Leitsatz

Dem Steuerpflichtigen steht kein Wahlrecht zu, ob er die "normale" Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG oder die Existenzgründerrücklage gem. § 7g Abs. 7 EStG in Anspruch nehmen will.

Die Bildung einer Ansparrücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG ist auch bereits vor Vollendung der Betriebseröffnung zulässig, wenn die Investitionsentscheidung ausreichend konkretisiert ist. In Anschaffungsfällen setzt das die verbindliche Bestellung der betroffenen wesentliche Betriebsgrundlagen voraus.

Die Korrektur eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen Steuerbescheids ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nur in seltenen Ausnahmefällen ausgeschlossen.

 

Normenkette

§ 85, § 164 Abs. 1, § 164 Abs. 2 AO, § 709 Abs. 1, § 714 BGB, § 2 Abs. 1 und 7, § 7g Abs. 3 bis 7 EStG, § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, Art. 20 Abs. 3 GG

 

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin ist eine seit dem 01.01.1995 von Eheleuten in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebene Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei.

Der Gesellschafter hatte neben Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit in den Vorjahren auch – nebenberufliche – Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit, und zwar i.H.v. 1 915 DM (1992), – 11 004 DM (1993) und 4 094 DM (1994).

Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. Sie bildete in den Jahren 1996 bis 1998 Ansparabschreibungen, und zwar für 1996 i.H.v. 40 000 DM, für 1997 von 60 000 DM für 1998 von 55 000 DM. Im Jahr 1998 löste sie die im Jahr 1996 gebildete Ansparabschreibung auf. Das beklagte FA erließ zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erklärungsgemäß einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1996 bis 1998. In einer Anlage zum Feststellungsbescheid 1997 hielt sie auch die Bildung der "Ansparrücklage" im Jahr 1997 nach § 7g Abs. 7 EStG fest.

Eine die Feststellungszeiträume 1998 bis 2000 umfassende Außenprüfung gelangte zu der Auffassung, der Gesellschafter sei kein Existenzgründer, so dass die Ansparabschreibungen nach § 7g Abs. 3 bis 5 EStG kurzzeitiger aufzulösen seien. Das FA erließ entsprechend geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1998 bis 2000, in denen es die Ansparabschreibungen aus dem Jahr 1997 und 1998 in den Veranlagungsjahren 1999 und 2000 auflöste und Gewinnzuschläge gem. § 7g Abs. 5 EStG i.H.v. 4 800 DM (1998), 7 200 DM (1999) und 6 600 DM (2000) ansetzte.

Das Sächsische FG wies die Klage mit Urteil vom 25.01.2005, 1 K 1489/04 (Haufe-Index 1328728, EFG 2005, 941) als unbegründet ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision ebenfalls als unbegründet ab mit der Maßgabe, dass Klägerin und Revisionsklägerin die GbR und das Rubrum des angefochtenen Urteils entsprechend § 107 Abs. 1 FGO zu berichtigen sei.

Das FG habe in der Sache zutreffend erkannt, dass auch gegebenenfalls nur geringfügige Einkünfte eines Mitunternehmers vor der Betriebseröffnung die Einstufung der Gesellschaft als Existenzgründerin ausschließe und die Voraussetzungen für einen ausnahmsweise anzunehmenden Vertrauenstatbestand, der der Auflösung der unberechtigt gebildeten Existenzgründerabschreibungen in den Feststellungszeiträumen 1997 und 1998 sowie dem Ansatz eines Gewinnzuschlags entgegenstünden, im Streitfall nicht vorlägen. Nach § 7g Abs. 6 EStG seien bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten, die Abs. 3 bis 5 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln sei. Die Klägerin habe weder zusätzliche gewichtige Umstände vorgetragen noch habe das FG derartige Umstände feststellen können, die ausnahmsweise einer Korrektur der Vorbehaltsbescheide entgegenstünden.

 

Hinweis

1. Im Streitfall war eine Reihe von Rechtsfragen zu entscheiden, die trotz der Reform der Ansparabschreibung ab 01.01.2008 durch die Unternehmenssteuerreform, durch die für den "Investitionsabzugsbetrag" neu gestaltete Voraussetzungen geschaffen worden sind, für eine Vielzahl noch anhängiger Streitfälle Bedeutung behalten.

2. Zum einen war die Frage aufgeworfen, ob im Rahmen der Existenzgründerabschreibung die in § 7g Abs. 7 S. 2 Nr. 1 EStG enthaltene Grenze für eine schädliche vorherige Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft von einem Zehntel nicht in gleicher Weise als Wesentlichkeitsgrenze im Rahmen der Nr. 2 für schädliche Voreinkünfte eines Mitunternehmers heranzuziehen sei.

3. Bereits der XI. Senat des BFH hatte indes im Urteil vom 02.08.2006, XI R 44/05 (BFH/NV 2006, 2342, BFH/PR 2007, 10) die Einführung einer Bagatellgrenze abgelehnt. Danach kommt es weder auf die Höhe noch auf die Art der vor der Existenzgründung bezogenen Gewinneinkünfte an. Ebenso ist unerheblich, ob in dem maßgeblichen Zeitraum positive oder negative Einkünfte erzielt worden sind.

4. Als weitere Frage war zu klären, ob in Fällen, in denen die Voraussetzungen einer Existenzgründerrücklage nicht erfüllt sind, gleichwohl die "normale" Rücklage nach Abs. 3 zu gewähren ist oder o...

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