Leitsatz

Die Erschließung einer öffentlichen Straße steht nicht im räumlich-funktionalen Zusammenhang zum Haushalt des Steuerpflichtigen, der auf Grund öffentlich-rechtlicher Verpflichtung zum Erschließungsbeitrag herangezogen wird.

 

Normenkette

§ 35a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger wohnen in ihrem Eigenheim im C‐Weg, einer zunächst unbefestigten Sandstraße. Die Gemeinde B gab Ende August 2014 den geplanten Ausbau des C‐Wegs bekannt. Mit "Vorausleistungsbescheid" von Mai 2015 zog die Gemeinde die Kläger für die Finanzierung des beitragsfähigen Erschließungsaufwands i.H.v. 3.267,05 EUR heran. Zur Begründung führte die Gemeinde aus, der C‐Weg werde als Mischverkehrsfläche mit einer Asphaltbahn in einer Breite von 3,50 m, einem angepflasterten Bereich in einer Breite von 1,20 m und Straßenbegleitgrün erstmalig grundhaft hergestellt. In ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr beantragten die Kläger u.a., die Hälfte des Erschließungsbeitrags, mithin 1.633,53 EUR, als geschätzten Lohnkostenanteil gemäß § 35a EStG zu berücksichtigen. Das FA berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen nicht. Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das FG ab (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.10.2017, 3 K 3130/17, Haufe-Index 11382338, EFG 2018, 42).

 

Entscheidung

Die Revision der Kläger hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Gemäß § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG ermäßigt sich auf Antrag die tarifliche ESt für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs‐, Erhaltungs‐ und Modernisierungsmaßnahmen um 20 %, höchstens um 1.200 EUR. Nach § 35a Abs. 5 Satz 2 EStG gilt die Ermäßigung nur für Arbeitskosten.

a) Handwerkerleistungen sind einfache wie auch qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs‐ und Modernisierungsmaßnahmen handelt. Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden (zu Beispielen s. BFH, Urteil vom 20.3.2014, VI R 56/12, BFH/NV 2014, 1148, BFH/PR 2014, 308).

b) Da nach allgemeiner Meinung nicht erforderlich ist, dass der Leistungserbringer in die Handwerksrolle eingetragen ist, kann auch die öffentliche Hand steuerbegünstigte Handwerkerleistungen erbringen. Auf welcher Rechtsgrundlage die öffentliche Hand die Kosten (z.B. Heranziehungsbescheid, öffentlich-rechtlicher Vertrag) erhebt, ist insoweit ebenso unerheblich wie der Umstand, ob diese Leistung "eigenhändig" oder durch einen von ihr beauftragten bauausführenden Dritten erbracht wird (BFH, Urteil vom 21.2.2018, VI R 18/16, BFH/NV 2018, 855, BFH/PR 2018, 209; zur Begünstigung von Maßnahmen der öffentlichen Hand, die nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden, siehe nunmehr auch: BMF, Schreiben vom 1.9.2021, IV C 8-S 2296-b/21/10002:001).

c) Die Handwerkerleistung muss ferner "in"einem – in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden – Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden (§ 35a Abs. 4 Satz 1 EStG). Dabei legt der erkennende Senat den Begriff "im Haushalt"räumlich-funktional aus. Deshalb werden die Grenzen des Haushalts i.S.d. § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht ausnahmslos – unabhängig von den Eigentumsverhältnissen – durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (BFH, Urteil vom 21.2.2018, VI R 18/16, BFH/NV 2018, 855, BFH/PR 2018, 209).

2. Nach diesen Grundsätzen ist das FG zu Recht davon ausgegangen, der für die Herstellung des vormals als Sandstraße vorhandenen C‐Wegs erhobene beitragsfähige Erschließungsaufwand sei nach § 35a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 EStG nicht begünstigt.

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei den streitgegenständlichen Arbeiten um eine – wie das FG meint – Modernisierungsmaßnahme i.S.d. § 35a Abs. 3 Satz 1 EStG handelte. Denn die Vorausleistung des Erschließungsbeitrags wurde von den Klägern für die erstmalige grundhafte Herstellung des C‐Wegs in Form einer Mischverkehrsfläche mit Asphaltbahn nebst angepflastertem Bereich und Straßenbegleitgrün erhoben.

b) Dies kann jedoch dahinstehen. Denn die streitbefangenen Arbeiten an der Straße sind – im Gegensatz zu solchen an einer individuellen Grundstückszufahrt ab der Abzweigung von der eigentlichen Straße – nicht grundstücks‐ und damit nicht haushaltsbezogen. Denn Leistungen im allgemeinen Straßenbau kommen nicht nur dem einzelnen Grundstückseigentümer, sondern allen Nutzern zugute. Dass der Straßenbau auch für den einzelnen Grundstückseigentümer "wirtschaftlich vorteilhaft" ist, ...

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