Rz. 1231

[Autor/Stand] Scheingeschäfte und Scheinhandlungen sind nach § 41 Abs. 2 AO für die Besteuerung unerheblich. Gegenstand der Besteuerung ist vielmehr der Sachverhalt, der in Wirklichkeit vorliegt. Nach dem Grundgedanken der wirtschaftlichen Betrachtungsweise knüpft die Besteuerung an die tatsächlichen und nicht an die vorgetäuschten Gegebenheiten an[2]. Ein Scheingeschäft im steuerlichen Sinne liegt vor, wenn eine Willenserklärung einem anderem gegenüber abgegeben wird und beide Teile sich darüber einig sind, dass das Erklärte in Wirklichkeit nicht gewollt ist[3], die Rechtswirkungen des Geschäfts zwischen ihnen also gerade nicht eintreten sollen[4]. Das ist bspw. der Fall, wenn Treuhandverträge zwar formwirksam zustande kommen, faktisch aber nicht durchgeführt werden sollen[5], Arbeitsverträge nur formal abgeschlossen werden, um auf diesem Weg Mehrarbeiten für einen anderen Arbeitgeber abrechnen zu können[6], oder Rechnungsketten unter Beteiligung von Unternehmen geschaffen werden, die keine unternehmerische Tätigkeit ausüben, gegenüber den FinB aber vorspiegeln, tatsächlich Handel zu betreiben[7]. § 41 AO entspricht § 117 BGB[8]. Ein Geschäft kann nicht zugleich zivilrechtlich gewollt und steuerrechtlich nicht gewollt sein[9].

 

Beispiel 9

Präsidiumsmitglieder eines Bundesligavereins verlängern den Vertrag mit dem Lizenzfußballspieler Y. und erbringen fortan neben dem Grundgehalt zusätzliche Zahlungen. Die zusätzlichen Zahlungen erhält die Werbeagentur seines Managers für die künftige Überlassung der Vermarktungsrechte des Spielers. Von dort fließen die Gelder dem Spieler zu.

Der BGH hat die Verurteilung der Präsidiumsmitglieder wegen Hinterziehung von Lohnsteuer und wegen Beihilfe zur Hinterziehung von Einkommensteuer bestätigt. Die Überlassung der Vermarktungsrechte sei ein Scheingeschäft gewesen.

"Ein Scheingeschäft im Sinne von § 41 Abs. 2 AO [10] liegt indes vor, wenn die Parteien einverständlich den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen (vgl. BGH v. 22.10.1981 – III ZR 149/80, NJW 1982, 569; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler AO § 41 Rdn. 153). Entscheidend ist dabei, ob die Parteien zur Erreichung des erstrebten Erfolges ein Scheingeschäft für genügend oder ein ernst gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachtet haben (vgl. BGH v. 25.10.1961 – V ZR 103/60, BGHZ 36, 84, 88 mwN). Dabei sind die Interessenlage und die verfolgten wirtschaftlichen Zwecke wie auch die Frage zu berücksichtigen, ob die Beteiligten ein durch ein Scheingeschäft verdecktes Geschäft wirklich gewollt haben (vgl. Fischer aaO Rdnr. 153, 158). Diese Maßstäbe hat das Landgericht beachtet und sich aufgrund einer umfassenden Gesamtwürdigung der für und gegen ein Scheingeschäft sprechenden Umstände die Überzeugung gebildet, dass die Angeklagten eine Veräußerung der Vermarktungsrechte nicht ernstlich vorhatten, sondern den geschaffenen Schein eines solchen Vertrages zur Verschleierung der Lohnzahlung an Y. ausnutzen wollten. Der Tatrichter hat dabei nicht verkannt, dass der Erwerb von Vermarktungsrechten dem Verein auch dann von erheblichem Nutzen hätte sein können, wenn sich eine solche Investition nicht unmittelbar wirtschaftlich ausgezahlt hätte. Auch hat er bedacht, dass die erfolgte Abführung von Umsatzsteuer für einen Vollzug des Vertrages und damit für eine Ernstlichkeit des Vertragsschlusses sprechen kann. Auf der anderen Seite hat er ohne Rechtsfehler in die Gesamtabwägung eingestellt, dass Eintracht Frankfurt trotz angeblicher Exklusivrechte einerseits einem späteren, Y. betreffenden Werbevertrag des Angeklagten B. mit der Firma P. nicht entgegengetreten ist, andererseits selbst keinerlei Versuche unternommen hat, den Spieler zu vermarkten und nicht einmal die naheliegende Möglichkeit genutzt hat, den Hauptsponsor des Vereins auf eine Vermarktung Ys anzusprechen. Dabei durfte auch berücksichtigt werden, dass etwaige Vermarktungsrechte beim Transfer des Y. zum englischen Fußballverein Leeds United keine Rolle gespielt haben. Ebenso durfte das Landgericht würdigen, dass die Angeklagten durch Rück- und Vordatieren der verschiedenen Verträge den Eindruck erweckt haben, der Vertrag über eine Gehaltserhöhung und derjenige über die Übertragung der Vermarktungsrechte seien im Abstand von einem halben Jahr geschlossen worden."

 

Rz. 1232

[Autor/Stand] Zur Feststellung eines Scheingeschäfts ist also zu prüfen, ob aus der unterbliebenen Realisierung einer getroffenen Abmachung folgt, dass die Beteiligten ein ihrem erklärten Willen entsprechendes Geschäft nicht schließen und die vereinbarten Rechtsfolgen nicht herbeiführen wollten. Nach der Rspr.[12] wird der auf den Abschluss eines Scheingeschäfts gerichtete Wille der Beteiligten im Wege des Rückschlusses aus äußeren Tatsachen festgestellt, wenn die Beteiligten die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen[13]. Werden einzelne Teile der Vereinbarung ...

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