Rz. 123

[Autor/Stand] Für die suspendierte Steuererklärungspflicht besteht nach Ansicht des BGH eine Jahresgrenze. Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens suspendiert nicht die Steuererklärungspflicht bzgl. nicht verfahrensgegenständlicher Besteuerungszeiträume und Steuerarten, selbst dann nicht, wenn die Abgabe zutreffender Steuererklärungen für die nachfolgenden Veranlagungszeiträume mittelbare Auswirkungen auf das laufende Steuerstrafverfahren haben sollten. Für nachfolgende Besteuerungszeiträume sei insoweit weder die Nichtabgabe zutreffender noch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen gerechtfertigt.

 

Beispiel 1

Der Angeklagte hatte in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 01–06 nebenberufliche Honorareinnahmen nicht angegeben und die Kapitalerträge seiner Geldanlagen in Luxemburg gänzlich verschwiegen. Obwohl ihm 08 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bekannt gegeben worden war, machte er auch in den Einkommensteuererklärungen 07 und 08, die er nach Bekanntgabe der Einleitung beim FA einreichte, in gleicher Weise wie in den Vorjahren falsche Angaben.

A hat sich durch die Abgabe unrichtiger Steuererklärungen für die Jahre 07 und 08 strafbar gemacht. Obwohl er sich in einer Konfliktlage befand, durch wahrheitsgemäße Angaben seiner wirklichen Einkünfte dem FA Anhaltspunkte für die ihm in den Vorjahren zur Last gelegten Steuerdelikte zu liefern, entband ihn das nach Ansicht des BGH nicht von der Pflicht zur Abgabe von (zutreffenden) Steuererklärungen. Damit hat A eine erneute Steuerhinterziehung begangen.

 

Rz. 124

[Autor/Stand] Für die in ordnungsgemäßer Erfüllung der Steuererklärungspflichten für die Folgejahre gemachten Angaben des Stpfl., soweit sie zu einer mittelbaren Selbstbelastung für zurückliegende Besteuerungszeiträume führen, hat der BGH[3] jedoch ein strafrechtliches Verwendungsverbot anerkannt. Zumindest bzgl. dieser Erkenntnisquelle entfaltet das Verwendungsverbot Sperrwirkung:

"Das Verbot des Selbstbelastungszwanges führt daher dazu, daß die Erklärungen eines Beschuldigten, die er in Erfüllung seiner weiterbestehenden steuerrechtlichen Pflichten für nicht strafbefangene Besteuerungszeiträume und Steuerarten gegenüber den Finanzbehörden macht, allein im Besteuerungsverfahren verwendet werden dürfen. Für das laufende Strafverfahren dürfen diese Informationen, soweit sie unmittelbar oder auch mittelbar zum Nachweis einer Steuerhinterziehung für die zurückliegenden Steuerjahre führen können, nicht herangezogen werden".

[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2018
[Autor/Stand] Autor: Hilgers-Klautzsch, Stand: 01.11.2018
[3] BGH v. 12.1.2005 – 5 StR 191/04, wistra 2005, 148 = NStZ 2006, 41 m. Anm. Rogall = StV 2005, 316 unter Verweis auf Kammerbeschl. des BVerfG v. 15.10.2004 – 2 BvR 1316/04, HFR 2005, 160 = NJW 2005, 352 = wistra 2005, 175.

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