Rz. 871

[Autor/Stand] Schon durch den Wortlaut des § 370 Abs. 1 AO wird deutlich gemacht, dass mehrere Falschangaben zu einer tatbestandlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn diese verschiedenen Angaben zu einem einheitlichen Steuerhinterziehungserfolg führen. Dann liegt nur eine einzige Steuerstraftat vor, so dass §§ 52, 53 StGB keine Anwendung finden (s. Rz. 862). Ist bspw. eine Steuererklärung hinsichtlich zweier oder mehrerer Einkunftsarten unrichtig oder lückenhaft, führen diese Falschangaben zu einer einzigen unrichtigen Festsetzung der Einkommensteuer für den betreffenden Besteuerungszeitraum, so dass § 370 AO insgesamt nur einmal verwirklicht wird[2]. Gleiches gilt, wenn Zinseinnahmen eines Jahres aus mehreren ausländischen Konten nicht angegeben werden[3], bei pflichtwidriger Nichtgestellung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) mehrerer Gegenstände beim Überschreiten der Grenze zur Vermeidung des Einfuhrzolls (Art. 77 ff. UZK, s. Rz. 328; s. aber auch Rz. 904, wenn die unterlassene Angabe für unterschiedliche Abgaben bedeutsam ist) oder beim Verschweigen mehrerer Umsätze im Rahmen einer Umsatzsteuervoranmeldung[4]. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UStG entsteht die Umsatzsteuerschuld bei Besteuerung nach vereinbarten Entgelten mit dem Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in welchem die Leistungen ausgeführt wurden, also für alle in dem jeweiligen Voranmeldungszeitraum ausgeführten Leistungen zugleich. Die Tat nach § 370 AO ist folglich durch die Steuerart, die den Verkürzungserfolg kennzeichnet (s. Rz. 55), den Besteuerungszeitraum und den Stpfl. bestimmt[5].

 

Rz. 872

[Autor/Stand] In gleicher Weise verknüpft die Verpflichtung zur Anmeldung der Lohnsteuer nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO, § 41a EStG[7] bzw. zu ihrer Einhaltung und Abführung nach § 380 AO den Verstoß gegen diese Pflicht für verschiedene Arbeitnehmer hinsichtlich eines Anmeldungszeitraums (§ 41a Abs. 2 EStG) zu einer Einheit. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 EStG ist für jeden Arbeitnehmer ein Lohnkonto zu führen; nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind die Summen der einzubehaltenden und zu übernehmenden Lohnsteuer anzugeben. Bei der Teilnahme liegt entsprechend auch nur eine Beihilfetat vor, wenn sich mehrere Hilfeleistungen auf eine einzige Tat beziehen[8]. Auch die fortlaufende Förderung mehrerer Taten kann sich in der Gesamtschau als nur eine dauerhafte Beihilfehandlung darstellen[9]. Zur Annahme von Tateinheit nach § 52 StGB bei einem "uneigentlichen"Organisationsdelikt s. Rz. 912 f.

[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[2] Pelz in Leitner/Rosenau, § 370 AO Rz. 241.
[3] Vgl. BGH v. 20.5.2010 – 1 StR 577/09 Rz. 12, BGHSt 55, 180 = wistra 2010, 304; Ransiek/Hinghaus, StV 2010, 711 (712).
[4] BGH v. 21.8.1980 – 4 StR 428/80, NJW 1980, 2591; LG Hamburg v. 4.3.1987 – (50) 187/86 Ns, wistra 1988, 317 (318); Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 184.
[5] BGH v. 5.4.2000 – 5 StR 226/99, StV 2000, 477 (478).
[Autor/Stand] Autor: Ransiek, Stand: 01.08.2020
[7] Vgl. BGH v. 8.2.2011 – 1 StR 651/10 Rz. 7, BGHSt 56, 153.
[8] BGH v. 18.6.2003 – 5 StR 489/02, wistra 2003, 385; Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 183 m.w.N.
[9] BGH v. 12.3.2014 – 1 StR 605/13 Rz. 69, wistra 2014, 437.

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