Leitsatz

1. Eine aufschiebend bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten.

2. Der Kapitalwert von lebenslänglichen Leistungen wird mit dem bei Bedingungseintritt geltenden Vervielfältiger berechnet.

3. Eine Abzinsung der aufschiebend bedingten Last für die Schwebezeit zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt findet nicht statt.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 2 Satz 1, § 6 Abs. 1 und 2, § 12 Abs. 1 und 3, § 14 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BewG, § 12 Abs. 1 ErbStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist die Gesamtrechtsnachfolgerin ihres im Januar 2016 verstorbenen Ehemanns. Dieser hatte im Jahr 2004 seinen Kommanditanteil an einer GmbH & Co. KG im Wege der Schenkung auf die gemeinsame Tochter (Beschenkte) übertragen und sich dabei ein Nießbrauchsrecht an dem Kommanditanteil bis zu seinem Tod vorbehalten. Nach seinem Tod war die Beschenkte verpflichtet, an die Klägerin zulasten des Kommanditanteils einen monatlichen Betrag zu zahlen. Der Schenker übernahm die Schenkungsteuer.

Die Klägerin beantragte nach dem Tod des Schenkers als Gesamtrechtsnachfolgerin, die von der Beschenkten an sie zu entrichtende Rentenlast nunmehr steuermindernd zu berücksichtigen. Den Kapitalwert der Rentenlast errechnete sie aus deren Jahreswert und dem am Todestag des Schenkers aufgrund ihres Lebensalters anzusetzenden Vervielfältiger.

Das FA nahm abweichend hiervon von dem so bestimmten Kapitalwert der Rentenlast eine Abzinsung auf den Zeitpunkt der gemischten Schenkung vor. Einspruch und Klage blieben erfolglos (FG Münster, Urteil vom 28.2.2019, 3 K 3039/17 Erb, Haufe-Index 13116065, EFG 2019, 824).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision der Klägerin statt. Aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen ist keine Abzinsung vorzunehmen.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit Bewertungsfragen bei aufschiebend bedingten Lasten.

1. Maßgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Kapitalwerts einer aufschiebend bedingten Belastung ist der Bedingungseintritt.

a) Gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 6 Abs. 1 BewG werden Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht berücksichtigt.

Mit dem Ausdruck "Bedingung" knüpft § 6 Abs. 1 BewG an das Zivilrecht an. Bedingung ist danach die einem Rechtsgeschäft beigefügte Bestimmung, dass die Wirkungen des Rechtsgeschäfts von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängen. Gemäß § 158 Abs. 1 BGB tritt die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemachte Wirkung eines Rechtsgeschäfts erst mit dem Eintritt der Bedingung ein. Solange die Bedingung nicht eingetreten ist, liegt die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts im Ungewissen bzw. schwebt.

b) Tritt die Bedingung ein, ist nach § 6 Abs. 2 i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 1 BewG die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern, zu denen auch die Schenkungsteuer gehört, auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs zu berichtigen.

c) Die abzugsfähigen Verbindlichkeiten sind mit ihrem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert abzuziehen (§ 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BewG ist der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen mit dem Vielfachen des Jahreswerts anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamts zu ermitteln (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BewG).

Eine bedingte Last ist auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts zu bewerten. Zugrunde zu legen ist der bei Bedingungseintritt geltende Vervielfältiger gemäß § 14 Abs. 1 BewG.

2. Die bedingte Last ist für den Zeitraum des Schwebezustands zwischen dem Rechtsgeschäft und dem Bedingungseintritt nicht nach § 12 Abs. 3 BewGabzuzinsen.

a) Nach § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 3 Satz 1 BewG ist der Wert unverzinslicher Schulden, deren Laufzeit mehr als ein Jahr beträgt und die zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig werden, mit dem Betrag anzusetzen, der vom Nennwert nach Abzug von Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen verbleibt. Die Regelung des § 12 Abs. 3 BewG beruht darauf, dass bei identischem Nominalbetrag eine auf Jahre gestundete Forderung einen niedrigeren gegenwärtigen Wert hat als die sofort fällige Forderung. Durch die Abzinsung soll berücksichtigt werden, dass eine Verpflichtung nicht zeitnah, sondern erst in fernerer Zukunft zu erfüllen ist und damit der zu ihrer Erfüllung erforderliche Aufwand zeitversetzt anfällt.

b) Die Vorschrift ermöglicht keine Abzinsung im Hinblick auf die rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung, die auch im Bewertungsrecht zu einem Schwebezustand der zukünftigen Forderung führt. §§ 4ff. BewG bestimmen für den bedingten Erwerb entsprechend der bürgerlich-rechtlichen Regelung ausdrücklich, dass der Schwebezustand bewertungsrechtlich unberücksichtigt bleibt.

Wie sich aus § 12 Abs. 1 ErbStG i. V. m. § 12 Abs. 3 BewG ergibt, sind noch nicht fällige Forderungen nur dann sofort mit ihrem abgezinsten Wert anzusetzen, wenn die Fälligkeit zu einem bestimmten (feststehenden) Zeitpunkt eint...

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