Rz. 875

[Autor/Stand] Siehe Rz. 114 ff. Die Frage nach dem Zeitraum, für den die Nacherklärung erfolgen muss, wird durch § 371 Abs. 1 AO eindeutig beantwortet. Danach sind alle unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart vollumfänglich offenzulegen. Die strafrechtliche Verjährung einer Steuerhinterziehung beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB i.V.m. § 369 Abs. 2 AO). Eine Selbstanzeige muss daher jedenfalls sämtliche Taten einer Steuerart für den strafrechtlichen Verjährungszeitraum von fünf Jahren umfassen. In Fällen der Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall beträgt die strafrechtliche Verjährungsfrist hingegen fünfzehn Jahre (§ 376 Abs. 1 AO), so dass folglich sämtliche Taten einer Steuerart, die in diesen Zeitraum fallen, offenzulegen sind. Zu beachten ist für nach dem 1.1.2015 abgegebene Selbstanzeigen allerdings der erweiterte Berichtigungsverbund nach § 371 Abs. 1 Satz 2 AO. Danach müssen mindestens zu allen Steuerstraftaten derselben Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre Angaben gemacht werden (zur Auslegung dieser "fiktiven Frist" s. Rz. 116 ff.). In den vorstehenden Musterbeispielen wurde insoweit jeweils unterstellt, dass 2008 das erste in diese Frist fallende Jahr ist.

 

Rz. 876

[Autor/Stand] Problematisch ist die richtige – und zweckmäßige – Bestimmung des Nacherklärungszeitraums, wenn der Stpfl. von einer Berichtigungspflicht nach § 153 AO ausgeht, aber nicht auszuschließen ist, dass die FinB von vorsätzlicher Steuerhinterziehung ausgeht. Besteht die Möglichkeit, dass die Nacherklärung von der FinB als Selbstanzeige gem. § 371 AO aufgefasst wird, ist deshalb einerseits wichtig, dass vollständige Angaben zu allen in den erweiterten Berichtigungsverbund gem. § 371 Abs. 1 AO fallenden Zeiträumen gemacht werden (im vorstehenden Muster 2008–2018). Die Selbstanzeige wäre sonst unwirksam.

 

Rz. 877

[Autor/Stand] Werden jedoch – wenngleich nur vorsorglich – Angaben zu Jahren gemacht, die nach der regulären vierjährigen Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO oder der verlängerten fünfjährigen Frist bei leichtfertiger Steuerverkürzung gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 AO bereits verjährt wären, kann dies andererseits dazu führen, dass die FinB die Erklärung von vornherein im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens prüft. Wenngleich dies ohnehin in keinem Fall ganz verhindert werden kann, kann doch durch eine entsprechende Formulierung zum Ausdruck gebracht werden, dass es sich nicht um eine Selbstanzeige i.S.d. § 371 AO handelt, sondern der Stpfl. seiner Berichtigungspflicht gem. § 153 AO nachkommt und nur vorsorglich darüber hinausgehende Angaben macht.

 

Rz. 878

 

Muster: Vorsorgliche Selbstanzeige für verjährte Zeiträume

An das

Finanzamt Köln-West

Eheleute NN

Nacherklärung von Einkünften

Steuer-Nr.

Sehr geehrte Damen und Herren,

nach Durchsicht unserer Unterlagen haben wir festgestellt, dass in den Steuererklärungen 2014–2018 folgende Einnahmen aus Provisionszahlungen versehentlich nicht erklärt worden sind:

2014: ... EUR

2015: ... EUR

2016: ... EUR

2017: ... EUR

2018: ... EUR

Höchst vorsorglich teilen wir mit, dass in den Jahren vor 2014 aus dieser Quelle jährlich Einkünfte in Höhe von ... EUR erzielt wurden. Insoweit gehen wir allerdings davon aus, dass diese Veranlagungszeiträume verjährt sind.

Mit freundlichen Grüßen

[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021
[Autor/Stand] Autor: Schauf, Stand: 01.10.2021

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