Rz. 1070

[Autor/Stand] Die Frage der Annahme und des Umfangs eines BVV ist daher auf den jeweiligen Einzelfall bezogen zu prüfen. Die folgende alphabetische Übersicht zur Rspr.-Kasuistik gibt insoweit lediglich Hinweise auf den Streitstand und verweist auf die vertiefte Darstellung m.w.N. an anderer Stelle.

Abgabenordnung

 

Rz. 1071

[Autor/Stand] Ausdrücklich gesetzlich geregelt ist ein "Verwendungsverbot" in § 393 Abs. 2 Satz 1 AO hinsichtlich solcher Tatsachen oder Beweismittel, die aus den Steuerakten bekannt werden oder die der Stpfl. der FinB vor Einleitung des Strafverfahrens oder in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens offenbart hat. Sie dürfen gegen ihn nicht zur Verfolgung von Taten verwendet werden, die keine Steuerstraftaten sind (s. § 393 Rz. 185 ff.; 228 ff.).

 

Rz. 1072

[Autor/Stand] Verstöße gegen die abgabenrechtlichen Belehrungs- und Mitteilungspflichten der § 393 Abs. 1 Satz 4, § 397 Abs. 3 AO, § 10 BpO (St) 2000 führen zu einem strafprozessualen Verwertungsverbot, s. § 393 Rz. 164 ff. m.w.N.

 

Rz. 1072.1

[Autor/Stand] Der BFH anerkennt ein steuerliches Verwertungsverbot bei Verfahrensverstößen im Rahmen einer Außen- oder Steuerfahndungsprüfung nur dann, wenn sie schwerwiegend waren oder bewusst oder willkürlich begangen wurden (s. Rz. 1173 ff.). In einer fehlenden Belehrung nach § 393 Abs. 1 Satz 4 AO oder in der Unterlassung einer Unterbrechung nach § 10 Abs. 1 Satz 3 BpO 2000 sei kein qualifizierter Verfahrensverstoß zu sehen; dies gelte auch für eine Verletzung der Unterrichtspflicht nach § 199 Abs. 2 AO[5].

– Absprache

 

Rz. 1073

[Autor/Stand] Zu Beweisverboten bei Verstößen gegen die Regelungen zur Verständigung gem. § 257c StPO s. Rz. 1274, 1279.

– Akustische Überwachung

 

Rz. 1074

[Autor/Stand] s. Lauschangriff.

– Anwesenheitsrechte

 

Rz. 1075

[Autor/Stand] Zu den Verwertungsverboten bei Verstößen gegen das Anwesenheitsrecht des Beschuldigten oder seines Verteidigers bei Ermittlungshandlungen gem. den § 168c Abs. 2, § 168d StPO s. Rz. 160, 166.

– Auskunftsverweigerungsrechte

 

Rz. 1076

[Autor/Stand] s. Belehrungspflichten – Zeugnisverweigerungsrecht (Rz. 1093 ff.).

– Aussagegenehmigung

 

Rz. 1077

[Autor/Stand] Kein Verwertungsverbot folgt aus einem Verstoß gegen das Beweisthemaverbot des § 54 StPO (fehlende Aussagegenehmigung). Die Aussage kann gleichwohl verwertet werden[11].

 

Beispiel

Der Steuerbeamte S wird in einem Steuerstrafverfahren als Zeuge vernommen. Es werden ihm u.a. auch solche Fragen gestellt, auf die sich seine Pflicht zur Amtsverschwiegenheit bezieht. Die beamtenrechtlich erforderliche Aussagegenehmigung (vgl. § 54 StPO) liegt nicht vor. – Die Aussage des S kann verwertet werden.

– Ausländische Beweisergebnisse

 

Rz. 1078

[Autor/Stand] Nähere Einzelheiten zur Verwertbarkeit von im Ausland gewonnenen Erkenntnissen sind bei § 399 Rz. 1250 ff. dargestellt.

Die Verwertbarkeit von mittels Rechtshilfe eines ausländischen Staates erlangter Erkenntnisse richtet sich nach inländischem Recht (s. Rz. 1081)[13].

Die höchstrichterliche Rspr. steht der Anerkennung eines BVV im Rechtshilferecht durchweg ablehnend gegenüber[14].

Danach können im Ausland gewonnene Beweismittel auch dann verwertet werden (z.B. Verlesung eines ausländischen Vernehmungsprotokolls), wenn Anwesenheitsrechte nicht beachtet wurden[15]. Nach dem EGMR führt im Übrigen nicht jede Verletzung von Vorschriften des nationalen Rechts über die Beweiserhebung zwingend zu einem BVV, wenn das entsprechende Verfahren trotz des Verstoßes insgesamt als fair anzusehen ist.[16]

 

Rz. 1079

[Autor/Stand] Begrenzter Rechtsschutz von Beschuldigten besteht im Rechtshilfeverkehr mit der Schweiz.

Hier hatte zunächst der BGH entschieden, dass auch der Widerruf der Rechtshilfebewilligung einer Verwertung der in der Schweiz beschlagnahmten und überlassenen Unterlagen nicht entgegensteht (s. auch Rz. 185)[18].

 

Rz. 1079.1

[Autor/Stand] Die hiergegen eingelegten Verfassungsbeschwerden wies das BVerfG ab[20]. Die Verwendung von Informationen, die in einem Rechtshilfeverfahren gegen einen Mitbeschuldigten des Beschwerdeführers von der Schweiz erlangt wurden, verletzten den Beschwerdeführer nicht in seinem Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG, wenn zwar die Schweiz die Bewilligung der Rechtshilfe nach § 72 IRG wirksam an die Bedingung der Spezialität geknüpft hat, aber weder die deutschen Gerichte noch das schweizerische Bundesamt der Justiz in der Verwertung der Informationen einen Verstoß gegen die Bedingung sehen. Im Bereich der sonstigen Rechtshilfe habe die Bedingung der Spezialität – im Gegensatz zum Auslieferungsrecht – keine gewohnheitsrechtliche Geltung erlangt. Damit ist auch in den Fällen, in denen der ersuchte Staat einer Verwertung von drittbezogenen Daten gegen den Beschuldigten ausdrücklich widersprochen hat, nicht gewährleistet, dass sich die innerstaatlichen Gerichte dieser Auffassung anschließen werden[21].

 

Rz. 1080

[Autor/Stand] Diese Rspr. zu den Anforderungen an ein BVV wegen Nichteinhaltung maßgeblicher rechtshi...

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