a) Rechtsgrundlagen

 

Rz. 1526

[Autor/Stand] Inzwischen machen Verfahren wegen gewerbs- und bandenmäßig begangener Einfuhrdelikte einen Großteil der Revisionen beim BGH aus[2]. In der Regel handelt es sich um Taten im Zusammenhang mit der Einfuhr unversteuerter und unverzollter Zigaretten aus osteuropäischen Staaten in die EU unter Hinterziehung von Einfuhrabgaben (Zoll, Tabaksteuer, Einfuhrumsatzsteuer). Um die Hinterziehung von Alkoholsteuer geht es insb. beim Alkoholschmuggel. Auch durch unzulässige Heizölverdieselung entstehen hohe Steuerschadenssummen[3]. Neben den praktischen Beweisproblemen stellen sich für die Gerichte grundlegende Fragen der Tatbestandserfüllung, der Teilnahmestrafbarkeit und der Vermögensabschöpfung nach neuem Recht.

 

Rz. 1526.1

[Autor/Stand] Ein zusätzliches Erschwernis bilden die blankettausfüllenden Zollrechtsbestimmungen die seit Einführung des Binnenmarktes in der EU seit 1994 zunächst in dem gemeinschaftsweit geltenden Zollkodex samt Durchführungsverordnung geregelt waren (s. Rz. 542).

Das EU-Zollrecht wurde danach modernisiert[5]. Nach dem bereits 2008 verabschiedeten, aber nie angewendeten sog. modernisierte Zollkodex (MZK)[6] (s. Rz. 542) hatte die EU-Kommission bereits 2012 einen Vorschlag zu einer Modernisierung des modernisierten Zollkodex (Zollkodex der Union, UZK) eingebracht. Dieser ist am 10.10.2013 im Amtsblatt der EU veröffentlicht worden[7] und am 30.10.2013 in Kraft getreten (vgl. Art. 287 UZK). Vollständig gilt der UZK seit dem 1.5.2016 (Art. 288 UZK). Bis dahin blieben der ZK und die ZK-DVO gültig.

Hinzu kommen die nationalen Zollvorschriften (z.B. ZollVG und ZollV), die, da die EU keine eigene Strafgesetzgebungskompetenz hat (s. Rz. 543), nicht nur ergänzende[8], sondern strafbegründende Funktion haben (s. Rz. 542 und § 382 Rz. 7).

Die stufenweise Ablösung des nationalen Zollrechts über einzelne EU-VOen bis hin zum UZK hat neben terminologischen Änderungen auch entscheidenden Einfluss auf die Beurteilung strafbaren Verhaltens gehabt[9]. Frühere Rspr. ist dadurch weitestgehend überholt[10]. Die Nichtbeachtung der geänderten Zollvorschriften führte zudem zu einer Reihe von Fehlurteilen[11].

 

Rz. 1526.2

[Autor/Stand] Soweit es um die Auslegung des Unionsrechts geht, ist allein entscheidungsbefugt der EuGH[13]. Der BGH und auch der BFH sind als nationale Gerichte letzter Instanz bei Zweifelsfragen zur Vorlage verpflichtet (vgl. Art. 267 AEUV, s. auch Rz. 545 m.w.N.)[14]. Bei Verstößen ist der verfassungsrechtlich garantierte Anspruch auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verletzt[15]. Eine Vorlagepflicht besteht nach Ansicht des BVerfG in drei Fallgruppen: grds. Verkennung bzw. bewusstes Abweichen ohne Vorlagebereitschaft (in der Praxis kaum relevant) oder bei fehlender bzw. unvollständiger Rspr. zu einer Frage, wobei eine Ergänzung bzw. Fortentwicklung der Rspr. wahrscheinlich erscheint. Aber auch insoweit hätten die Fachgerichte einen "Beurteilungsspielraum", der in unvertretbarer Weise überschritten sein müsse.

 

Rz. 1527

[Autor/Stand] Gegenstand der Zollstraftaten sind Einfuhr- und Ausfuhrabgaben i.S.d. Art. 5 Nr. 20, 21 UZK, § 1 Abs. 1 Satz 3 ZollVG, die gem. § 3 Abs. 3 AO Steuern gleichgestellt sind. Damit finden die Vorschriften der §§ 369 ff. AO Anwendung. Zu näheren Einzelheiten s. auch Rz. 542, 550 ff.

 

Rz. 1527.1

[Autor/Stand] Zu den Einfuhrabgaben gehören auch die bei der Einfuhr aus Drittstaaten in die EU zu erhebenden Verbrauchsteuern, wie z.B. die Tabaksteuer (s. Rz. 1548 ff.) und die Einfuhrumsatzsteuer[18] (s. Rz. 552, 556 sowie § 381 Rz. 6 ff.)[19].

Die Verbrauchsteuergesetze (vgl. nur § 21 Abs. 2 UStG, § 22 AlkStG, s. Rz. 1550; § 21 TabStG; § 13 KaffeeStG; § 19 EnergieStG; § 17 Abs. 1 SchaumwZwStG) verweisen insofern auf die für Zölle geltenden Vorschriften (s. Rz. 556 f. und § 381 Rz. 45 f.).

 

Rz. 1527.2

[Autor/Stand] Auch die Hinterziehung von Anti-Dumpingzöllen ist strafbar, selbst wenn die entsprechenden Regelungen bereits außer Kraft getreten sind (s. Rz. 76, 561 und § 373 Rz. 22)[21].

 

Rz. 1527.3

[Autor/Stand] Das Verbringen von Waren aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland ist hingegen keine Einfuhr i.S.d. Einfuhrabgabenbegriffs (s. Rz. 1527.1). Zoll fällt dabei nicht an. Insoweit können aber deutsche Verbrauch- und Umsatzsteuer gem. § 370 Abs. 1 AO verkürzt werden. Zur Verkürzung der Verbrauchsteuern als Binnenabgaben s. Rz. 1547 ff.

 

Rz. 1528

[Autor/Stand] Die Hinterziehung von Einfuhrabgaben fällt wie jede Steuerhinterziehung unter § 370 Abs. 1–4 AO; die von einem anderen EU-Staat oder ausländischen Staat verwalteten Einfuhrabgaben[24] oder harmonisierte Umsatz- und Verbrauchsteuern sind gesondert durch § 370 Abs. 6 AO geschützt (s. Rz. 542 ff.), selbst wenn sie im Ausland hinterzogen werden, § 370 Abs. 7 AO (s. Rz. 560 ff.). Die Strafverfolgung der Verkürzung von (Umsatz-) und Verbrauchsteuern anderer EU-Mitgliedstaaten ist seit der Streichung der Sätze 3 und 4 von § 370 Abs. 6 AO durch das JStG 2010 nicht mehr von dem Erfordernis der Gegenseitig...

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