2.1 § 4 AO (Gesetz)

• 2020

Vertrauensschutz

 

Die FinVerw ist nicht nur an die gesetzlichen Regelungen, sondern auch an den Grundsatz von Treu und Glauben gebunden. Ausfluss dieses Grundsatzes ist der Vertrauensschutz. Besteht kein Vertrauensschutz, gilt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung. Danach besteht für die FinVerw keine Bindung an die Sach- und Rechtsbehandlung in früheren Veranlagungs- und Besteuerungszeiträumen. Grundlage für einen Vertrauenstatbestand kann zum einen eine nachdrückliche Willensäußerung sein. Zum anderen kann aber auch eine sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Verwaltungspraxis zu einem Vertrauenstatbestand erstarken. Maßgebend insoweit ist ein Zeitraum von mehr als 15 Jahren. Aufgrund des Vertrauenstatbestands muss der Stpfl. disponiert haben. Das Verhalten der FinVerw muss ursächlich sein für Handlungen des Stpfl., die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Besteht ein Vertrauenstatbestand, ist die FinVerw daran gebunden. Hat der Stpfl. disponiert, kann der Vertrauensschutz nur mit Wirkung für die Zukunft beendet werden. Der Vertrauensschutz gilt solange, bis der Stpfl. nach Kenntniserlangung von der geänderten Verwaltungsauffassung umdisponiert haben kann. Eine rückwirkende Auflösung der Bindungswirkung ist nur dann möglich, wenn der Stpfl. selbst treuwidrig gehandelt hat.

(so Hendricks/Wedel, Vertrauensschutzbegründende Verwaltungspraxis, Ubg 2020, 172)

2.2 § 10 AO (Geschäftsleitung)

• 2023

Ort der Geschäftsleitung / Praxisfragen / § 10 AO

 

Ort der Geschäftsleitung ist der Ort, wo der für die Geschäftsführung maßgebliche Wille gebildet wird. Abzustellen ist hierbei auf die Tagesgeschäfte. Zu beurteilen ist dies unter Heranziehung des Unternehmensgegenstands und des Geschäftskonzepts. Der Ort der Geschäftsleitung dürfte keine feste Geschäftseinrichtung voraussetzen. Der Privatwohnsitz kann regelmäßig nicht als Ort der Geschäftsleitung angesehen werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn sich dort der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit befindet und hier auch die geschäftlichen Planungen erfolgen. Bei Auslagerung des Orts der Geschäftsleitung auf Dienstleister oder Managementgesellschaften besteht eine Vermutung dahingehend, dass der bestellte Geschäftsführer nach wie vor die Tagesgeschäfte leitet. Gelten dürfte dies insbesondere dann, wenn der Dienstleister bzw. die Managementgesellschaft weisungsunterworfen sind und damit die Letztverantwortung bei der Geschäftsführung der Gesellschaft verbleibt. In diesen Fällen kommt es regelmäßig zu einer Änderung des maßgeblichen Tagesgeschäfts. Mehrere Orte der Geschäftsleitung sind in Ausnahmefällen möglich. Auch hier dürfte es regelmäßig einen Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung geben. Anderenfalls dürfte auf den Sitz der Gesellschaft abzustellen sein. Ein faktischer Geschäftsführer dürfte regelmäßig nicht maßgebend sein für die Bestimmung des Orts der Geschäftsführung.

(so Beinert/Maucher, Ausgewählte Praxisfragen zum Ort der Geschäftsleitung, DB 2023, 219)

Geschäftsleitungsbetriebsstätte / Klarstellungen / § 10 AO

 

Grundsätzliche Fragen des Orts der Geschäftsleitung werden vielfach als ungeklärt angesehen. Dem dürfte nicht zu folgen sein. Der Regelfall einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte liegt vor bei Bestehen eigener oder angemieteter Räumlichkeiten, in denen die wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich der laufenden Geschäfte (Tagesgeschäfte) getroffen werden. Dieser Grundfall dürfte mehr als 95 % aller relevanten Lebenssachverhalte umfassen. Daneben bestehen drei weitere Sachverhaltskonstellationen, die nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen dürften. Liegt eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte im vorgenannten Sinne nicht vor, kann eine Geschäftsleitungsbetriebsstätte in den Räumen eines Dritten (Management-Gesellschaft) begründet werden. Zum einen ist dies gegeben bei Auslagerung der Geschäftsführung einschließlich der Vertretungsberechtigung auf einen Dritten. Zum anderen kommt dies in Betracht bei Auslagerung der Geschäftsführung auf einen Dritten und dessen Überwachung entweder über die Personenidentität der Geschäftsführer oder durch Personal des Auftraggebers in den Räumen des Dritten. Fehlt es an einer festen Geschäftseinrichtung, kann ausnahmsweise die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in den privaten Räumen des Geschäftsführers oder am Aufenthaltsort des Geschäftsführers zu verorten sein. Eine faktische Geschäftsführung kommt allenfalls in pathologischen Fällen in Betracht. Der faktische Geschäftsführer muss die formellen Geschäftsführer durch ein entsprechendes äußeres Auftreten verdrängen. Auch erfordert eine faktische Geschäftsführung ein zumindest konkludentes Einverständnis der Gesellschafter.

(so Töben/Schrepp, Geschäftsleitungsbetriebsstätte – Irrtümer und Klarstellungen, DStR 2023, 305)

• 2024

Ort der Geschäftsleitung bei Gesellschaften mit unternehmensleitendem Verwaltungsrat / § 10 AO

 

Unter Ort der Geschäftsleitung i.S.d. § 10 AO ist der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung zu verstehen. Abzustellen ist auf den Ort, wo der für die Geschäftsführung maßgebe...

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