Leitsatz

Die Veräußerung von GmbH-Anteilen an eine von den Gesellschaftern der GmbH neu gegründete, beteiligungsidentische GmbH ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 42 AO, weil die Anteile zu einem Zeitpunkt veräußert werden, als die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag, oder weil sich die Tätigkeit der neu gegründeten GmbH auf das Halten der veräußerten Anteile beschränkte.

 

Normenkette

§ 42 AO, § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. c, § 3c Abs. 2, § 17 Abs. 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

K ist zu 41 % und seine Frau zu 35 % an einer MX-GmbH beteiligt. Am 13.12.2001 errichteten die Gesellschafter eine Beteiligungs-GmbH und veräußerten ihre Anteile an der MX-GmbH an die Beteiligungs-GmbH. Sie erzielten einen Veräußerungsverlust und machten ihn vergeblich beim FA geltend. Der BFH gab ihnen Recht.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf, die noch einen Gestaltungsmissbrauch bejaht hatte (FG Münster, Urteil vom 30.05.2006, 11 K 6601/02 E, Haufe-Index 1548801, EFG 2006,1302) und verwies die Sache an das FG zurück. Dieses hatte nämlich noch nicht geprüft, ob der vereinbarte Kaufpreis dem Wert der Anteile an der MX-GmbH entsprochen hatte (sonst verdeckte Einlage).

 

Hinweis

Veräußern GmbH-Gesellschafter ihre Anteile an eine von ihnen gegründete Beteiligungs-GmbH zu einem Zeitpunkt, als die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag, so stellt sich natürlich die Frage des Missbrauchs. Sie ist vom BFH in zwei unterschiedlichen Beurteilungssträngen verneint worden:

1. Es steht den Gesellschaftern frei, ob, wann und an wen sie ihre Anteile veräußern. Das gilt auch dann, wenn die Veräußerung zu einem Verlust führt. Denn die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlusts steht im Einklang mit § 17 EStG und entspricht dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Die Gesellschafter verstoßen auch nicht gegen gesetzliche Wertungen, wenn sie zu einem Zeitpunkt ihren Verlust realisieren, in dem die Veräußerung noch nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterlag. Die zeitliche Anwendungsregelung darf nicht durch § 42 AO korrigiert werden.

2. Die Veräußerung ist auch deshalb nicht missbräuchlich, weil die Gesellschafter ihre Anteile an eine beteiligungsidentische GmbH veräußerten. Es ist nicht nur formal ein Rechtsträgerwechsel eingetreten (statt der Gesellschafter ist nun die Beteiligungs-GmbH Gesellschafterin). Ein Durchgriff kommt nicht in Betracht. Eine Kapitalgesellschaft ist selbstständiges Steuersubjekt (Trennungsprinzip). In der abgeschirmtenVermögenssphäre der Beteiligungs-GmbH entsteht eine eigenständige Leistungsfähigkeit, die von derjenigen der hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Personen getrennt und unabhängig von ihr besteuert wird. Auch die wirtschaftliche und steuerliche Situation der Gesellschafter hat sich geändert. Die Übernahme von eigenkapitalersetzenden Leistungen des mittelbar beteiligten Gesellschafters führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten (so BFH, Urteil vom 04.03.2008, IX R 78/06, BFH/PR 2008, 342).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.05.2008, IX R 77/06

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