Leitsatz

1. Als Sonderausgaben abziehbare Kinderbetreuungskosten sind um steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen.

2. Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.

3. Der Steuerpflichtige wird durch Beiträge in dem Umfang nicht belastet, die der Arbeitgeber hierfür durch einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt.

4. Die Anrechnung der steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 33 EStG auf die Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG steht im Einklang mit dem Gesetzeszweck.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Nr. 5, § 3 Nr. 33, § 9, § 3c EStG, Art. 6 GG, R 3.33 LStR

 

Sachverhalt

Die für 2015 zusammen zur ESt veranlagten Kläger erzielten u.a. Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ihre Aufwendungen i.H.v. 926 EUR (ohne Verpflegung) für den Kindergarten ihrer 2010 geborenen Tochter machten sie als Sonderausgaben geltend. Der Kläger hatte von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss von 600 EUR erhalten.

Das FA kürzte die Aufwendungen von 926 EUR um den Zuschuss und berücksichtigte 2/3 des verbleibenden Betrags von 326 EUR, d.h. 218 EUR, als Kinderbetreuungskosten.

Das FG wies die Klage ab (FG Baden-Württemberg, Gerichtsbescheid vom 6.5.2020, 1 K 3359/17, Haufe-Index 14509899, EFG 2020, 1748).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Kläger durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurück (§ 126a FGO).

 

Hinweis

1. Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, können bis höchstens 4.000 EUR je Kind zu 2/3 als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG).

2. Aus der Verwendung des Begriffs "Aufwendungen" und aus dem Zweck des § 10 EStG bestimmte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folgt, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden können, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Einer besonderen, den Abzug beschränkenden Regelung, wie z.B. § 3c EStG oder § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG, bedarf es daher nicht, um Doppelbegünstigungen zu vermeiden. Auch die Gesetzeshistorie belegt, was im Urteil umfangreich begründet wird, keine Absicht des Gesetzgebers, Doppelbegünstigungen zu ermöglichen.

3. Grundsätzlich ist es ohne Bedeutung, ob Sonderausgaben aus dem Vermögensstamm, aus laufenden Bezügen oder anderen Mitteln bestritten werden. Das gilt aber nicht bei zweckgerichteten Zuwendungen des Arbeitgebers für dem Grunde nach zu den Sonderausgaben zu rechnenden Aufwendungen. Wirtschaftlich macht es auch keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer Zahlungen an die Betreuungseinrichtung entrichtet, ob er ihm die Beträge ersetzt oder ob er ihm zuvor zweckgebundene steuerfreie Leistungen gewährt.

4. Die Kürzung der Sonderausgaben um die steuerfreien Arbeitgeberleistungen verstößt nicht gegen Art. 6 GG. Soweit in R 3.33 Abs. 1 Satz 2 LStR die Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 33 EStG auch dann als steuerfrei angesehen werden, wenn der nicht beim Arbeitgeber beschäftigte Elternteil die Aufwendungen trägt, gilt dies sowohl für verheiratete als auch für unverheiratete Elternteile. Da die Steuerfreiheit die zweckentsprechende Verwendung des Zuschusses voraussetzt, muss auch bei Unverheirateten ein Ausgleich stattfinden, der dann (jedenfalls theoretisch) "Aufwendungen" des zahlenden Elternteils in Höhe des steuerfreien Zuschusses an den anderen Elternteil ausschließt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.4.2021 – III R 30/20

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