Leitsatz

Wird die Auszahlung einer Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit über mehr als zwei Veranlagungszeiträume gestreckt, liegen außerordentliche Einkünfte selbst dann nicht vor, wenn die Hauptzahlung bereits im ersten Veranlagungszeitraum zufließt.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige war Mitgesellschafterin einer GmbH, von der sie am 31.12.1999 eine Pensionszusage erhielt. Sie schied am 31.12.2016 nach Erreichen des Pensionsalters aus dem Dienst der GmbH aus. Die Auszahlung der Kapitalleistung in Höhe von 543.000 EUR erfolgte mit 473.000 EUR im Jahr 2017, in Höhe von 41.000 EUR im Jahr 2018, in Höhe von 24.000 EUR im Jahr 2019 und in Höhe von 5.000 EUR im Jahr 2020.Während die Steuerpflichtige die ermäßigte Besteuerung nach § 34 Abs. 2 EStG beantragte, lehnte das Finanzamt dies ab, da die Auszahlung in mehreren Teilbeträgen und in mehreren Veranlagungszeiträumen erfolgte.

 

Entscheidung

Das FG wies die nach erfolglosem Einspruch eingelegte Klage ab. Es entschied, dass typischerweise dann keine außerordentlichen Einkünfte vorliegen, wenn eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit in zwei Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.

Ausnahmsweise ist § 34 Abs. 1 EStG trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen auch dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Leistung in einem Betrag ausgezahlt wird oder wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Teilleistung bedingen und bei Nichtanwendung der Zweck des Gesetzes verfehlt würde.

Ein solcher Ausnahmefall lag im Streitfall jedoch nicht vor, da die Zahlungen nicht nur auf 2, sondern sogar auf 4 Veranlagungszeiträume verteilt wurden. Darüber hinaus handelte es sich bei den Zahlungen in den Folgejahren in Höhe von insgesamt 70.000 EUR nicht um eine geringfügige Nebenleistung.

Auch der Umstand, dass der Steuerpflichtigen die ratenweise Auszahlung von der GmbH aufgrund der Liquiditätsprobleme der GmbH aufgezwungen wurde, führte zu keiner anderen Beurteilung, da die Tarifbegünstigung des § 34 EStG an die Progressionsbelastung durch zugeflossene Einnahmen anknüpft und nicht daran, ob die Modalitäten des Zuflusses vereinbart oder dem Zahlungsempfänger aufgezwungen wurden.

 

Hinweis

Bei Kapitalzahlungen aus einer Pensionszusage für eine langjährige Tätigkeit kommt § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 2 EStG grundsätzlich zur Anwendung. Allerdings werden außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 2 EStG grundsätzlich nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Danach sind außerordentliche Einkünfte solche, deren Zufluss in einem Veranlagungszeitraum zu einer für den jeweiligen Steuerpflichtigen im Vergleich zu seiner regelmäßigen sonstigen Besteuerung einmaligen und außergewöhnlichen Progressionsbelastung führen. Diese abzumildern ist der Zweck der Billigkeitsregelung des § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 2 EStG, der bei Zahlung über mehrere Veranlagungszeiträume nicht mehr besteht.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil v. 28.07.2021, 1 K 478/20

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