Rn. 120

Stand: EL 128 – ET: 06/2018

Der Vertreter ist unselbstständig (§ 84 Abs 2 HGB), wenn er einem Unternehmen derart eingegliedert ist, dass er den Weisungen des Unternehmens zu folgen verpflichtet ist, und zwar muss diese Unterordnung hinsichtlich Ort, Zeit, Art und Weise der Tätigkeit gegeben sein (RFH RStBl 1929, 375). Unselbstständigkeit liegt nicht vor bei Handelsvertretern iSd § 84 HGB mit typischer Agenturtätigkeit für bestimmte Bezirke, selbst wenn der Vertreter täglich seiner Firma berichten muss und diese die Verkaufspreise bestimmen kann: RFH RStBl 1942, 399; 1944, 381; StuW 1944 Nr 171. Die Bezirksstellenleiter des Nordwest Lottos werden in BFH BStBl III 1960, 349 wie nichtselbstständige Generalagenten behandelt; im Gegensatz hierzu BFH BStBl II 1968, 718für die Bezirksstellenleiter der Bremer Toto und Lotto GmbH: wie selbstständige Generalvertreter: s Rn 127a.

Wie die Parteien das Verhältnis bezeichnen, ist nicht allein entscheidend. Es ist vor allem dann nicht entscheidend, wenn sonstige wesentliche Umstände insb der tatsächlichen Gestaltung des Vertreterverhältnisses für eine andere Auffassung sprechen. Ist das nicht der Fall, dann wird man regelmäßig zu berücksichtigen haben, wie das Verhältnis im Vertrag bezeichnet worden ist, Hinweis auf s Rn 118. Man muss dann davon ausgehen, dass sich die Parteien bei der Bezeichnung etwas gedacht haben und dass insb auch die zivilrechtlichen Folgen sich danach richten sollen.

Nicht entscheidend ist die Art der Vergütung, die der Vertreter erhält. Nach FG Ka EFG 1954, 307 schließt die einem Reisevertreter neben einem Festgehalt gezahlte Umsatzprovision die Annahme eines steuerlich anzuerkennenden Angestelltenverhältnisses nicht aus. Dem ist zuzustimmen. Der Provisionsvertreter wird aber eher Gewerbetreibender als unselbstständig Tätiger sein, während es beim Vertreter mit festem Gehalt meist umgekehrt sein wird. Sehr häufig wird zu einem Fixum noch eine Provision vereinbart. Dann hängt die Beurteilung wiederum von der sonstigen tatsächlichen Vertragsgestaltung ab.

Reisende werden dabei regelmäßig als Handlungsagenten anzusehen sein, wenn sie ein eigenes Büro haben und insb die Kundenbesuche zeitlich und der Reihenfolge nach ihrem freien Entschluss überlassen bleiben. Dann hängt der Erfolg der Tätigkeit trotz vereinbartem Fixum, das lediglich eine Mindestprovision garantieren soll, in erheblichem Umfang vom Reisenden selbst ab. Im Fall BFH BStBl III 1952, 79 hat der BFH für einen Mitarbeiter im Außendienst, der nur eine Firma vertreten durfte u gegen Fixum zzgl Provision tätig war, aufgrund des Gesamtbildes Selbstständigkeit vorgenommen. Ausschlaggebend für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit mögen hier in der Tat die im Wesentlichen freie Verfügung des StPfl hinsichtlich des Arbeitsorts sowie die Vereinbarung gewesen sein, wonach den StPfl die Sorgfaltspflicht des ordentlichen Kaufmanns trifft.

Auch s FG Nbg EFG 1956, 363 betr den Verkäufer von Kfz. FG nahm aufgrund der Vertragsgestaltung: Verkaufsvermittlung, Freizügigkeit in der Zeitausnutzung, Kundenermittlung, Provision neben Fixum, kein Tage- und Übernachtungsgeldersatz, Zahlung kleiner Repräsentationsspesen aus eigener Tasche, Selbstständigkeit iSv § 84 Abs 1 HGB (freie Tätigkeits- u Arbeitsplatzgestaltung) an trotz des Arbeitsplatzes im Büro seiner Firma, Tätigkeit nur für die eine Firma, täglicher Berichterstattung, Pensionsberechtigung.

Ferner FG Freiburg EFG 1956, 147 betr einen Reisenden. FG nahm trotz erheblicher Bindungen aufgrund sog typischer Agenturtätigkeit Selbstständigkeit an, StPfl erhielt keinen Reisekostenersatz. Der Gedanke der sog typischen Agenturtätigkeit ist hier ebenso wie in BFH BStBl III 1952, 79 abzulehnen, da eine Geschäfte vermittelnde Tätigkeit ebenso gut als nichtselbstständige ausgeübt werden kann (Hinweis auf s Rn 121).

 

Rn. 121

Stand: EL 168 – ET: 10/2023

Der Spezialagent, der Versicherungsverträge vermittelt, wird wegen seiner weitgehend selbstständigen Stellung regelmäßig als Gewerbetreibender angesehen (BFH BStBl II 1978, 137). Er bleibt es dann auch, wenn er neben seiner Vermittlungstätigkeit die Schadensregulierung übernommen hat. Die Entgelte hierfür werden als Einkünfte aus selbstständiger Nebentätigkeit angesehen. So auch FG Han EFG 1955, 42 mit Hinweis auf die Abgrenzungsschwierigkeiten. Gewisse vertragliche Bindungen wie Konkurrenzverbot, Genehmigung für Drucksachen, Beachtung der durch Rundschreiben oder durch das Versicherungsblatt bekannt gegebenen Bestimmungen sowie ein Revisionsrecht des Unternehmens werden als mit Selbstständigkeit vereinbar angesehen. Auch die Inkassotätigkeit wird als Aufgabe des Spezialagenten angesehen, wobei es nicht darauf ankommt, ob die Inkassotätigkeit auf die vom Agenten selbst vermittelten Abschlüsse entfällt o nicht, vgl BFH v 12.01.1951, mitgeteilt von Kaatz, FR 1952, 10.

Auch die verwaltende Tätigkeit des sog Generalagentenkann als selbstständige gewerbliche Vertretertätigkeit ausgeübt werden. Ob sie eine solche ist, m...

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