Rn. 129

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Weitere Voraussetzung ist, dass

  • die Einkünfte im Kj zu mindestens 90 % der deutschen ESt unterliegen (sog relative Wesentlichkeitsgrenze) oder
  • die nicht der deutschen ESt unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag nach § 32a Abs 1 S 1 Nr 1 EStG nicht übersteigen (sog absolute Wesentlichkeitsgrenze).

Zweifel hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Einkunftsgrenzen wurden durch den EuGH mit der Entscheidung im Fall Gschwind (s EuGH v 14.09.1999, C-391/97, BStBl II 1999, 841) ausgeräumt. S dazu auch BFH v 15.05.2002, I R 40/01, BStBl II 2002, 660; BFH v 17.09.2007, I B 96/07, BFH/NV 2008, 205; BFH v 20.08.2008, I R 78/07, BStBl II 2009, 708.

 

Rn. 130

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

vorläufig frei

a) Relative Wesentlichkeitsgrenze (90 %)

 

Rn. 131

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Die relative Einkunftsgrenze führt dazu, dass je geringer die der deutschen ESt unterliegenden Einkünfte sind, auch der Grenzwert, der ggf die beschränkte StPfl auslöst, proportional sinkt, weil die 90 %-Grenze überschritten wurde.

 

Beispiel:

Ein StPfl, der inländische Gesamteinkünfte von 50 000 EUR erzielt, kann ausländische Einkünfte von bis zu 4 999,99 EUR beziehen, ohne dass dadurch die fiktive unbeschränkte StPfl gefährdet würde.

Hingegen darf ein StPfl mit inländisch Gesamteinkünften von 18 000 EUR im Ausland lediglich 1 799,99 EUR beziehen.

 

Rn. 132

Stand: EL 151 – ET: 06/2021

Die Einkünfteermittlung nach § 1 Abs 3 S 2 EStG erfolgt in zwei Stufen.

  • Im ersten Schritt (entsprechend einer angenommenen unbeschränkten EStPfl) ist die Summe der Welteinkünfte, dh die Summe sämtlicher Einkünfte, unabhängig davon zu ermitteln, ob sie im Inland oder Ausland erzielt wurden.
  • Im zweiten Schritt sind diese Welteinkünfte in die Einkünfte, die der deutschen ESt unterliegen, und die Einkünfte, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, aufzuteilen (zB BFH v 01.10.2014, I R 18/13, BStBl II 2015, 474).

Sowohl die Qualifikation als auch die Ermittlung der Einkünfte richten sich dabei nach deutschem ESt-Recht (Gosch in Kirchhof, § 1 EStG Rz 19); entsprechend sind Einkünfte iSv § 1 Abs 3 S 2 EStG solche iSd § 2 Abs 1 2 EStG (BFH v 20.08.2008, I R 78/07, BStBl II 2009, 708). Ohne Relevanz ist somit die Besteuerung nach dem Recht eines ausländischen Staats, insb ob die Einkünfte dort steuerfrei sind (s Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz 266).

Erträge oder Verluste solcher wirtschaftlicher Vorgänge, die nicht einem der Einkunftstatbestände des § 2 Abs 1 EStG unterstehen (und damit im Falle einer unbeschränkten StPfl im Inland nicht Teil der steuerbaren (Welt-)Einkünfte des Betroffenen sind), sind nicht in die Prüfung der Einkunftsgrenzen des § 1 Abs 3 EStG einzubeziehen (BFH v 01.10.2014, I R 18/13, BStBl II 2015, 474). Dies gilt bspw für einen nach dem Steuerrecht des ausländischen Wohnsitzstaats stpfl Nutzungswert der eigenen Wohnung (s BFH v 01.10.2014, I R 18/13, BStBl 2015, 474).

Da in die Berechnung der Einkunftsgrenzen nur solche Einkünfte einzubeziehen sind, die der deutschen ESt unterliegen, sind in Deutschland nach einem DBA von der ESt freigestellte Einkünfte nicht einzubeziehen (BFH v 20.08.2003, I R 72/02, BFH/NV 2004, 321; Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz 266).

Inländische Einkünfte, die – wie zB Dividenden und Zinsen – nach einem DBA nur der Höhe nach beschränkt besteuert werden dürfen, gelten nach § 1 Abs 3 S 3 EStG als nicht der deutschen ESt unterliegend und sind deshalb ebenfalls nicht in die Wesentlichkeitsberechnung einzubeziehen (zur Einbeziehung von der AbgSt unterliegenden Kapitaleinkünften in die Prüfung der Einkunftsgrenzen – Einbeziehung in die Welteinkünfte – nach § 1 Abs 3 S 2 EStGBFH v 12.08.2015, I R 18/14, BStBl II 2016, 201; hierzu auch Märtens, jurisPR-SteuerR 6/2016 Anm 3). Da der Wohnsitzstaat diese Einkünfte iRd dortigen unbeschränkten StPfl ebenfalls besteuern darf, soll damit letztlich eine Doppelberücksichtigung vermieden werden (s hierzu Tiede in H/H/R, § 1 EStG Rz 278). Zu beachten ist, dass die Vorschrift des § 1 Abs 3 S 3 EStG sich nur auf den vorangehenden S 2 bezieht und demzufolge allein dazu dient, die Einkunftsgrenzen des § 1 Abs 3 S 2 EStG zu berechnen (BFH v 13.11.2002, I R 67/01, BStBl II 2003, 587). Deshalb schließt § 1 Abs 3 S 3 EStG eine Einbeziehung solcher inländischer Einkünfte iSd § 49 EStG in die Veranlagung inländischer Einkünfte nach § 1 Abs 3 S 1 EStG nicht aus (s Heinicke in Schmidt, § 1 EStG Rz 60). Dabei ist wiederum das Deutschland als Quellenstaat nur beschränkt zustehende Besteuerungsrecht zu beachten (Gosch in Kirchhof, § 1 EStG Rz 27). Zur quotalen Aufteilung der rechnerischen Gesamtsteuer s BFH v 13.11.2002, I R 67/01, BStBl II 2003, 587.

Unberücksichtigt bei der Ermittlung der Einkünfte nach § 1 Abs 3 S 2 EStG bleiben zudem nicht der deutschen ESt unterliegende Einkünfte, die im Ausland nicht besteuert werden (also nach dortigem Recht nicht steuerbar oder steuerfrei sind), soweit vergleichbare Einkünfte im Inland steuerfrei sind (§ 1 Abs 3 S 4 EStG). Diese Regelung wurde mit dem JStG 2008 als Reaktion auf die Meindl-Entscheid...

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