Rn. 1

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Die Abtretung einer Forderung hat iRd § 11 EStG grundsätzlich keine Auswirkungen auf den Zufluss oder den Abfluss. Erfolgt die Abtretung zur Einziehung (Inkasso), als Sicherheitsabtretung oder erfüllungshalber oder als Vorwegabtretung, vgl dazu BFH vom 13.05.1976, IV R 83/75, BStBl II 1976, 592, erfolgen Zufluss beim neuen wie beim alten Gläubiger bzw Abfluss beim Schuldner erst bei der Zahlung des Schuldners an den neuen Gläubiger. Dies gilt selbst dann, wenn die Abtretung steuerlich unwirksam ist, vgl BFH vom 14.12.1976, VIII R 146/73, BStBl II 1977, 115; BFH vom 29.05.2001, VIII R 11/00, BFH/NV 2001, 1393 zur unwirksamen Bestellung eines Nießbrauchs an Wertpapieren.

 

Rn. 2

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Erfolgt nach der unentgeltlichen Abtretung der Forderung ein Geldeingang beim ursprünglichen Gläubiger, liegt ein Zufluss bei diesem vor, FG Nds vom 15.07.2009, 4 K 92/09, EFG 2010, 1021 (nachgehend BFH vom 06.11.2009, VIII B 187/09, BFH/NV 2010, 1409). Ist die erfüllungshalber abgetretene Forderung jedoch fällig, unbestritten und einziehbar und zieht der Zessionar die Forderung nicht ein, sondern lässt sie im eigenen Interesse stehen, sollen Abfluss bzw Zufluss auf den Zeitpunkt der Abtretung vor zu verlagern sein, BFH vom 30.10.1980, IV R 97/78, BStBl II 1981, 305; FG Nds vom 10.03.2015, 12 K 70/14: Zufluss von Arbeitslohn bereits dann, wenn dem ArbN eine bereits fällige, unbestrittene und einziehbare Forderung (Ansprüche aus einer Rückdeckungsversicherung) abgetreten wird, aA – zutreffend – Seiler in Kirchhof/Seer, § 11 EStG Rz 29 (22. Aufl): Zufluss bzw Abfluss nur dann, wenn Zahlung angeboten und willkürlich ausgeschlagen wird. Die von der Rspr vorgenommene Vorverlagerung des Abfluss- bzw Zuflusszeitpunkts widerspricht dem System der Einkünfteermittlung bei den Überschusseinkünften. Gleiches gilt für den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 103 Abs 1 SGB X, BFH vom 10.07.2002, X R 46/01, BStBl II 2003, 391; vgl auch BFH vom 09.12.2015, X R 30/14, BStBl II 2016, 624 zum Zufluss bei Erwerbsminderungsrente nach vorherigem Bezug erstattungspflichtigen Krankengelds.

 

Rn. 3

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Die Grundsätze für die rechtsgeschäftliche Abtretung gelten gleichermaßen für den gesetzlichen Forderungsübergang, zB den auf den Sozialleistungsträger gemäß § 115 Abs 1 SGB X, vgl BFH vom 16.03.1993, XI R 52/88, BStBl II 1993, 507.

 

Rn. 4

Stand: EL 166 – ET: 08/2023

Erfolgt die Abtretung (ausnahmsweise) an Erfüllungs statt, steht dies einer Zahlung gleich (§ 364 Abs 1 BGB). Deshalb liegt in dem Übergang der Verfügungsmacht über die abgetretene Forderung bereits der Abfluss eines geldwerten Vorteils beim bisherigen und der entsprechende Zufluss beim neuen Gläubiger, vgl dazu BFH vom 22.04.1966, VI 137/65, BStBl III 1966, 394; FG D'dorf vom 12.09.2000, 3 K 8148/97 E, EFG 2001, 429. Der Zufluss erfolgt mit dem Zeitwert der Forderung (BFH vom 30.10.1980, IV R 97/78, BStBl II 1981, 305 unter 1.c.; Krüger in Schmidt, § 11 EStG Rz 50 "Abtretung" (42. Aufl)). Der Schuldner muss allerdings zahlungsfähig sein, BFH vom 21.07.1987, VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224, da eine Verfügung über eine wertlose Forderung nicht als Zufluss gewertet werden kann.

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