Begrüßenswertes: Positiv an dem ergangenen BMF-Schreiben ist, dass nunmehr deutlich mehr Klarheit herrscht, wie die Finanzverwaltung Aufsichtsratstätigkeiten und andere Gremientätigkeiten künftig einzuordnen gedenkt. So ergeben sich trotz der verbliebenen Zweifelsfragen aus dem BMF-Schreiben auch klare Gestaltungsoptionen: Wie die Vergütung der Aufsichtsräte und Mitglieder anderer Gremien ausgestaltet wird, kann letztlich über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung entscheiden.[15] Hier ist eine Weichenstellung in die gewünschte Richtung in gesicherter Weise möglich. Eine Bestandsaufnahme und Auswertung der bisherigen Handhabung ist dabei allerding unerlässlich. Nicht bzw. nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmen ist es nunmehr möglich sicherzustellen, dass die anfallende Umsatzsteuer auf Aufsichtsrats-/Gremienvergütungen für sie nicht zum Kostenfaktor wird. Sie müssen hierfür lediglich eine Fixvergütung oder eine gemischte Vergütung mit variablem Bestandteil von < 10 % der Gesamtvergütung vereinbaren, wenn dies nicht schon der Fall ist. Wer demgegenüber dem Gremienmitglied sowie der Einrichtung, für die es tätig wird (weiterhin) den Vorsteuerabzug ermöglichen möchte, legt eine gemischte Vergütung mit > 10 % variablem Bestandteil oder eine rein variable, d.h. leistungs- oder erfolgsabhängige Vergütung fest, wenn eine solche nicht schon vorliegt.

Wo sich ein finanzgerichtliches Verfahren lohnen könnte: Auch darüber hinaus gibt es Potential zur Weichenstellung: Im Unterschied zur Finanzverwaltung erachten die FG Sitzungsgelder nicht notwendigerweise als schädlich. In den bislang im Nachgang zur geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung veröffentlichten Urteilen führt das jeweilige Gericht zwar zunächst aus, dass der Umfang der Sitzungsgelder nur einen geringen Anteil der Gesamtvergütung ausmache. Sodann arbeiten die Gerichte aber jeweils mit doppeltem Boden und führen zusätzlich aus, dass das einzelne Mitglied auf die Anzahl der Sitzungen zudem gar keinen Einfluss habe. Diese Argumentation erscheint vor dem Hintergrund des Prüfungsmerkmals "Tragen eines wirtschaftlichen Risikos" als maßgebliches Kriterium für die Unternehmereigenschaft richtig. Denn ein wirtschaftliches Risiko besteht ersichtlich nicht, wenn das einzelne Gremienmitglied sicher sein kann, dass jährlich eine ganz bestimmte Anzahl an Sitzungen stattfinden wird. Überhaupt erscheint zweifelhaft, ob der Art und Weise der Vergütung die Bedeutung beizumessen ist, die der BFH (und ihm folgend das BMF) dieser anscheinend zuschreibt. Die Ausführungen des EuGH in der Rs. IO lassen sich nämlich auch dahin deuten, dass die Art und Weise der Vergütung zwar auch für die Prüfung der Unternehmereigenschaft relevant sein kann, jedoch nicht allein und nicht immer gleichermaßen maßgeblich ist.[16] Überzeugender erscheint, dass vor allem entscheidend ist, ob das Gremienmitglied ein wirtschaftliches Risiko, wie es für unternehmerische Tätigkeiten typisch ist, trägt. Dafür kann auch die Art und Weise der Vergütung sprechen, allein entscheidend hierfür ist sie aber nicht.

Ausschluss der Anwendung der Rechtsprechung bei Gremien mit Leitungsfunktionen? Dass das Gremium, dem das betroffenen Mitglied angehört Leitungsfunktionen ausübt, Auswirkung auf die Anwendung der neuen EuGH- und BFH-Rechtsprechung zu Aufsichtsratsvergütungen haben soll, kann nicht überzeugen. Denn weder der EuGH, noch der BFH stellt maßgeblich darauf ab, dass das Organ, dem die betroffene Person angehört, keine Leitungsfunktionen ausübt. Entscheidend ist vielmehr, dass die individuelle Person allein keine Leitungsfunktionen wahrnehmen kann.[17] Gerade eine solche Einschränkung scheint jedoch das BMF in Abschn. 2.2 Abs. 3a S. 13 UStAE nunmehr vorzusehen (s. dazu bereits das Zitat oben). Auch insoweit dürfte sich im Zweifelsfall ein Klageverfahren lohnen: Mit den Ausführungen einzelner FG, die im Nachgang zur dargestellten BFH- und EuGH-Rechtsprechung geäußert wurden, erscheint die Einschränkung auf Gremien mit reiner Kontrollfunktion schlicht unvereinbar. Einige erstinstanzliche FG haben diesbezüglich bereits entschieden, dass auch Gremienmitglieder, die Leitungsgremien angehören, der geänderten Rechtsprechung unterfallen können. So hat beispielsweise das FG Niedersachsen auch die Betätigung als Vorsitzender im Verwaltungsrat eines berufsständischen Versorgungswerkes als nicht selbständige Tätigkeit eingestuft.[18] Nach der Sachverhaltsschilderung des Urteils ist es Aufgabe des Verwaltungsrats das berufsständische Versorgungswerk zu leiten. In einem weiteren, nicht veröffentlichten Urteil zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt bekräftigte das FG Niedersachsen diese Einordnung erneut. Auch das FG Hamburg hält die Rechtsprechung von EuGH und BFH zur fehlenden Unternehmereigenschaft von Aufsichtsräten auf Gremienmitglieder, die einem leitenden Gremium angehören, für anwendbar.[19] Konkret befasste sich das Gericht mit einer Vorstandstätigkeit in einer öffentlich-rechtlich organisierten B...

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