Leitsatz

Die Nichtbegünstigung zusammenlebender Eltern durch Versagung des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

§ 24b EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger und seine mit ihm zusammen veranlagte Ehefrau leben mit ihren zwei minderjährigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft. Der Kläger beantragte die Eintragung eines Freibetrags nach § 24b EStG auf der LSt-Karte 2004 mit der Begründung, er werde gegenüber Alleinstehenden diskriminiert.

 

Entscheidung

Der BFH bejahte die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Fortsetzungsfeststellungsklage, da sich nach Ablauf des März 2005 Änderungen auf der LSt-Karte 2004 nicht mehr auswirken können. Da der BFH jedoch eine verfassungswidrige Diskriminierung des Klägers verneinte, blieb die Revision ohne Erfolg.

 

Hinweis

Der Haushaltsfreibetrag nach § 32 Abs. 7 EStG i.d.F. bis 2003 stand nicht nur den "echt" Alleinerziehenden, d.h. Steuerpflichtigen ohne Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen Person, zu, sondern auch "unecht" Alleinerziehenden, also Personen, die in nichtehelicher Haushaltsgemeinschaft lebten. Das BVerfG sah darin eine Benachteiligung der ehelichen gegenüber anderen Erziehungsgemeinschaften (BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvR 1057/91 u.a., BVerfGE 99, 216, BStBl II 1999, 182).

Ab 2004 wurde der Haushaltsfreibetrag durch den Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag abgelöst. Der begünstigte Personenkreis wurde auf die "echt" Alleinerziehenden begrenzt. Alleinstehend sind grundsätzlich nur noch Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für das Splitting-Verfahren erfüllen und auch keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden.

Der Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag steht damit zusammenlebenden Eheleuten, da für sie das Splitting-Verfahren gilt, ebenso nicht zu wie in Haushaltsgemeinschaft lebenden nicht verheirateten Steuerpflichtigen, insbesondere eheähnliche Lebensgemeinschaften, eingetragene und nicht eingetragene Lebenspartnerschaften.

Eine analoge Anwendung des § 24b EStG auf zusammenlebende Eltern scheidet aus. Denn der Gesetzgeber hat den Betreuungs- und Erziehungsbedarf für alle Eltern durch den ab 2002 geltenden Freibetrag berücksichtigt und die zusätzliche Entlastung durch § 24b EStG bewusst auf Alleinstehende beschränkt.

Auch aus dem zitierten BVerfG-Beschluss vom 10.11.1998 lässt sich kein Anspruch zusammenlebender Eltern auf den Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag herleiten. Denn nach den Grundsätzen dieses Beschlusses ist der Alleinerziehenden-Entlastungsbetrag verfassungsgemäß. § 24b EStG diskriminiert nicht – wie der frühere § 32 Abs. 7 EStG (Haushaltsfreibetrag) – eheliche gegenüber nichtehelichen Erziehungsgemeinschaften, sondern gewährt den Freibetrag nur (echt) Alleinstehenden. Der Entlastungsbetrag wird damit verheirateten zusammenlebenden Eltern nicht wegen ihrer Ehe versagt, da auch zusammenlebende, unverheiratete Eltern den Entlastungsbetrag nicht erhalten.

Der BFH bejaht allerdings verfassungsrechtliche Zweifel in Sonderfällen. Denn auch Personen, die die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens erfüllen, können sich in einer Situation befinden, in der das Kind wegen besonderer Umstände nur von einem Ehegatten betreut und erzogen werden kann. Denkbar ist dies,

  • wenn eine Haushaltsgemeinschaft mit dem Ehegatten in einem Teil des Jahres fehlt, z.B. bei dauernder Trennung der Eheleute zu Beginn des Jahres oder bei Heirat und Begründung einer Haushaltsgemeinschaft des betreuenden Elternteils mit einem Dritten gegen Ende des Jahres,
  • wenn die verheirateten Eltern zwar nicht dauernd getrennt leben, tatsächlich aber allein stehen, z.B. wegen eines Krankenhausaufenthalts oder einer Haftunterbringung eines Elternteils, wegen doppelter Haushaltsführung oder Auslandsaufenthalts bei unbeschränkter Steuerpflicht oder in Fällen der Pflegebedürftigkeit, Erkrankung oder schweren Behinderung eines Ehegatten.

Der Splittingtarif dürfte in diesen Fällen nicht als Kompensation des Entlastungsbetrags in Betracht kommen. Schließlich erwähnt der BFH noch, dass Zweifel an der Zweckmäßigkeit des § 24b EStG als Sozialzwecknorm unerheblich sind, da dem Gesetzgeber bei der steuerlichen Förderung sachbezogene Differenzierungsgesichtspunkte in weitem Umfang zur Verfügung stehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.2006, III R 4/05

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