatbestandsmerkmal des gewerblichen Grundstückshandels nach § 15 Abs 2 EStG abzugrenzen ist: s nachfolgend (1)–(11) und auch s Rn 132e.

Grundbesitz, der im Wesentlichen unverändert mehr als zehn Jahre im Besitz war, begründet keinen gewerblichen Grundstückshandel, weil Veräußerungen nach einer derartig langen Haltephase nach der aus § 23 Abs 1 S 1 Nr EStG erkennbaren Wertung regelmäßig privater Natur sind, eine darauf gerichtete Absicht stellt daher keine relevante Gewinnerzielungsabsicht dar: BFH v 05.04.2017, BFH/NV 2017, 1161. Bei der Überführung eines Grundstücks aus dem Anlagevermögen (AV) eines luf BV (im Urteilsfall aus mehreren Grundstücken, Stallungen, Reithallen, Außenanlagen und einem Wohnhaus bestehend) in das PV ist der Zeitraum einer langfristigen Zugehörigkeit zum AV bei der Beurteilung des erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Anschaffung und der Veräußerung von Grundstücken grundsätzlich positiv im Hinblick auf die 10-Jahres-Frist zu berücksichtigen (BFH v 27.06.2018, BFH/NV 2018, 1255 Rz 31 mit Verweis ua auf BMF v 26.03.2004, BStBl I 2004, 434, Tz 27).

Soweit Deutschland wegen inländischer Belegenheit Anwendestaat ist, findet die BFH-Rspr zum gewerblichen Grundstückshandel innerhalb des Art 13 Abs 1 OECD-MA bei beschränkt StPfl entsprechend Anwendung (wobei die Rechtsfolge des Art 13 Abs 1 der des Art 7 vorgeht), und zwar gleichermaßen für die Veräußerung von unbebauten und bebauten Grundstücken wie für die Errichtung und den Verkauf von Gebäuden auf eigenem oder fremdem Grund und Boden (s dazu die nachfolgenden Ausführungen): Wassermeyer, Kommentar DBA, Art 13 OECD-MA Rz 27, Mai 2016. Zu Einzelheiten beim Grundstückshandel mit Auslandsbezug im Inboundfall s Müller/Lucas, IWB 2021, 359.

Wegen der Einbeziehung von Grundstücksverkäufen von Inländern im Ausland als Zählobjekt s Rn 132b.

Die Unterscheidung zwischen Grundbesitz in der Vermögensverwaltung oder im Gewerbebetrieb (Grundstückshandel) erhält ihre steuerliche Bedeutung

  • aus den unterschiedlichen Steuerbelastungen, die sich für einen gewerblichen Grundstückshandel gemäß § 15 Abs 2 EStG im Gegensatz zu einer privaten Grundstücksverwaltung ergeben. Bei Gewerblichkeit unterliegen zwischenzeitliche Mieten bis zur Veräußerung und ein Immobilienveräußerungsgewinn auch nach Ablauf der 10-jährigen Spekulationsfrist (gemäß § 22 Nr 2 EStG iVm § 23 EStG maßgebend bei privater Vermögensverwaltung) der ESt und – nach Kürzung des Gewinns um einen Freibetrag von 24 500 EUR – der GewSt, die aber seit 2008 nach § 35 EStG auf die ESt bei Hebesätzen bis rd 400 % bzw ab 2020 rd 422 % voll anrechenbar ist, und zwar in Höhe des 3,8- bis 4-fachen – 2. Corona-Steuerhilfegesetz v 29.06.2020, BGBl I 2020, 1512 ab 2020 – des festgesetzten GewSt-Messbetrages: 3,8 bzw 4 x 1,055 x 3,5 = 14,03 % ESt-Anrechnung bis 2019 – bzw 14,77 % ESt-Anrechnung ab 2020 – bei 3,5 x 400 % Hebesatz = 14 % GewSt-Belastung). Oberhalb von ab 2020 rd 422 % Hebesatz oder bei gewerblichen Verlusten aus anderen Quellen gleicht § 35 EStG aber die GewSt-Mehrbelastung nicht aus. Bei höheren Hebesätzen ist es also vorteilhaft, Einkünfte aus § 23 EStG zu erzielen. In der Praxis ist bei grundstückshandelnden PersGes mit modifizierten Gewinnverteilungsregelungen wegen nicht verursachungsgerechter Zuordnung von GewSt-Messbeträgen nach § 35 EStG (s Rn 68a) bei einer evtl Anknüpf...

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