Leitsatz

1. Eine Rücklage nach § 6b EStG darf vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirtschaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden.

2. Ein Veräußerungsgewinn, der in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt überführt werden, in dem der Abzug ­von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs vorgenommen wird (Bestätigung von R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR).

 

Normenkette

§ 6b Abs. 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 sowie Abs. 7, § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 6 Abs. 3 und Abs. 5 Satz 1, § 6c Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG, § 8b Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 EStDV, § 163 Satz 1 AO, § 102 FGO

 

Sachverhalt

Im Wirtschaftsjahr 2005/2006 erzielten die Eltern des Klägers in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb aus Grundstücksverkäufen einen Gewinn. In Höhe dieses Veräußerungsgewinns bildeten sie eine Rücklage gemäß §§ 6b Abs. 3 Satz 1, 6c Abs. 1 Satz 1 EStG, die sie nach § 6c Abs. 1 Satz 2 EStG in ihrer Gewinn­ermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr auf den 30.6.2006 als Betriebsausgabe abzogen.

Am 30.12.2006 übertrugen die Eltern des Klägers ihren landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich auf den Kläger, der den Gewinn weiterhin gemäß § 4 Abs. 3 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr ermittelte.

In ihrer Sonderbilanz bei der KG auf den 31.12.2006 wiesen die Eltern des Klägers die ursprünglich in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG aus. Im Sonderbetriebsvermögen befand sich außerdem ein Grundstück, auf dem die Eltern des Klägers ein Sechsfamilienhaus errichten ließen.

Das Sechsfamilienhaus wurde im Juni 2007 fertiggestellt und in der Sonderbilanz der Eltern des Klägers auf den 5.7.2007 bilanziert. Die Rücklage wurde in voller Höhe auf die Herstellungskosten des Sechsfamilienhauses übertragen. Das Grundstück und das darauf errichtete Sechsfamilienhaus überließen die Eltern des Klägers unentgeltlich an die KG.

Noch im Juli 2007 übertrugen die Eltern des Klägers aus ihrem Sonderbetriebsvermögen das unentgeltlich an die KG überlassene, mit dem Sechsfamilienhaus bebaute Grundstück auf eine GbR, an der der Kläger und seine Geschwister jeweils mit einem Drittel beteiligt waren. Die GbR übernahm ein im Sonderbetriebsvermögen der Eltern gehaltenes Darlehen und führte die unentgeltliche Überlassung des Grundstücks an die KG fort.

Im Rahmen einer bei der KG durchgeführten Außenprüfung erkannte die Prüferin die Rücklage nach § 6b EStG in der Sonderbilanz der Eltern des Klägers auf den 31.12.2006 nicht an. Das FA erhöhte daraufhin bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr (2009) die Einkünfte des Klägers aus Land- und Forstwirtschaft um die Hälfte des Gewinns aus der Auflösung der Rücklage zuzüglich Gewinnzuschlag. Das FG gab der hiergegen nach erfolglosem Vor­verfahren erhobenen Klage statt (FG Münster, Urteil vom 13.5.2016, 7 K 716/13 E, Haufe-Index 9486857, EFG 2016, 1164).

 

Entscheidung

Auf die Revision des FA hob der BFH die Vorentscheidung aus den in den Praxis-Hinweisen erläuterten Gründen auf und wies die Klage ab.

 

Hinweis

1. Die Eltern des Klägers konnten die in der landwirtschaftlichen Mitunternehmerschaft zunächst "ordnungsgemäß"gebildete § 6b-EStG-Rücklage entgegen der Auffassung des FG nicht in ihr Sonderbetriebsvermögen bei der KG übertragen und sie dementsprechend dort auch nicht in ihrer Sonderbilanz auf den 31.12.2006 ausweisen.

2. Zwar erlaubt § 6b EStG grundsätzlich den Abzug eines dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veräußerungsgewinns nicht nur betriebs-, sondern auch gesellschafterbezogen; also auch von den Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Steuerpflichtigen sowie in Höhe des auf den Steuerpflichtigen entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer (anderen) Personengesellschaft, an der der Steuerpflichtige (ebenfalls) als Mitunternehmer beteiligt ist (zur sog. gesellschafterbezogene Betrachtungsweise z.B.: BFH, Urteil vom 9.9.2010, IV R 22/07, BFH/NV 2011, 31, Rz. 17, m.w.N.; BFH, Urteil vom 9.11.2017, IV R 19/14, BFH/NV 2018, 427).

Keine Übertragung bei fehlender Wirtschaftsgut-Eigenschaft

Die Rücklage nach § 6b EStG ist kein Wirtschaftsgut. Eine Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG ist folglich nicht möglich.

3. Dem Abzug stand im Streitfall aber entgegen, dass sich zum Bilanzstichtag am 31.12.2006 in dem Sonderbetriebsvermögen der Eltern des Klägers bei der KG kein (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut befand, von dessen Anschaffungs- und Herstellungskosten sie die Rücklage hätten abziehen können. Eine isolierte Übertragung der Rücklage in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen ohne (gleichzeitigen) Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines begünstigten Wirts...

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