Rz. 10

Das Handelsgesetzbuch verpflichtet gem. § 290 Abs. 1 HGB die gesetzlichen Vertreter aller Kapitalgesellschaften[1] mit Sitz im Inland, die als Muttergesellschaft auf mindestens ein anderes (Tochter-)Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben können, zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts. Ein herrschender Einfluss des Mutterunternehmens liegt nach § 290 Abs. 2 HGB dann vor, wenn ihm bei dem/den anderen Unternehmen

  • die Mehrheit der Stimmrechte zusteht oder
  • Organbestimmungsrechte i. V. m. der Gesellschafterstellung zustehen oder
  • vertragliche oder satzungsmäßige Beherrschungsrechte zustehen oder
  • es die Mehrheit der Chancen und Risiken (von sog. Zweckgesellschaften) trägt.
 

Rz. 11

Ausnahmen von diesen Regelungen finden sich in den §§ 291293 HGB, wonach ein Mutterunternehmen keinen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufstellen muss, wenn es selbst die Tochter eines anderen Mutterunternehmens ist oder gewisse Größenkriterien hinsichtlich der Bilanzsumme, der Umsatzerlöse und/oder der Mitarbeiterzahl unterschritten werden.[2] Der Konzernabschluss besteht aus der Konzernbilanz, der Konzern-GuV, dem Konzernanhang, der Kapitalflussrechnung und dem Eigenkapitalspiegel (§ 297 Abs. 1 Satz 1 HGB). Er kann zudem um eine Segmentberichterstattung erweitert werden (§ 297 Abs. 1 Satz 2 HGB).

 

Rz. 12

Sofern ein Unternehmen zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist, sind gem. § 316 Abs. 2 Satz 1 HGB der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht durch einen Abschlussprüfer zu prüfen.[3]

 

Rz. 13

Die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses für Mutterunternehmen, die keine Kapitalgesellschaften und auch keine Personenhandelsgesellschaften i. S. d. § 264a HGB sind, ist im Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz) geregelt.[4] So sieht § 11 Abs. 1 PublG vor, dass alle Unternehmen mit Sitz im Inland, die unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf andere Unternehmen ausüben und dabei gewisse Größenkriterien hinsichtlich der Bilanzsumme, der Umsatzerlöse und/oder der Mitarbeiterzahl nach § 1 PublG überschreiten, einen Konzernabschluss aufzustellen haben. Der Unternehmensbegriff selbst wird nicht näher spezifiziert. Es erfolgt lediglich eine negative Abgrenzung, indem in § 11 Abs. 5 PublG bestimmte Mutterunternehmen ausgeschlossen werden, die i. d. R. bereits durch andere Vorschriften zur Konzernrechnungslegung verpflichtet sind. Abgesehen von einigen in § 13 Abs. 3 PublG genannten Erleichterungen gelten die Vorschriften zur Konzernrechnungslegung und -prüfung nach dem Handelsgesetzbuch gem. § 13 Abs. 2 PublG bzw. § 14 Abs. 1 Satz 2 PublG sinngemäß.

 

Rz. 14

Die zunehmende Internationalisierung der Kapitalmärkte in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts und die damit einhergehende Verpflichtung deutscher Konzernmütter, bei einer Notierung an einer ausländischen Börse auch einen Konzernabschluss nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen aufzustellen, führte zu einer zusätzlichen Kostenbelastung für diese Unternehmen. Deshalb wurden börsennotierte Mutterunternehmen mit der Verabschiedung des KapAEG im Jahre 1998 von der Pflicht, einen Konzernabschluss und -lagebericht gem. Handelsgesetzbuch aufzustellen, befreit, sofern ein Konzernabschluss und -lagebericht nach international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen gefertigt wurden (§ 292a HGB a. F.). Diese mit dem KapCoRiLiG im Jahre 2000 nochmals erweiterte Übergangsregelung lief zum 31.12.2004 aus. An ihre Stelle trat das BilReG, mit dem die europäische IAS-Verordnung im deutschen Recht verankert wurde.[5] Seitdem sind kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen, die einen Konzernabschluss entsprechend den IFRS aufzustellen haben, von der Pflicht zur Konzernabschlusserstellung nach dem Handelsgesetzbuch weitgehend befreit (§ 315e Abs. 1 HGB). Ebenfalls von der Rechnungslegung nach handelsrechtlichen Normen entbunden sind Mutterunternehmen, die gem. § 315e Abs. 2 HGB aufgrund eines Antrags zur Zulassung zu einem organisierten Wertpapiermarkt zur Aufstellung eines IFRS-Konzernabschlusses verpflichtet sind und Mutterunternehmen, die freiwillig einen IFRS-Konzernabschluss aufstellen (§ 315e Abs. 3 HGB).

[1] Gem. § 264a Abs. 1 HGB gelten diese Bedingungen auch für die in dieser Norm beschriebenen "kapitalistischen" Personenhandelsgesellschaften. Ferner sind Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen unabhängig von ihrer Rechtsform und Größe zur Konzernrechnungslegung verpflichtet (§ 340i Abs. 1, 2 HGB bzw. §§ 341i, 341j HGB).
[2] Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 25. Aufl. 2018, S. 621 ff.
[3] Eine Darstellung des Ablaufs einer solchen Prüfung findet sich unter Rz. 46 ff.
[4] Vgl. Baetge/Kirsch/Thiele, Konzernbilanzen, 14. Aufl. 2021, S. 98 ff.

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