Leitsatz

1. Die Begründung einer Organschaft zwischen verschiedenen kommunalen Eigenbetrieben in der Rechtsform einer GmbH als Organgesellschaften und einer kommunalen Holding-GmbH als Organträgerin ist grundsätzlich nicht als missbräuchliche Gestaltung i.S.v. § 42 Abs. 1 AO anzusehen (Anschluss an das Senatsurteil vom 14.07.2004, I R 9/03, BFH-PR 2005, 18).

2. Der Senat hält auch unter der Geltung des sog. Halbeinkünfteverfahrens daran fest, dass eine Kapitalgesellschaft aus körperschaftsteuerlicher Sicht über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung seit Senatsurteil vom 04.12.1996, I R 54/95, BFHE 182, 123).

3. Das Unterhalten eines strukturell dauerdefizitären kommunalen Eigenbetriebs in der Rechtsform einer GmbH (hier: das Unterhalten eines Bäderbetriebs) ohne Verlustausgleich und ggf. ohne angemessenen Gewinnaufschlag durch die Gesellschafterin (Trägerkörperschaft) führt regelmäßig zur Annahme einer vGA (Bestätigung des Senatsurteils vom 14.07.2004, I R 9/03, BFH-PR 2005, 18).

4. Der ordentliche und gewissenhafte Geschäftsleiter einer Organgesellschaft darf den Gesellschaftern auch dann keine Vermögensvorteile zuwenden, wenn seine Handlungsweise für den Organträger von Vorteil wäre. Der Vorteilsausgleich muss sich zwischen der Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter vollziehen (Bestätigung des Senatsurteils vom 01.08.1984, I R 99/80, BStBl II 1985, 18).

 

Normenkette

§ 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 2, § 14 KStG, § 42 Abs. 1 AO

 

Sachverhalt

Alleingesellschafterin der Klägerin, einer GmbH, war im Streitjahr 2001 eine Gemeinde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war der Erwerb und die Verwaltung von gemeindlichen Beteiligungen sowie die Planung, Beratung und Führung von gemeindlichen Eigengesellschaften. In diesem Zusammenhang war die Klägerin alleinige Anteilseignerin der E-GmbH, die die Entwicklung und den Vertrieb von Grundstücken, betrieb, sowie der H-GmbH, deren Unternehmenszweck die Entwicklung, Errichtung und der Betrieb von Freizeit- und Erholungseinrichtungen, insbesondere eines Hallenbads. Mit Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen verpflichteten sich die beiden Tochtergesellschaften, ihren ganzen Gewinn an die Klägerin abzuführen. Zugleich verpflichtete sich die Klägerin, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen.

In ihrer KSt-Erklärung für 2001 saldierte die Klägerin den Gewinn der E-GmbH i.H.v. 227 856 DM mit dem Verlust der H-GmbH i.H.v. 552 646 DM und erklärte einen Jahresfehlbetrag von 338 320 DM. Das FA folgte dem nicht; es berücksichtigte zwar den Gewinn der E-GmbH, nicht aber den Verlust der H-GmbH. Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war nur zum Teil erfolgreich (EFG 2006, 1007): Das FG verrechnete zwar den Gewinn der E-GmbH mit dem Verlust der H-GmbH. Es erhöhte den Gewinn aber zugleich um eine vGA in Höhe des sich daraus ergebenden Unterschiedsbetrags, also im Umfang des organschaftlich auszugleichenden Verlusts von 324 790 DM zuzüglich eines Gewinnaufschlags von (geschätzten) 3 % eines Betrags von 780 502 DM.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Klage der Gemeinde insgesamt ab und gab dem FA vollends Recht:

Die Verlustübernahme des Bäderbetriebs durch die H-GmbH stelle eine vGA zugunsten der Gemeinde dar. Weder die Organschaft mit der Klägerin noch die Beteiligungserträge der B-GmbH könnten daran etwas ändern. Eigentlich sei das Ganze zusätzlich um einen Gewinnaufschlag zu erhöhen. Das unterbleibe letztendlich nur, weil das FA darauf verzichtet habe und das Verfahrensrecht einer Verböserung entgegenstehe.

 

Hinweis

Das ist ein Grundsatzurteil! (Mit allerdings nur kurzer Halbwertzeit, s. unter 7.)

1. Es liegt seit geraumer Zeit "im Trend", dass Städte und Gemeinden ihre Betriebe der Daseinsvorsorge, wenn diese Dauerverluste erleiden, in selbstständige Kapitalgesellschaften "auslagern". Betroffen sind hiervon z.B. kommunale Bäderbetriebe oder Büchereien. Oftmals werden in solche Kapitalgesellschaften zugleich Anteile an gewinnträchtigen Betrieben eingelegt, sodass sich die Verluste und Gewinne ausgleichen. Man spricht hier von kommunaler "Querfinanzierung" oder auch vom "Querverbund". Ziel ist, wie leichthin ersichtlich ist, die Steueroptimierung.

2. Der BFH hat nun entschieden, dass solche Querfinanzierungen aus steuerlicher Sicht per se nicht zu beanstanden sind. Insbesondere liegt kein Missbrauch vor.

Allerdings zieht die Hinnahme von Dauerverlusten ohne Verlustausgleich und ggf. Gewinnaufschlägen bei den Kapitalgesellschaften regelmäßig verdeckte Gewinnausschüttungen und damit eine entsprechende Belastung mit KSt und GewSt nach sich.

Denn die Übernahme der Verluste erfolgt im Interesse der Städte und Gemeinden als Gesellschafterinnen; diesen werden durch die Kapitalgesellschaften in Gestalt des ersparten Aufwands gesellschaftlich veranlasste Vorteile in Gestalt der Verlusttragung zugewendet. Die mit der Privatisierung erhofften Kostenvorteile, insbesondere die Entlastung der kommunalen Haushalte sowie die...

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