Leitsatz

Eine Forderung ist nicht schon dann uneinbringlich im Sinne des Umsatzsteuerrechts, wenn sie bestritten ist oder der Schuldner behauptet, nicht zahlen zu können. Sind Gesamtschuldner zur Zahlung verpflichtet, führt der Ausfall nur eines Schuldners (noch) nicht zur Uneinbringlichkeit.

 

Sachverhalt

Gestritten wurde um die "Ausbuchung" einer Forderung aus einer Wettbewerbsvereinbarung, die im Zusammenhang mit einem Anteilskaufvertrag geschlossen worden war. Aufgrund eines sehr komplexen bzw. zum Teil undurchsichtigen Sachverhaltes war die ursprüngliche Forderung offenbar bei dem "falschen Unternehmer" umsatzversteuert worden, statt richtigerweise bei der Konzernmutter. Die Ausbuchung der Forderung für Zwecke der Umsatzsteuer im Voranmeldungszeitraum 12/2010 wurde nach einer Umsatzsteuersonderprüfung nicht anerkannt, weil die Forderung zu diesem Zeitpunkt noch nicht uneinbringlich i. S. d. § 17 Abs. 2 UStG gewesen sei. Das Finanzamt wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Forderung in einer am 15.3.2011 beim Landgericht eingereichten Klageschrift in vollem Umfang aufrechterhalten wurde und die Klageerhebung allein nicht zur Uneinbringlichkeit führe.

Der Vertreter der Gegenseite hatte offenbar mit Schreiben vom 17.12.2010 noch angeregt, "kurzfristig in Gespräche mit dem Ziel einzutreten, eine wirtschaftlich tragfähige und insbesondere rechtlich wirksame und umsetzbare Lösung" herbeizuführen. Auch dies wertete das Finanzamt als Hinweis, dass die Forderung zumindest im Dezember 2010 noch nicht uneinbringlich gewesen ist.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg. Uneinbringlich ist eine Forderung nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH, Urteil v. 8.3.2012, V R 49/10), wenn der Anspruch auf Entrichtung des Entgelts nicht erfüllt wird und bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) jedenfalls auf absehbare Zeit nicht durchsetzen kann. Das ist nicht erst bei Zahlungsunfähigkeit der Fall, sondern auch dann, wenn der Leistungsempfänger das Bestehen der Forderung ganz oder teilweise substantiiert bestreitet und damit erklärt, dass er die Entgeltforderung ganz oder teilweise nicht bezahlen werde (vgl. auch Abschn. 17.1 Abs. 5 UStAE). Der BFH hat in der zitierten Rechtsprechung nicht entscheiden müssen, ob Uneinbringlichkeit bereits mit einem Schreiben der (dortigen) Klägerin, in dem sie "Minderungen bzw. Einbehalte" sowie eine Vertragsstrafe geltend machte, oder erst mit Klageerhebung im Folgejahr eingetreten ist. Sowohl das Sächsische FG (Urteil v. 17.3.2004, 2 K 2580/03) als auch das FG Thüringen (Urteil v. 1.12.2009, 3 K 921/07) haben aber entschieden, dass jedenfalls vor Klageerhebung (oder dem bewussten Verzicht darauf) keine Uneinbringlichkeit i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG vorliegt. Dem schließt sich das Gericht an. Die bloße erstmalige Zahlungsverweigerung oder das erstmalige Bestreiten der Forderung durch den Schuldner nach Geltendmachung durch den Gläubiger genügt insoweit nicht.

 

Hinweis

Ähnlich wie das Finanzamt hat auch das Finanzgericht offenbar berücksichtigt, dass im Streitfall die Vertreter der Gegenseite noch Gespräche mit dem Ziel angeboten hatten, eine "vernünftige Lösung" zu finden. Auch deshalb sei die Forderung zumindest Ende 2010 noch nicht uneinbringlich gewesen.

In der Praxis sollte man sich folgende Hinweise des Gerichts vergegenwärtigen:

  1. Der Unternehmer, der einen Umsatz fälschlicherweise versteuert, ist gegebenenfalls ohnehin nicht berechtigt, sich später auf Uneinbringlichkeit zu berufen. Unternehmer ist nämlich der, der den Umsatz ausgeführt hat und nicht der, bei dem er versteuert worden ist. Die Frage der zutreffenden erstmaligen Versteuerung hätte in einem Einspruchsverfahren gesondert geklärt werden müssen/können.
  2. Richten sich die Forderungen gegen (zwei) Gesamtschuldner, bedeutet allein der Ausfall eines Schuldners nicht, dass die Forderung ausgefallen ist, weshalb auch nicht zwangsläufig von Uneinbringlichkeit auszugehen ist.

Aber: Nach Abschnitt 17.1 Abs. 5 Satz 4 UStAE kommt eine Forderungsberichtigung wegen Uneinbringlichkeit auch in Betracht, wenn der Leistungsempfänger das Bestehen oder die Höhe des vereinbarten Entgelts substantiiert bestreitet. Dies ist zeitlich betrachtet natürlich in der Regel bereits vor einer Klageerhebung der Fall, weshalb Entgeltberichtigungen wegen Uneinbringlichkeit auch ohne Klageerhebung möglich sein müssen (vgl. zum Begriff der Uneinbringlichkeit Schwarz, in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 17 UStG Rz. 7.1.2, Stand: 11.08.2010).

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 03.06.2014, 2 K 1058/13

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