Befördert oder versendet ein Unternehmer einen Gegenstand von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, ohne schon einem Käufer die Verfügungsmacht an dem Gegenstand zu verschaffen, können sich für ihn in beiden Mitgliedstaaten umsatzsteuerrechtliche Konsequenzen ergeben. Bis zum 31.12.2019 waren diese Konsequenzen in der Europäischen Union nicht abgestimmt. Seit dem 1.1.2020 liegen – in Deutschland im Wesentlichen in § 6b UStG umgesetzt – harmonisierte Regelungen für alle Mitgliedstaaten vor. Da es im Zusammenhang mit den gesetzlichen Regelungen offene Fragen gegeben hatte, hat die Finanzverwaltung[1] in einem umfassenden Abschn. 6b.1 UStAE Stellung genommen und dabei auch zu einigen Problemfällen Vereinfachungsregelungen getroffen.

Vom Grundsatz her können die Ergebnisse wie folgt zusammengefasst werden:

  • Liegen die Voraussetzungen für die Konsignationslagerregelung vor (insbesondere, dass die Ware nach dem Transport in den anderen Mitgliedstaat innerhalb von 12 Monaten von dem bestimmbaren Abnehmer auch tatsächlich abgenommen worden ist), hat der liefernde Unternehmer in seinem Heimatstaat (dem Staat, in dem die Warenbewegung beginnt) eine steuerbare, aber als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfreie Lieferung. Er muss sich nicht im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen. Der Lieferer darf in seiner Rechnung nur einen Nettobetrag ausweisen.
  • Der Käufer muss in seinem Heimatstaat einen steuerbaren und i. d. R. steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen. Der Vorsteuerabzug aus der Erwerbsteuer richtet sich nach der Verwendungsabsicht.
 
Wichtig

Konsignationslagerregelung ist an diverse Voraussetzungen gebunden

Die Konsignationslagerregelung soll eine Vereinfachungsregelung für die betroffenen Unternehmer darstellen. Soweit die Bedingungen alle vorliegen, tritt dieser Vereinfachungseffekt auch ein. Allerdings sind sehr viele notwendige Voraussetzungen zu erfüllen, sodass teilweise der Vereinfachungseffekt wieder verloren geht und auf die Betroffenen nicht unerhebliche Risiken zukommen. Es muss immer – schon beim Transport des Gegenstands in den anderen Mitgliedstaat – die USt-IdNr. des vorgesehenen Erwerbers aus dem Bestimmungsmitgliedstaat vorliegen.

In Deutschland sind die Regelungen zum Konsignationslager in § 6b UStG zusammengefasst und werden durch umfangreiche Aufzeichnungsvorschriften in § 22 Abs. 4f UStG (für den liefernden Unternehmer) und § 22 Abs. 4g UStG (für den erwerbenden Unternehmer) ergänzt.

Die Regelungen des § 6b UStG lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • § 6b Abs. 1 UStG regelt die Tatbestandsvoraussetzungen. Es muss ein Gegenstand in einen anderen Mitgliedstaat befördert oder versendet werden, ohne dass einem Abnehmer schon Verfügungsmacht an dem Gegenstand verschafft worden ist. Der Abnehmer muss aber schon feststehen (Name, Anschrift, USt-IdNr. aus dem Bestimmungsmitgliedstaat) und es müssen die notwendigen Aufzeichnungen darüber geführt werden sowie die Meldungen abgegeben werden. Der liefernde Unternehmer darf in dem Bestimmungsmitgliedstaat weder Sitz noch Betriebsstätte oder Wohnsitz haben.
  • § 6b Abs. 2 UStG regelt die Rechtsfolgen. Liegen alle Voraussetzungen vor, liegt für den liefernden Unternehmer im Moment der Lieferung (Verschaffung der Verfügungsmacht) eine in seinem Heimatstaat ausgeführte steuerbare und steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vor und der Erwerber hat in diesem Zeitpunkt einen in dem Bestimmungsmitgliedstaat steuerbaren (und i. d. R. steuerpflichtigen) innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung zu unterwerfen.
  • § 6b Abs. 3 UStG setzt eine Frist fest, innerhalb der der Gegenstand an den feststehenden Abnehmer geliefert werden muss. Wird der Gegenstand nicht innerhalb von 12 Monaten nach der Beförderung oder Versendung an den feststehenden Käufer geliefert, ist am folgenden Tag ein innergemeinschaftliches Verbringen für den Unternehmer zu erfassen.
  • § 6b Abs. 4 UStG regelt die Ausnahme, dass es nicht zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen kommt, wenn der Gegenstand innerhalb der Frist von 12 Monaten wieder in den Ausgangsmitgliedstaat zurückgelangt und dies ordnungsgemäß aufgezeichnet wird.
  • § 6b Abs. 5 UStG regelt die Ausnahme, dass innerhalb der Frist von 12 Monaten der feststehende Abnehmer unter bestimmten Bedingungen gegen einen anderen Abnehmer ausgetauscht werden kann.
  • § 6b Abs. 6 UStG regelt die Rechtsfolgen bei weiteren Verstößen gegen die Konsignationslagerregelung (z. B. die Voraussetzungen entfallen, der Gegenstand gelangt aus dem Bestimmungsmitgliedstaat in das Drittland oder einen anderen Mitgliedstaat oder der Gegenstand wird zerstört oder gestohlen). Auch in diesen Fällen muss der Unternehmer – von einer Bagatellregelung abgesehen – ein innergemeinschaftliches Verbringen erfassen.
 
Wichtig

Besondere Meldepflichten

Der liefernde Unternehmer muss nicht nur umfangreiche Aufzeichnungsvorschriften beachten, er muss auch gegenüber dem BZSt die Vorgänge mel...

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