Rz. 1382

[Autor/Stand] Wer in einer Rechnung einen höheren als den geschuldeten Steuerbetrag gesondert ausweist (unrichtiger Steuerausweis), schuldet nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG den Mehrbetrag. Wer unberechtigt die Steuer ausweist, schuldet nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag (unberechtigter Steuerausweis). Die Vorschrift des § 14c UStG dient dem Ziel, Schäden am Umsatzsteueraufkommen zu verhindern, die durch die Ausstellung von Scheinrechnungen bzw. Rechnungen mit überhöht ausgewiesener Umsatzsteuer und die Geltendmachung der daraus ersichtlichen Vorsteuer entstehen. Die Norm begründet als Gefährdungstatbestand eine Ausfallhaftung des Rechnungsstellers. Dieser übernimmt durch seine Steuerschuld das von ihm herbeigeführte Risiko, dass ein Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, ohne dass dessen Voraussetzungen vorliegen.

Insoweit hat sich die Umsatzsteuerhinterziehung im Zusammenhang mit dem unberechtigten Umsatzsteuerausweis nach § 14c Abs. 2 UStG als problematisch erwiesen.

 

Beispiel

Unternehmer A stellt seinem Geschäftspartner B eine Scheinrechnung aus. B macht die darin ausgewiesene Umsatzsteuer in seiner Umsatzsteuervoranmeldung als Vorsteuer geltend. B begeht dadurch eine Umsatzsteuerverkürzung auf Zeit, zu der A Beihilfe geleistet hat. A schuldet aber gleichzeitig gem. § 14c Abs. 2 UStG die ausgewiesene Umsatzsteuer, die er aber in seiner Umsatzsteuervoranmeldung selbstredend nicht angibt. Hat damit A auch täterschaftlich eine Umsatzsteuerverkürzung begangen?

Die frühere Rspr. hielt in diesen Fällen den objektiven Tatbestand des § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO für erfüllt und sah diesbezüglich vor allem ein Vorsatzproblem. Im Ergebnis könne sich der Täter aber nicht darauf berufen, er habe die Verpflichtung zur Anmeldung der Umsatzsteuer bei Ausstellung von Scheinrechnungen und damit die Regelung des § 14c Abs. 2 UStG (§ 14 Abs. 3 UStG a.F.) nicht gekannt[2].

 

Rz. 1383

[Autor/Stand] Die Tatbestandsverwirklichung des § 370 AO wurde sodann durch den Vorlagebeschluss des BFH vom 15.10.1998[4] an den EuGH in diesen Fällen infrage gestellt. Der BFH hatte europarechtliche Bedenken im Hinblick auf den Haftungstatbestand des § 14 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 UStG a.F. Geklärt werden sollte die Frage, ob es das Gemeinschaftsrecht gebiete, die Berichtigung einer zu Unrecht in Rechnung gestellten Steuer bereits im Rahmen des Steuerfestsetzungsverfahrens zu ermöglichen (mit der Folge, dass § 14 Abs. 3 UStG a.F. gemeinschaftsrechtswidrig wäre), oder ob eine Berichtigung erst im anschließenden Billigkeitsverfahren ausreichend sei. In den der Entscheidung zugrunde liegenden Fällen hatten die ausgestellten Scheinrechnungen das Umsatzsteueraufkommen nicht gefährdet, da in einem Fall die Rechnung vor ihrer Verwendung von dem Aussteller wiedererlangt und vernichtet worden war; im anderen Fall hatte das FA durch die Selbstanzeige des Rechnungsausstellers von den Scheinrechnungen erfahren und die Vorsteuer des Rechnungsempfängers korrigiert. Das FA bestand aber in beiden Fällen nach § 14 Abs. 3 UStG a.F. auf Bezahlung der Umsatzsteuer und wollte sie auch nicht aus Billigkeitsgründen (§ 227 AO) erlassen, insb. da die Kläger bei Erstellung der Rechnungen nicht guten Glaubens gewesen seien. Der BFH hielt es für bedenklich, dass die Berichtigungsmöglichkeit vom Nachweis des guten Glaubens des Rechnungsausstellers abhinge. Damit würde Art. 21 Nr. 1 Buchst. c der 6. Richtlinie 77/388/EWG in die Nähe einer Strafvorschrift gerückt. Die endgültige Steuerbelastung hinge dann ausschließlich von einem vorwerfbaren Verhalten, also bösgläubigem Handeln ab.

 

Rz. 1384

[Autor/Stand] Der EuGH[6] entschied, dass der Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer es gebiete, dass bei rechtzeitiger und vollständiger Beseitigung der Gefährdung eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer berichtigt werden könne. Die Festlegung des Berichtigungsverfahrens hat der EuGH dabei den Mitgliedstaaten überlassen. Die Mitgliedstaaten seien nicht gehindert, die Ausstellung fingierter Rechnungen, in denen zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, als versuchte Steuerhinterziehung zu behandeln und in einem solchen Fall die nach nationalem Recht vorgesehenen Sanktionen wie Geldstrafe oder Geldbuße zu verhängen[7].

 

Rz. 1385

[Autor/Stand] Im Zuge des StÄndG 2003[9] wurde mit § 14c Abs. 2 Satz 3–5 UStG eine Berichtigungsmöglichkeit auch für den Fall des unberechtigten Umsatzsteuerausweises geschaffen. Hierzu muss der Aussteller der unzutreffenden Rechnung die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags gesondert schriftlich beantragten. In entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG kann er dann – nach Zustimmung des FA – die Berichtigung für den Besteuerungszeitraum vornehmen, in dem die Gefährdungssituation endgültig beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist nach § 14c Abs. 2 Satz 4 UStG namentlich dann beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die FinB zurückgezahlt...

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